An Rhein und Ruhr. Gastronomie und Einzelhandel bleiben bis Ende Januar geschlossen. Die anhaltenden Corona-Maßnahmen bedrohen die Betriebe immer mehr.
„Schlimmer geht nimmer“, lautet die Aussage von Doris Lewitzky, Geschäftsführerin des Handelsverband NRW Niederrhein, in Bezug auf die neue Corona-Beschlussvorlage. Neben den Kontaktbeschränkungen werden auch die Maßnahmen für den Handel und die Gastronomie um drei Wochen, bis zum 31. Januar 2021, verlängert. Lediglich Geschäfte, die zur alltäglichen Versorgung und der Lebensnotwendigkeit dienen, bleiben geöffnet.
„Wir versuchen, die Politik wachzurütteln. Der Handel muss gestärkt werden. Ohne Unterstützung von außen geht das aber nicht“, sagt Lewitzky. Nach Veröffentlichung der neuen Beschlussvorlage sei das anfängliche Durchhaltevermögen unter den Einzelhändlern nun kaum noch zu spüren: „Die Stimmung kippt gerade. Die Betreiber verzweifeln. Die Nerven liegen einfach blank“, beschreibt Lewitzky die derzeit herrschende Stimmung unter den Einzelhändlern.
Handelsverband: „Unterstützung der Politik ist eine Katastrophe“
Für den Handel beginne eigentlich bald die klassische Schlussverkaufszeit, jedes Jahr eine große Chance, hohe Einnahmen zu erzielen. „Die Unterstützung der Politik ist eine Katastrophe! Erstattet werden sollen nur Fixkosten, keine Umsatzeinbußen - das ist unfair“, so Lewitzky.
Mit Mühe haben sich viele kleinere Einzelhändler in den Kommunen nun auch der Digitalisierung geöffnet, haben Onlineshops eingerichtet, Möglichkeiten etabliert, Waren zu reservieren oder zu liefern.
Auf Letzteres bauen auch die zahlreichen Gastronomiebetriebe in Nordrhein-Westfalen. „Dies hilft aber nur bedingt und dann auch nur den Gastronomen, die auch schon vor der Corona-Krise Lieferdienste angeboten haben“, erklärt Isabel Hausmann, stellvertretende Geschäftsführerin des Dehoga Nordrhein. Diejenigen Gastronomen, die sich einen Lieferdienst nun erst aufbauen, müssten zunächst erst wieder Geld investieren. „Außerdem gehen die Bestellungen momentan zurück. Die Menschen haben an den Feiertagen viel und gut gegessen und kochen nun vermehrt wieder selbst“, so Hausmann.
November- und Dezemberhilfen teilweise noch nicht ausgezahlt
Die Gastronomen seien weiterhin bereit, das Wohl der Allgemeinheit zu unterstützen. „Dieses Sonderopfer darf aber keine Einbahnstraße sein. Bei uns rufen Mitglieder an, die noch keine November- oder Dezemberhilfen bekommen haben. Und dabei fallen, gerade am Monatsende die vielen Kosten, wie Pacht und Löhne, an. Die Politik muss etwas tun und die Menschen endlich entschädigen, denn sie können für diese Krise nichts. Mittlerweile lautet die Frage auch nicht mehr, wann das Geld kommt, sondern ob es überhaupt kommt“, so die stellvertretende Geschäftsführerin.
Viele der 6000 Dehoga-Nordrhein-Mitglieder hätten das Bestreben, ihren Betrieb trotz allem zu erhalten. Dennoch würden die Ersparnisse knapp, seien bei vielen schon seit dem ersten Lockdown gar ganz aufgebraucht. „Die Betriebe haben sich Corona-sicher aufgebaut, haben in Luftfilter und weitere Corona-Maßnahmen investiert und benötigen nun einfach die ihnen dringend zustehenden Entschädigungen“, appelliert Hausmann an die Politik.
Heistermann: „Die Händler gehen auf dem Zahnfleisch“
Darauf pocht auch Marc Heistermann, Hauptgeschäftsführer des Handelsverband NRW Ruhr. „Dass die Maßnahmen verlängert werden, trifft den Handel hart. Niederschmetternd daran ist jedoch, dass die Hürden, an das Geld aus den Unterstützungstöpfen zu kommen, für Einzelhändler kaum überwindbar sind.“ Laut Heistermann habe der vom Lockdown betroffene Handel deutschlandweit bisher 800 Millionen Euro verloren. „Die Händler gehen auf dem Zahnfleisch“, so Heistermann.
Das berichtet auch Axel Hesselmann, Besitzer des Hotels am Sportpark in Duisburg. „Es ist hochdramatisch. Wir verlieren jeden Monat einen Betrag im fünfstelligen Bereich.“ Die Verlängerung des Lockdowns sei für ihn keine Überraschung gewesen. „Ich denke, wir müssen uns nichts vormachen. Vor April wird das nichts.“ Hesselmann hätte sich einen harten Lockdown zwischen Oktober und Januar gewünscht, um die Infektionszahlen schneller zu senken und sein Hotel früher wiedereröffnen zu können. „Aber was will man machen? Die Krankheit ist da, dagegen müssen wir etwas tun.“
Auch Gabi Pöttken vom Restaurant Zum Siepenkötter glaubt nicht an schnelle Lockerungen. „Ich gehe davon aus, dass wir zum 1. Februar nicht öffnen dürfen.“ Prinzipiell habe Pöttken Verständnis für die Corona-Maßnahmen. „Aber ich würde mir wünschen, dass nicht immer so kurzfristig und in kleinen Schritten gesagt wird, dass der Lockdown verlängert wird.“ Schließlich bräuchten die Gastronomen und Einzelhändler Planungssicherheit. Aktuell profitiere das Restaurant Zum Siepenkötter von seinen Stammkunden. „Miete und Stromkosten kriegen wir durch unseren Außerhaus-Verkauf rein. Ansonsten sieht es nicht sehr rosig aus.“