An Rhein und Ruhr. Der Handel am Niederrhein fordert Entschädigungen, wenn nach Weihnachten viele Geschäfte geschlossen werden. Insolvenzwelle befürchtet.
Es ist die umsatzstärkste Zeit des Jahres für den Einzelhandel, Gutscheine werden eingelöst, Umtausche gemacht, Weihnachtsgeld ausgegeben. Doch wenn der von Ministerpräsident Armin Laschet geforderte harte Lockdown kommt, müssen ab dem 27. Dezember viele Geschäfte wieder schließen.
„Ein Albtraum“, sagt Doris Lewitzky, Geschäftsführerin des Handelsverbands Niederrhein mit Sitz in Moers. „Die Händler sind am Limit, den ersten Lockdown haben die meisten noch verkraftet, der zweite ist für viele nicht machbar“, sagt sie. Die Geschäfte hätten sehr viel investiert in den vergangenen Monaten, in Security, in Ampelsysteme und Hygieneauflagen. „Deswegen waren wir nicht davon ausgegangen, ein Corona-Hotspot zu sein“, so Lewitzky.
Der Handelsverband Niederrhein hat Mitglieder aus dem Kreis Wesel und Duisburg. Die erneute Schließung treffe die Geschäfte nun in der konsumfreudigsten Zeit des Jahres. „Die Menschen haben frei, wollen Zeit mit der Familie verbringen und erwarten auch, dass die Geschäfte geöffnet haben, um Gutscheine einzulösen und Weihnachtsgeschenke umzutauschen“, erklärt die Geschäftsführerin. Der Handel werde sich sicherlich kulant zeigen und Umtausche auch im Januar noch akzeptieren, trotzdem gehe viel Umsatz verloren. „Allein zwischen Weihnachten und Silvester sprechen wir von drei vollen Einkaufstagen“, sagt Lewitzky.
Handel am Niederrhein: „Wir brauchen Umsatzerstattungen“
Die Frage sei nun, wie die Zeit der Schließungen entschädigt werde. „Wir brauchen Umsatzerstattungen“, fordert Lewitzky. Das sei schließlich auch in anderen Branchen so geregelt worden. „Ich befürchte sonst, dass die Innenstädte das nicht verkraften.“ Ohnehin laufe die Vorweihnachtszeit nur bei etwa 20 Prozent der Läden zufriedenstellend. „Das sind hauptsächlich die Geschäfte, die etwas fürs Zuhause anbieten, Dekoartikel beispielsweise“, so Lewitzky.
Alle anderen würden ohnehin schon negativ auf die verbleibende Adventszeit blicken, vor allem in den Bereichen Kleidung, Schuhe und Schmuck. „Die Stimmung ist schlecht, die Existenzangst geht um.“ Das ständige Hin und Her der Politik helfe dabei nicht. „Die gerade Linie fehlt“, sagt Lewitzky.
Ärger und Entsetzen in den Innenstädten und Einkaufszentren
In den Einkaufszentren der Region ist man ebenfalls entsetzt. „Es ärgert uns! Im März hieß es, ein erneuter Lockdown des Einzelhandels dürfe nie mehr vorkommen und jetzt scheint es wieder zu passieren“, sagt Tobias Agthe. Er ist Centermanager der Dinslakener Neutor Galerie und sorgt sich um die Zukunft von über 1000 Galerie-Mitarbeitenden. „
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Vorbereitet sind wir schon die ganze Zeit. Wir haben schon Anfang November, zu Beginn des Lockdown light, besprochen, wie es für uns weitergehen soll. Wie viele Insolvenzen sollen denn dann kommen?“ Die Galerie hätte alle Corona-Schutzmaßnahmen gründlich befolgt. Einlassmarken, Maskenpflicht, Plexiglas an den Kassen und gründliche Reinigung und Desinfektion. „Nach dem ersten Lockdown hatten wir uns erfolgreich wieder hochgearbeitet. Von streckenweise null Prozent Umsatz auf 90 bis 95 Prozent.“
Auch wenn die umsatzstarke Vorweihnachtszeit erhalten bliebe, mit einem Lockdown ab 27. Dezember würden wertvolle Geschäftstage entgehen: „Die Leute bekommen Gutscheine und Geld zu Weihnachten und geben dann zwischen den Jahren und in der ersten Januarwoche viel davon aus und steigern die Umsätze.“
Wohl kulante Regelungen bei Umtauschaktionen
Was das für die typischen Umtausche missglückter Weihnachtsgeschenke bedeutet, vermag Tobias Agthe aktuell nicht einzuschätzen. „Das entscheiden letztendlich die Einzelhändler selbst.“ Er gehe aber von kulanten Regelungen aus, wenn den Kundinnen und Kunden durch den Lockdown die reguläre Rückgabefrist verwehrt bliebe.
Centro-Manager Marcus Remark blickt dem drohenden Lockdown recht pragmatisch entgegen. „Wir wissen jetzt, wie es ist, ein Center zu schließen. Alles Weitere lassen wir auf uns zukommen.“ Dass im Centro in Oberhausen Ende des Monats die meisten Geschäfte schließen müssen, hält er für sehr wahrscheinlich. „Natürlich ist es schade für die Einzelhändler, aber wir leben ja schon das ganze Jahr mit dem Virus.“ Jetzt gelte der Blick nach vorn, ins kommende Jahr.
Mitarbeiter auf die Schließung vorbereitet
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Patrick Tenhaeff, der mit seinen zwei Brüdern in dritter Generation Bettenfachgeschäfte in Wesel und Moers leitet, hat die Mitarbeiter schon auf die Schließung vorbereitet. „Wir haben mit dem Personal gesprochen und machen Betriebsferien“, sagt Tenhaeff. So könne Kurzarbeit vermieden werden. Arbeit bleibe für seine Brüder und ihn während der Schließung trotzdem mehr als genug. „Die Inventur und die Umstellung der Mehrwertsteuer steht an, alles, was wir sonst nebenher machen“, so Tenhaeff.
Zwischen den Jahren würden normalerweise einige Kunden kommen, die ihr Weihnachtsgeld ausgeben wollten. „Umtausche sind aber in den vergangenen Jahren seltener geworden. Die Leute schenken meist sehr spezifisch oder direkt Geld oder Gutscheine“, erklärt er.