Aus den Niederlanden. Auf der Größe eines Tennisplatzes wächst ein Stück Natur. Tiny Forests haben die Niederlande erobert, inzwischen gibt es über 100 Mini-Wälder.

In einer sich immer mehr verdichtenden Welt, in der Platz ein wertvolles Gut ist, haben sie in den letzten Jahren große Bedeutung gewonnen: Kleine Plätze fürs Wohnen oder auch Arbeiten – Tiny Houses und Tiny Offices. Gerade in dicht besiedelten Gebieten wie Nordrhein-Westfalen oder den Niederlanden müssen kreative Lösungen her, um den Menschen eine Umgebung zu schaffen, in der sie sparsam mit der Ressource Raum umgehen und sich dennoch möglichst gut entfalten können.

So ist es auch mit dem Erhalt der Natur. Während auf der einen Seite Grundstücksbesitzer möglicherweise sogar bald per Gesetz dazu verdonnert werden müssen, ihre Gärten nicht mehr in pflegeleichte, aber leblose Steinwüsten zu verwandeln, macht auf der anderen Seite eine Bewegung von sich reden, die an das Konzept der Tiny Houses und Offices anknüpft: Wir reden von Tiny Forests.

Kleine Fläche, zehn Jahre Zeit

Auf der Größe eines Tennisplatzes schaffen Freunde von Bäumen und Insekten einen Mini-Wald. Das Konzept des Tiny Forest geht zurück auf den indischen Ingenieur Shubhendu Sharma, der sich wiederum an der Forstmethode des Baumexperten Akira Miyawaki Jahren orientierte.

Der Japaner entwickelte in den 1970er Jahren eine Methode zur Wiederherstellung natürlicher, einheimischer Wälder, die sich auf kleinen Flächen innerhalb von zehn Jahren zu einem widerstandsfähigen Ökosystem wurden. Shubhendu Sharma ließ sich von Miyawakis Ansatz inspirieren und suchte nach urbanen Regionen für Tiny Forests – auch in Europa.

So entstand Ende 2015 in Zusammenarbeit mit dem IVN (Instituut voor natuureducatie en duurzaamheid = Institut für Umweltschutz und Nachhaltigkeit) in Zaandam in Nordholland der erste Mini-Wald. Inzwischen gibt es in den gesamten Niederlanden weit über 100 dieser kleinen grünen Oasen, fast täglich kommen neue hinzu. Viel mehr als einen Hinterhof, eine kleine Brachfläche oder ein Stück vor sich hinverrottende Wiese braucht es nicht, um der Natur etwas von ihr selbst zurückzugeben.

Die neuen Waldbesitzer können Privatleute sein oder Firmen. Die Voraussetzungen dafür sind einfach. „Ein kleiner Wald besteht aus ungefähr 600 einheimischen Bäumen, die sehr nahe beieinander gepflanzt werden, damit sie schnell nach oben wachsen können. Jeder kleine Wald benötigt mindestens 200 Quadratmeter Land, das wir zehn Jahre lang nutzen und einen Meter tief arbeiten können“, erklärt Thea Jetten vom IVN und führt aus: „Der kleine Wald muss in seine Umgebung passen. Deshalb pflanzen wir immer einheimische Bäume: eine gemeine Espe, eine gemeine Eiche oder eine Hasel zum Beispiel.“

Unterricht im Mini-Wald

Oft dienen die vorbildlichen ökologischen Bemühungen auch einem übergeordneten gesellschaftlichen Zweck. Das Anlegen eines Tiny Forests kann zum Beispiel in den Unterricht einfließen, um Kindern den Umgang mit der Natur näherzubringen. „Wir pflanzen immer zusammen mit den Kindern der örtlichen Grundschule. Für viele Kinder ist es das erste Mal, dass sie einen Baum pflanzen“, verrät Thea Jetten. „Wir erstellen einen Plan für ihren kleinen Wald und machen wirklich einen Urlaub mit Pflanzen. So kehren die Kinder regelmäßig in das Klassenzimmer im Freien zurück.“

In den Niederlanden kann jeder selbst einen kleinen Wald schaffen: Schulen, Gemeinden und Privatpersonen. Mehr Infos und ein Online-Kurs Tiny Forest unter www.ivn.nl/tinyforest/online-cursus-tiny-forest.

Bund gegen die Verschmutzung der Natur und der Stadt

Das Institut für Naturschutzerziehung, kurz IVN, mit Sitz in Amsterdam wurde 1960 gegründet. Es entstand aus dem „Bund gegen die Verschmutzung der Natur und der Stadt“. Heute ist die Organisation in allen zwölf Provinzen der Niederlande mit eigenen Standorten vertreten.