Lingen/Doel. Vor der Lieferung von Brennelementen nach Belgien hatten die Behörden die Atomfirma ANF auf das “Strafbarkeitsrisiko“ hingewiesen.

Im Streit um den möglicherweise illegalen Transport von Brennelementen zum belgischen Kernkraftwerk Doel gerät die Atomfirma ANF weiter unter Druck. Das Unternehmen habe "in eigener Verantwortung" gehandelt, betonte das Bundesumweltministerium (BMU) in einem der Redaktion vorliegenden Bericht (11. Februar 2021). Die Behörden hätten auf das "Strafbarkeitsrisiko" einer Ausfuhr hingewiesen.

Kernpunkt des Streits ist die Frage, ob der Widerspruch eines anerkannten Umweltverbandes aufschiebende Wirkung bei solchen Transporten hat - oder eben nicht. ANF, eine Tochtergesellschaft des französischen Atomriesen Framatome, hatte im Januar von Lingen (Niedersachsen) aus Uran-Brennelemente an das unweit der Grenze zu Deutschland und der Städteregion Aachen gelegene Kernkraftwerk geliefert.

Atomfirmen lassen Rechtsfrage derzeit selbst klären

ANF stützt sich auf eine Genehmigung des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) vom März 2020, allerdings hatte der nordrhein-westfälische Landesverband des BUND Widerspruch gegen den Export eingelegt. In einem ähnlichen Fall hatte Framatome selbst im Dezember 2020 Brennelemente an das Atomkraftwerk Leibstadt (Schweiz) geliefert, dazu gab es einen Widerspruch vom BUND in Baden-Württemberg.

Umweltschützer und Atomgegner haben Strafanzeigen erstattet. Im Bericht auf Anfrage des Linken-Bundestagsabgeordneten Hubertus Zdebel erinnert das Haus von Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) jetzt daran, dass Framatome selbst derzeit beim Verwaltungsgericht Frankfurt die Frage klären lässt, ob der Widerspruch eines anerkannten Umweltverbandes aufschiebende Wirkung hat oder nicht.

Frage nach der Zuverlässigkeit der Betreiber

Das Ministerium sei davon ausgegangen, dass "Inhaber der Ausfuhrgenehmigungen bis zu einer verbindlichen Klärung der Rechtslage durch das Verwaltungsgericht keine vollendeten Tatsachen schaffen", heißt es ausdrücklich im Bericht. Durch die mittlerweile erfolgten Transporte ist aber genau das geschehen. Das BMU droht mit Konsequenzen: "Die Bundesregierung wird im Lichte der in Kürze zu erwartenden Entscheidung des Verwaltungsgerichts die Transporte prüfen und auf dieser Basis über die Veranlassung notwendiger Schritte entscheiden."

Sollten die Atomtransporte tatsächlich rechtswidrig erfolgt sein, stellt sich aus Sicht von Umweltschützern die Frage nach der Zuverlässigkeit der Betreiber der Brennelementefabrik in Lingen.