An Rhein und Ruhr. 1956 kehrten die letzten Deutschen aus der russischen Kriegsgefangenschaft zurück. Andere blieben verschwunden. Hier hilft der DRK-Suchdienst.

Es ist die große Hoffnung in den Tagen vor dem Weihnachtsfest des Jahres 1955. „Weihnachten sind alle Zuhause“, heißt es am 23. Dezember 1955 in der NRZ. Es geht um die Kriegsgefangenen, die auch zehn Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in russischer Kriegsgefangenschaft sind. Doch das von vielen herbeigesehnte Weihnachtswunder bleibt aus. Es kehren nicht alle Väter und Söhne rechtzeitig zum Fest wieder heim.

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Dass diese Hoffnung überhaupt bestand, war vor allem Bundeskanzler Konrad Adenauer zu verdanken. Im September 1955 reiste er nach Moskau zu Verhandlungen mit der russischen Regierung. Das Thema, neben den Beziehungen der Länder und der deutschen Einheit: die Rückkehr der Deutschen aus russischer Kriegsgefangenschaft. Die Verhandlungen zogen sich über mehrere Tage.

Dann war es so weit. „Die ersten Gefangenen kommen nach Hause“, vermeldete die NRZ am 23. September 1955 nach den Gesprächen des Kanzlers in Moskau. Es sollte aber bis Januar 1956 dauern, bis die letzten von ihnen am Grenzbahnhof Herleshausen ankommen. Viele Menschen bleiben nach dem Krieg allerdings verschwunden.

Noch heute gibt es Anfragen zum Zweiten Weltkrieg

Und um diese kümmert sich, damals wie heute, der Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes. „Wir haben 2019 deutschlandweit über 10.000 Anfragen zu Vermissten des Zweiten Weltkriegs bekommen“, sagt Dr. Hilde Heij, Leiterin des Suchdienst im DRK-Landesverband Nordrhein. Eigentlich sollte der Suchdienst für den Zweiten Weltkrieg 2021 auslaufen, aber es hat eine Verlängerung bis 2025 gegeben.

Hoffnung herauszufinden, was mit ihren Verwandten passiert ist, gibt es für die Hinterbliebenen und Nachkommen der im Krieg vermissten Menschen bis heute. Manchmal auch, weil sich neue Quellen aufgetan haben. „Anfang der 1990er-Jahre sind russische Archive für uns geöffnet wurden und da konnte man noch Fälle neu suchen“, erklärt Dr. Hilde Heij. „Außerdem darf man nicht vergessen, dass es in Deutschland auch viele lokale Archive bei den Behörden gibt, die nach und nach digitalisiert werden, was die Suche auch einfacher macht.“ Es passiert so noch öfter, dass Fälle – selbst nach 75 Jahren – noch geklärt werden können.

Suche, so weit die Archive es zulassen

Die Zentrale Namenskartei (ZNK) des DRK-Suchdienstes in München mit Dokumenten zu Vermissten und Suchenden des Zweiten Weltkrieges ist die erste Anlaufstelle bei der Recherche.
Die Zentrale Namenskartei (ZNK) des DRK-Suchdienstes in München mit Dokumenten zu Vermissten und Suchenden des Zweiten Weltkrieges ist die erste Anlaufstelle bei der Recherche. © DRK | Jörg F. Müller

Wenn jemand eine Suchanfrage stellt, was mittlerweile auch Online passieren kann, fangen die Mitarbeiter des DRK an, zu recherchieren. „Sie schauen in unser eigenes Archiv, aber auch in die Archive von Institutionen, auf die wir zugriff haben“. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde eine zentrale Namenskartei aufgebaut von Personen, die andere Menschen gesucht haben. „Diese Informationen wurden auf Karten geschrieben und diese sind mittlerweile digitalisiert“, erklärt die Leiterin des Suchdienstes im DRK-Landesverband Nordrhein. Diese Karten kann man ebenfalls nach bestimmten Personen durchsuchen, danach geht die Suche in anderen Archiven weiter.

Die Suchanfragen bleiben dabei offen, bis sie geklärt sind. Bei manchen Fällen, bleibt das Schicksal des Gesuchten am Ende offen. „Oft können wir recherchieren, zu welcher Kompanie oder Einheit ein Soldat gehört hat. Dann lassen sich aus dem, was man über diese Einheit weiß, Vermutungen anstellen“, erklärt Dr. Hilde Heij. Mit Sicherheit lässt sich das genaue Schicksal der einzelnen Vermissten so allerdings nicht klären. „Dann können wir nur noch überlegen, ob es noch irgendwo noch Material geben könnte, dass uns noch nicht zur Verfügung steht“, sagt sie.

Nachforschen um einen Abschluss zu finden

Das Schicksal der Vermissten beschäftigt die Familien weiter. „Man merkt, wie das Familien und Personen beschäftigt, wenn sie nicht wissen, was mit ihren Familienmitgliedern passiert ist. Das ist ein unglaubliches Leid und viele können keinen Abschluss machen, bis sie wissen, was passiert ist“, sagt Dr. Hilde Heij.

Auch deswegen sucht man, bis das Schicksal einer Person geklärt ist. So versuchen die Mitarbeiter des DRK-Suchdienstes auch, den letzten Ruheort einer vermissten Person zu finden, wenn diese verstorben ist, damit die Hinterbliebenen wenigstens wissen, wo sich die sterblichen Überreste befinden. „Die Arbeit ist manchmal hart – aber auch sehr schön“, sagt Dr. Hilde Heij.