An Rhein und Ruhr. Biogasanlagen wurden zuletzt kaum noch gebaut. Das könnte sich ändern, die Landwirtschaftskammer NRW weist auf neue Chancen hin.

Bioenergieanlagen wurden zuletzt in Nordrhein-Westfalen kaum neu errichtet, zu wenig attraktiv für Landwirte. Im Jahr 2019 gingen hier lediglich 7,5 Megawatt Strom- und 6,1 Megawatt Wärmeleistung neu ans Netz, was etwa 25 Anlagen entspricht. Eine digitale Tagung der Landwirtschaftskammer NRW (18./19. Februar 2021) rückt neue Chancen für Biogas in den Blick, nachdem zum Jahreswechsel das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) geändert wurde.

Ein Punkt: Bei sogenannten "kleinen Gülleanlagen" sind künftig bis zu 150 Kilowatt Leistung erlaubt (gedeckelt auf 75% durchschnittlichen Jahresbetrieb), bisher waren es 75 Kilowatt gewesen. Wenn zuletzt überhaupt neue Anlagen gebaut wurden, dann diese - weil die EEG-Einspeisevergütung hier besonders belohnt, dass zur Biogasgewinnung nicht Mais eingesetzt wird, sondern Gülle. Die größere Leistungsstärke dürfte solche Anlagen attraktiver machen.

Nach Reinigung eine Qualität wie Erdgas

Die Tagung beleuchtet Entwicklungen auch jenseits des EEG. Beispielsweise schließen sich Bauern mit Anlagen zu Verbünden zusammen, zudem hat die Technik hat einen Sprung gemacht. "Es ist mittlerweile möglich, Biogas so zu reinigen, dass es eine Qualität wie Erdgas hat", erklärt Kammersprecher Bernhard Rüb. Ungereinigt sei Biogas sehr aggressiv, so aber könne es - etwa aus solchen Verbünden heraus - direkt zur Wärmeversorgung nicht nur einzelner Bauernhöfe, sondern ganzer Siedlungen genutzt werden. Und das nicht nur zum Heizen und für warmes Wasser, sondern auch zum Betrieb von Autos mit Erdgas-Umrüstung.

"Das könnte für Stadtwerke attraktiv sein", ist Rüb überzeugt. Der besondere Vorzug von Biogas liege grundsätzlich darin, dass es - zumindest über Stunden oder Tage - gespeichert werden kann. Während der lukrativen Spitzenlastzeiten könne es dann zur Energiegewinnung eingesetzt werden. Bioenergie kann aber eben nicht nur für Strom oder Wärme genutzt werden, sondern auch als Kraftstoff. Der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE NRW) lobt sie deshalb als "flexible Alleskönnerin".

NRW-weit 1367 Bioenergie-Anlagen in Betrieb

"Diesen Vorteil sollten wir stärker nutzen", sagte LEE-Geschäftsführer Christian Mildenberger der Redaktion. Um die vollen NRW-Potenziale von drei Terrawatt Stunden Strom und neun Terrawattstunden Wärme aus Bioenergie auszuschöpfen, müssten der Ausbau und besonders die Erweiterung von Bioenergieanlagen erleichtert werden: "Vor allem der bürokratische Aufwand muss hier deutlich reduziert werden“, forderte Mildenberger.

Zuletzt war zwar kaum neugebaut worden - in NRW waren aber zu Jahresbeginn 2020 immerhin 1367 Bioenergieanlagen mit einer installierten Leistung von 3000 Megawatt Wärme- sowie 894 Megawatt zur Stromproduktion in Betrieb. Bioenergie liefert über 5 Milliarden Kilowattstunden Strom pro Jahr, so der LEE. Ihr Anteil an der Erneuerbaren-Stromerzeugung liege bei rund 25 Prozent.