An Rhein und Ruhr. Naturparadiese wie die Lippe-Mündung gibt es in NRW zu wenig, stellt ein Bericht fest. Umweltschützer und die EU machen Druck.
Flussauen sind natürliche Überflutungsflächen und damit wichtig für den Hochwasserschutz. Eisvogel, Fischotter, Biber, Rotschenkel und andere Tiere leben dort. Wenn sich Arten ausbreiten, dann tun sie es vor allem entlang der Flüsse - auch wegen solcher Wanderungen haben die Flussniedererungen also ganz besondere Bedeutung.
Am Rhein und seinen Zuflüssen in Nordrhein-Westfalen sind Auen aber vielerorts weiter in einem desolaten Zustand - ober eben: gar nicht mehr vorhanden. Das macht der neue Auenzustandsbericht deutlich, den das Bundesamt für Naturschutz (BfN) vorgelegt hat. „Die Lage hat sich nicht verschlechtert, aber eben auch nicht wesentlich gebessert“, klagt Paul Kröfges, Gewässerexperte des Umweltverbandes BUND, gegenüber der Redaktion (26. März 2021).
Halbes Dutzend Stauwehre auf wenigen Kilometern
Es fehlen Auenwälder, Gleit- und Prallhänge sowie regelmäßig überschwemmte Wiesen und Uferbereiche. Stattdessen sind die Flüsse begradigt, zwischen Deiche geklemmt und von Stauwehren durchschnitten - wie die Agger im Bergischen Land, wo auf einem Abschnitt von etwas mehr als 20 Kilometern sich gleich ein halbes Dutzend Stauwehre aufeinander folgen.
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Der BfN-Bericht nennt Positiv-Beispiele wie die Renaturierung der Rhein-Nebenrinne in Bislich-Vahnum und die komplett neugestaltete Lippe-Mündung in Wesel, die auch Kröfges ausdrücklich lobt. „Das ist vorbildlich“, sagt der BUND-Experte. Gleiches gelte für die renaturierten Lippeauen im Kreis Recklinghausen sowie für die Wiederherstellung der Emscher: „Aber, das sind alles Einzelprojekte.“
Erst neun Prozent der Gewässer in ökologisch „gutem Zustand“
Viel mehr muss laut Kröfges noch passieren - mehr Auen renaturiert, mehr Flüsse entfesselt und Stauwehre zurückgebaut werden In Düsseldorfer Stadtteil Himmelgeist zum Beispiel kämpft der BUND für eine Rückverlegung des Rheindeiches und hat Klage eingereicht. „Einige Hundert Hektar Überflutungsfläche könnten da entstehen“, so der Gewässerexperte
Kröfges erinnert daran, dass die EU-Kommission Druck macht. Bereits bis zum Jahr 2015 sollten alle natürlichen Gewässer wieder in einem ökologisch guten Zustand sein, eigentlich. So will es die EU-Wasserrahmenrichtlinie. Eine Fristverlängerung läuft bis 2027. Aktuell seien erst 9% der Gewässer bundesweit in einem guten Zustand, in NRW vermutlich weniger: „Von 100 Prozent sind wir weit entfernt“, sagt Kröfges. Umweltverbände rechnen damit, dass 2027 ein EU_Vertragsverletzungsverfahren droht.