An Rhein und Ruhr. Der Lockdown zieht vermehrt Menschen in die Natur. Förster und Biologen erklären, warum das hohe Besucheraufkommen für Tiere Stress bedeutet.

„Wir stellen durch Corona eine extreme Veränderung im Wald fest“, sagt Förster Michael Herbrecht. In seinem Revier, von Wesel bis nach Dormagen, sei momentan „alles im Wald, was zwei Beine oder Räder hat“, sagt er. Der enorme Anstieg an Radfahrern, Spaziergängern und Hundebesitzern, die den Wald als willkommene Abwechslung im Lockdown nutzen, löse bei den Tieren derzeit sehr viel Stress aus.

Besonders betroffen seien in erster Linie vor allem die größeren Säugetiere, wie Rot- und Rehwild, die gerade im Winter versuchen Energie zu sparen und daher durch häufige Störungen und Flucht besonders negativ betroffen sind, weiß Tobias Rautenberg von der Biologischen Station Westliches Ruhrgebiet zu berichten.

Tiere Flüchten aus dem Wald in die Städte

Oft flüchteten die Tiere dann vor den Menschen aus dem Wald. Dies bestätigt auch Förster Herbrecht. Er sei in den vergangenen Wochen zu „extrem vielen“ Wildunfällen gerufen worden. „Das Rotwild rennt in die Städte, weil im Wald die Menschen sind.“

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Aber auch einige Vogelarten, wie zum Beispiel Greifvögel, Eulen oder die Waldschnepfe seien störungsempfindlich. Bodenbrüter, wie der Kiebitz, dessen Brutzeit bald beginnt, benötigten viel Ruhe und ausreichend Abstand, der durch die vielen Menschen im Wald nicht gegeben sei.

Regeneration für bestimmte Pflanzen unmöglich

Auf manchen Wegen beobachte der Förster so viele Menschen, dass kaum der geltende Sicherheitsabstand gehalten werden könne. Um sich Platz zu verschaffen, weichen viele der Spaziergänger und Fahrradfahrer auf unbefestigte Wege aus. In den Wäldern, die Herbrecht betreut, fallen ihm teilweise 15 bis 20 Meter breite Trampelpfade auf. „Nicht nur die Tiere leiden also: Trittempfindliche Pflanzen werden sich kaum regenerieren.“

Gleiches kann auch Martin Brühne, Biologe im Naturschutzzentrum Kreis Kleve berichten. Für ihn sei ein Besucheransturm auf die Wälder seit Sommer vergangenen Jahres zu beobachten. „Die Leute konnten nicht in den Urlaub fahren und haben die schönen Tage dann in den Wäldern verbracht“, sagt er.

Gänse werden beim Fressen gestört

Auch den Gänsen in den Naturschutzgebieten am Rhein merke man den Stress durch viele Spaziergänger an, sagt der Biologe. „Normalerweise haben die Tiere den Kopf gesenkt und fressen. Momentan sind sie jedoch immer in Habachtstellung.“ Die Tiere seien in der Region, um Nahrung zu finden und Fett anzubauen.

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Werden sie immer wieder beim Fressen, durch akustische und optische Störungen daran gehindert, können sie kaum Fett aufbauen. Dadurch sei auch die Brut im Sommer gefährdet: „Die Gänse können dann beispielsweise anstatt vier nur zwei Eier legen, wodurch langfristig gesehen die Population gefährdet wird.“

Appell an Waldbesucher: Rücksicht nehmen

Grundsätzlich stehen Herbrecht, Rautenberg und Brühne der Tendenz, dass wieder vermehrt Menschen die Natur für ihre Erholung nutzen, positiv gegenüber. „Wir freuen uns, dass die Menschen wieder öfter in die Natur gehen. Aber gerade in der Brut- und Winterzeit sind viele Tiere sehr empfindlich und wir appellieren an die Spaziergänger darauf einfach Rücksicht zu nehmen“, sagt Brühne.

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Auch Dietrich Cerff, Vorstandsvorsitzender der NABU-Naturschutzstation Niederrhein begrüßt, dass die Menschen wieder beginnen die Natur zu genießen, dennoch sagt er: „Wir wünschen uns von den Spaziergängern, dass sie ihre Hunde anleinen und auf den Wegen bleiben.“ Eulen und Spechte beginnen mit der Brut Ende Februar, Anfang März. Auch Grau- und Nilgänse brüten bisweilen ebenso früh und sind als Bodenbrüter dann auch von Hunden gefährdet, weiß Cerff zu berichten.

„Daher sollte man sich im Wald immer als rücksichtvoller Gast verhalten und Lärm vermeiden, die Wege nicht verlassen und Hunde stets an der Leine führen“, rät auch Tobias Rautenberg.

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Der Biologe Martin Brühne appelliert ebenfalls an die Waldbesucher keine Tiere, wie kleine Hasen oder Amseln, aus der Natur zu entnehmen: „Viele denken, dass das Muttertier das Kleine allein gelassen hat.“ Oft sei das Alttier jedoch nur auf Futtersuche und „verzweifelt, wenn es das Junge nicht mehr an der Stelle wiederfindet, wo es abgelegt wurde.“