Düsseldorf. Während der Coronapandemie werden an Rhein und Ruhr weniger Fälle von häuslicher Gewalt angezeigt. Doch: Wie hoch ist die Dunkelziffer?

Die Fälle häuslicher Gewalt haben im Jahr 2020 in Nordrhein-Westfalen abgenommen – zumindest auf dem Papier. Dem aktuellen Bericht des NRW-Gleichstellungsministeriums zufolge kam es im abgelaufenen Jahr zu 22.993 Gewalttaten gegen Frauen und Männer im häuslichen Umfeld, im Jahr 2019 wurden 28.570 Fälle angezeigt (-19,5 Prozent). Die tatsächlichen Zahlen aber dürften höher liegen.

Denn: Durch die Corona-Pandemie und die damit einhergehenden Kontaktreduzierungen können Taten durch das soziale Umfeld wie Freunde, Verwandte oder Arbeitskollegen unentdeckt bleiben und nicht zur Anzeige gebracht werden.

Während dem Bericht zufolge kein grundsätzlich erhöhter Platzbedarf in den Frauenhäusern an Rhein und Ruhr bestehe, mache sich beim im April und Juni eingerichteten Hilfsangebot für Männer eine erhöhte Nachfrage bemerkbar. Das könnte daran liegen, dass die neuen Hilfsangebote mehr Bekanntheit erlangen. Beim im Frühjahr 2020 eingerichteten „Hilfetelefon Gewalt an Männern“ seien bis Oktober 2400 Anrufe eingegangen. In den Gewaltschutzwohnungen für Männer seien derzeit acht Plätze belegt.

In drei Frauenhäusern kam es zu Corona-Fällen

Drei Frauenhäusern in NRW mussten seit Beginn der Corona-Pandemie zeitweise unter Quarantäne gestellt werden. Die positiv getesteten Frauenhausbewohnerinnen wurden entweder im Frauenhaus oder in zusätzlichen Quarantänewohnungen isoliert. Der Betrieb in den Häusern konnte aufrechterhalten werden.

Insgesamt stehen in NRW 622 Schutzplätze für von häuslicher Gewalt betroffenen Frauen zur Verfügung. „Das sind 51 mehr als im Sommer 2017. Damit haben Landesregierung und Frauenhaus-Träger ihr selbst gestecktes Ziel, bis 2022 mindestens 50 Akutschutzplätze zusätzlich zu schaffen, ein Jahr früher als vorgesehen erreicht“, sagt Ministerin Ina Scharrenbach (CDU).

Für das aktuelle Jahr will sie einen „Pakt gegen Gewalt“ starten: „Die Anzahl der Schutzplätze für Männer wird weiter ausgebaut, die Unterstützungsinfrastruktur für von Gewalt Betroffene wird über eine Stufenkonzeption aufgestellt. Hinzu kommen weitere Informationskampagnen, um die Gesellschaft zu sensibilisieren“, so Scharrenbach gegenüber der Redaktion.