An Rhein und Ruhr. Aktuell dürfen fünf Besucher pro Bewohner kommen. Viele Pflegeheime bitten aber um Zurückhaltung. Vielleicht ändert sich die Regel ohnehin bald.

In den Pflegeheimen an Rhein und Ruhr warten die Leitungen am Freitag einmal mehr auf eine E-Mail aus dem Gesundheitsministerium. Neue Anordnungen kommen meistens freitagnachmittags, und nach dem Chaos-Corona-Gipfel Anfang der Woche müssen möglicherweise auch die Pflegeheime wieder nachjustieren. Ob die Bewohnerinnen und Bewohner an Ostern – wie aktuell möglich – tatsächlich bis zu fünf Besucher auf einmal empfangen dürfen, ist nicht ausgemacht.

„Wir sind es gewohnt, uns kurzfristig auf neue Situationen einzustellen“, sagt Christoph Wand lakonisch. Er ist Sprecher der Düsseldorfer Diakonie, die acht Seniorenheime mit rund 700 Pflegeplätzen betreibt. Die jüngsten kurzfristigen Änderungen gab es am 12. März, als NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) umfassende Lockerungen für die Pflegeheime erlaubte, weil die meisten Bewohner mittlerweile geimpft sind.

Es gibt immer noch ungeimpfte Bewohner in NRW

Seit dem 12. März dürfen fünf Besucher plus Kinder unter 14 Jahren auf einmal einen Bewohner besuchen, gemeinschaftliche Aktivitäten sind wieder erlaubt, die strikte Maskenpflicht ist aufgehoben.

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Bei der Düsseldorfer Diakonie sind sie trotz der allgemein sinkenden Infektionszahlen in den Heimen sehr vorsichtig, berichtet Sprecher Wand: „Es gibt ja noch immer Bewohner und Pflegende, die nicht geimpft sind.“ Deswegen appellierten die Mitarbeiter in den Heimen an die Angehörigen, die mögliche Besucher-Menge nicht komplett auszuschöpfen und in den Zimmern weiterhin Masken zu tragen.

Ein Nadelöhr bei den Besuchen ist die noch immer vorgeschriebene Testung der Besucher. In Düsseldorf sei das kein Problem, betont Wand, dort hilft die Bundeswehr aus. Andernorts gebe es jedoch „eine gewisse Sorge vor Personalengpässen“, heißt es von der Landesarbeitsgemeinschaft Wohlfahrtspflege NRW, unter deren Dach etwa die Hälfte der rund 2600 Pflegeheime in NRW ist.

Testungen bedeuten riesigen bürokratischen Aufwand

Für das Personal bedeuten mehr Tests mehr Stress. „Unsere Schwestern und Pfleger sind nach einem Jahr Pandemie ohnehin aufgerieben“, erzählt Michael van Meerbeck, Direktor der Caritas in Wesel, die drei Pflegeheime betreibt. Testungen gingen mit einem erheblichen bürokratischen Aufwand einher, weil alles dokumentiert werden müsse. „Das sind zusätzliche Aufgaben für die Heime.“

Der radikalen Öffnung, die der Landesgesundheitsminister verordnet hat, steht van Meerbeck aber nicht nur deswegen skeptisch gegenüber. In den drei Pflegeheimen in Wesel und Dinslaken seien etwa 20 Prozent der Bewohner noch nicht geimpft. „Wir gehen also sehr langsam und vorsichtig vor.“

Freude auf das Osterfest - wenn das Virus mitspielt

Van Meerbeck berichtet aber auch, dass „wir alles machen, was wir können“. Erstens, weil er die Pflegeheime als „freiheitliche Heime“ verstehe, zweitens, weil die Heimaufsicht im Kreis Wesel recht streng die Umsetzung der aktuellen Verordnungen nachhalte. Die Mitarbeiter in den Pflegeheimen bemühten sich aktuell, den Bewohnern ein frohes Osterfest zu organisieren. „Da freuen wir uns drauf“, sagt van Meerbeck. Wie viel sich von den geplanten Aktivitäten umsetzen lässt, dahinter steht allerdings ein dickes Fragezeichen. Die Inzidenz im Kreis Wesel liegt wieder bei über 100. „Jetzt warten wir ab, was passiert.“

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Die Heimaufsicht in Essen scheint nicht ganz so streng wie die im Kreis Wesel zu sein, die Heime haben mehr Freiheiten zu entscheiden, ob und wie sie Verordnungen umsetzen. Die Katholische Pflegehilfe hat für das von ihr betriebene Heim St. Martin die alte Besuchsregelung weiter gelten lassen. Sprich: Es dürfen zweimal zwei Besucher pro Tag und Bewohner kommen. „Wir können ansonsten nicht die Testkapazitäten vorhalten“, sagt Markus Kampling, der Geschäftsführer der Pflegehilfe. Auch in dem Essener Heim sind noch nicht alle Bewohner geimpft, würden fünf Besucher plus Kinder in ein Bewohnerzimmer strömen, „können wir die AHA-Regeln nicht einhalten“, gibt Kampling zu Bedenken.

Genervt von ständigen Neuerungen

Er betont aber auch: Die Beibehaltung der alten Regeln stoße bei Angehörigen und Bewohnern auf Verständnis. Die ständigen Neuregelungen nerven Kampling hörbar: „Die sollen uns einfach unseren Job machen lassen. Es wäre wünschenswert, wenn etwas Ruhe einkehren und es nicht jede Woche ein neues Konzept geben würde.“

Für viele Bewohner in den Pflegeheimen in NRW ist die Diskussion um die Besuchsregelungen ohnehin sinnlos: Etwa ein Drittel von ihnen bekommt nie Besuch.