Eine Umfrage unter NRZ-Lesern zeigt: Corona trifft die Kleinen besonders schwer. Was unsere Leser von der neuen Beschlussvorlage halten.
Seit Mittwoch ist es offiziell: Der Lockdown wird bis zum 7. März verlängert. Für Friseurbetriebe gibt es den ersten Lichtblick: Sie dürfen ab dem 1. März öffnen. Auch Lehrer an Grundschulen dürfen Schüler ab dem 22. März wieder in Präsenz unterrichten. Aber was halten die Menschen am Niederrhein eigentlich von den Beschlüssen? Wir haben mit Leserinnen und Lesern gesprochen, die uns erzählt haben, wie es ihnen persönlich vor dem Hintergrund der neuen Corona-Beschlüsse nun geht.
Miriam Minten, 32 Jahre:
„Die Stimmung bei uns ist langsam wirklich katastrophal. Ich bin alleinerziehende Mama und lebe mit meinem fünfjährigen Sohn in einer Zweiraumwohnung. Wir haben kaum Auszeiten voneinander. Alles wird zwischen uns zu einem Streitpunkt. Das, was der Kindergarten bietet, kann ich einfach nicht bieten. Wir haben die Schneetage genutzt und waren viel draußen aber auch da bin ich sein einziger Spielpartner. Schön und gut, dass Friseure wieder öffnen aber was ist mit Zoos? Dort, wo man Abstand halten und den Kindern mal eine Abwechslung bieten kann. Die psychische Gesundheit der ganz Kleinen leidet doch am meisten. Die Politik setzt komplett falsche Prioritäten bei den Lockerungen. Ich glaube nicht, dass der Lockdown noch vor den Osterferien endet. Das alles ist eine Mammutaufgabe.“
Elias Minten, 5 Jahre:
„Mit Mama ist auch schön aber ich vermisse meine Freunde. Einmal wollte mein Cousin Geburtstag feiern, da durfte ich ihn nicht besuchen. Mama und ich können auch gar nicht mehr ins Kino oder Karneval feiern. Ich möchte, dass Corona vorbei ist.“
Günter Neu, 68 Jahre:
„Grundsätzlich geht’s uns gut. Um Abwechslung in den Alltag zu bringen, gehen meine Frau und ich oft spazieren. Dabei haben wir immer das Gefühl ein Stück weit Normalität in unserem Alltag zu haben. Ich befürworte, dass die Frisöre bald wieder öffnen dürfen. Sie haben ein gutes Hygienekonzept und hätten meiner Meinung nach gar nicht erst schließen müssen. Was ich an den neuen Beschlüssen einfach schade finde ist, dass die Psyche der Menschen wieder kaum berücksichtigt wird. Gerade Kinder leiden einfach extrem unter der Corona-Krise, das sehe ich immer an meiner kleinen Enkelin.“
Jana Groß:
„Um es kurz zu sagen: Es ist ein absolutes No-Go, dass Friseure wieder öffnen dürfen und Schulen immer noch geschlossen sind. Mein Mann und ich helfen unserer Tochter im Homeschooling nach bestem Wissen und Gewissen, aber wir sind auch einfach keine Fachkräfte und können nicht leisten, was Schulen leisten. Ich finde es auch unfassbar, dass keine Mittel dafür locker gemacht werden, dass die Schulen dementsprechend umgebaut und angepasst werden.“
Tochter Lina Groß:
„Ich finde doof, dass wir noch immer nicht zurück in die Schule dürfen. Ich mag Homeschooling nicht. Meine Lehrer können alles besser erklären als meine Eltern.“
Lea Topp, 25 Jahre:
„Natürlich wäre es schön, mal wieder Essen oder ins Kino zu gehen. Vor dem Hintergrund der Mutationen ist es meiner Meinung nach jedoch die richtige Entscheidung nicht zu schnell mit den Lockerungen zu sein.Wichtig ist es erstmal, dass die Schulen für die Kinder wieder aufmachen. In der Familie kommt es schon schneller mal zu Verstimmungen. Gerade am Wochenende würde man einfach mal gerne wieder etwas unternehmen, dennoch verstehen auch dort alle die getroffenen Entscheidungen. Mut macht mir, dass die Infektionszahlen jetzt endlich herunter gehen und ich auch bereits meine zwei Corona Impfungen, durch dir Arbeit im Gesundheitswesen, erhalten konnte.
Ich hoffe, dass es bald auch allen meinen Liebsten möglich ist, eine solche Impfung zu erhalten. Auch wenn es für mich persönlich nicht allzu wichtig ist zum Frisör zu gehen, finde ich es vor allem für die Branche schön, dass sie ihre Läden bald wieder öffnen können. Gerade da beim Frisör die Hygienestandards ja auch wirklich gut eingehalten werden können. Wie schon gesagt fänd ich es am wichtigsten, dass Schule und die Lehre an den Universitäten wieder richtig durchgeführt werden können. Dennoch wünsche ich es mir bald auch wieder ohne zu großes Risiko Reisen oder Essen gehen zu können, dafür gedulde ich mich gerne auch noch ein bisschen.“
Maren Ehrhardt, 30 Jahre:
„Uns geht es gut, wir drehen noch nicht völlig durch. Man hat sich mit der Zeit an die Verhältnisse gewöhnt. Was aber fehlt, sind die Treffen mit Freunden. Einfach mal wieder ins Kino und gemeinsam shoppen zu gehen – das vermisse ich. Die Pandemie hat gezeigt, wie wichtig soziale Kontakte sind. Mit Freunden über Video-Anrufe verbunden zu sein, ist schön, aber auf Dauer etwas nervig. Die einzige Person, die ich einmal pro Woche besuche, ist meine Oma. Sie lebt alleine und wenn sie gar keinen Besuch mehr bekäme, wäre das sehr schlimm für sie. Höhepunkt im Jahr 2020 war die Hochzeit mit meiner Frau. Das hat uns im August beide abgelenkt, auch wenn die Planung relativ schwierig war. In unserer Freizeit sind wir die meiste Zeit zuhause oder gehen spazieren. Das Fitnessstudio fällt ja aktuell weg. Da ich aber weiterhin täglich ins Büro fahre, hat sich bei uns nicht viel verändert. Ich hoffe, dass wir im Herbst wieder mehr unternehmen können. Bis dahin versuchen wir noch ein bisschen durchzuhalten.“
Ilse Geyer, 83 Jahre:
„Ich lebe jetzt seit zehn Jahren alleine und wurschtel mich auch in der Corona-Zeit irgendwie durch. Meine Tochter und mein Schwiegersohn sind ja da, ich vereinsame schon nicht. Ich möchte mich auch gar nicht beklagen, da bin ich nicht der Typ für. Außerdem: Wo sollen wir alten Leute denn hin? Ich bin sowieso die meiste Zeit Zuhause. Meine Tochter geht für mich einkaufen und auch die Nachbarn umsorgen mich. Wir haben ein gutes Haus. Wenn ich will, kann ich jederzeit meine Familie anrufen – sogar mit Video. Ich habe ein Tablet und meine eigene Alexa. Vor 14 Tagen hat mich mein Schwiegersohn beim Kochen gefilmt. Jetzt koche ich meine Suppen auf Youtube, das müssen Sie sich mal vorstellen. Dass die Jungen wieder mehr unternehmen möchten, verstehe ich. Aber wir Alten sind im Krieg aufgewachsen und mussten auch mit dem, was wir hatten, zufrieden sein. Und es war wirklich wenig, das können Sie mir glauben.“
Denis Sanchez, 31 Jahre:
„Dass Friseure bald wieder öffnen können, finde ich gut. Es spielt aber gar keine große Rolle, welche Berufsgruppe zuerst anfängt. Wichtig ist, dass wieder etwas Normalität in den Alltag kommt. Ich glaube nicht, dass wir Corona so schnell loswerden. Wir müssen lernen, mit dem Virus zu leben. Ich arbeite als Altenpfleger. Dass wir Besuchsregelungen eingeführt haben, ist absolut richtig. Auch Masken halte ich für sinnvoll. Aber was wir brauchen, ist ein Leben mit Schutzmaßnahmen – nicht mit Sperrmaßnahmen. Jeder muss sensibilisiert werden, reine Verbote bringen auf Dauer wenig. Ansonsten lockern wir in ein paar Wochen die Maßnahmen und steuern direkt in die dritte Welle. Ich bin jemand, der viel unterwegs ist. Ich bin oft bei Bekannten, habe viele Freunde. Aktuell fühle ich mich wie angekettet. Am schlimmsten ist die Situation aber für meine 9-jährige Tochter. Vor Corona war sie draußen und hat mit Freundinnen gespielt. Ihr fehlt der Kontakt zu Gleichaltrigen und die Bewegung. Ich habe manchmal das Gefühl, dass sie depressive Phasen hat.“