Maastricht/Venlo. Zum Shoppen in die Niederlande – für viele Menschen in NRW gehört das zum Alltag. Die Gründe sind nicht immer rational, zeigt eine Studie.

Günstigere Preise für Kaffee und andere Waren, gemütlichere Innenstädte oder Familientraditionen: Aus der Grenzregion fahren viele Deutsche zum Einkaufen in die Niederlande – aus ganz unterschiedlichen Gründen. Die niederländische Provinz Limburg, die eine lange Grenze mit Nordrhein-Westfalen teilt, wollte genau wissen, warum die Menschen aus dem Nachbarland zum Shoppen nach Venlo oder Maastricht kommen.

Zahlen, Daten und Fakten dazu finden sich in der jährlichen „Koopstromenonderzoek 2019“ (Kaufstromeruntersuchung 2019), die von der Provinz in Auftrag gegeben wird. Die in Venlo ansässigen Fontys Business School ist noch tiefer ins Detail gegangen und hat auf der Grundlage der Daten erforscht, warum Deutsche und Niederländer jeweils im Nachbarland einkaufen. Annahmen, Überlegungen oder Vorurteile gibt es dazu zwar viele – aber bisher keine wissenschaftlich belastbaren Ergebnisse.

Erreichbarkeit, Preise – und eine gute Portion Nostalgie

Um herauszufinden, was die Menschen wirklich über die Grenze treibt, haben die Fontys-Marketingexpertin Carla Arts und ihr Team Geschäftsleute in den Niederlanden befragt aber auch Umfragen bei deutschen Kunden gemacht. Die Ergebnisse waren für sie teilweise überraschend.

Längst spielt nicht mehr nur der Preis für bestimmte Waren wie Kaffee eine Rolle. Speziell für Venlo hat Carla Arts einen ganz anderen Grund für die Einkaufstour am Wochenende ausgemacht. „Es gibt da ein Gefühl der Nostalgie, das von Generation zu Generation weitergegeben wird“, erklärt sie. „Viele Deutsche sind schon mit ihren Eltern zum Einkaufen hergekommen – und diese vorher mit ihren Eltern.“ So sind die Fahrten nach Venlo für viele in der Grenzregion quasi eine Familientradition.

In die Städte geht es eher für Tagesausflüge

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An anderen Orten ist das weniger wichtig. Es stehe dort eher im Vordergrund, wie praktisch es für die Menschen ist, jenseits der Grenze einzukaufen. „Es gibt in vielen Orten nicht nur Supermärkte, die sich auf Kunden jenseits der Grenze spezialisieren. Es in diesen Orten Zentren mit Geschäften, die man so nicht da erwarten würde, weil da nicht so viele Menschen leben“, erklärt die Forscherin. So findet man in kleineren Städten wie beispielsweise Winterswijk eine Vielzahl von Einkaufsmöglichkeiten, die man in Deutschland eher in größeren Städten vermuten würde.

Die größeren Städte in der Grenzregion auf niederländischer Seite sind hingegen vor allem populär bei Grenzshoppern, die nicht nur einkaufen wollen, sondern sich auch noch einen schönen Tag machen möchten. Wer bummeln oder den Tag genießen möchte, fährt lieber Richtung Venlo.

Untersuchung zu Niederländern läuft derzeit noch

Die Untersuchung darüber, warum Niederländer umgekehrt über die Grenze nach Deutschland fahren, um einzukaufen, laufen zur Zeit noch. Hier soll es im Januar oder Februar Resultate geben. „Die Vermutung ist, dass es da weniger ums gemütliche Shoppen geht, sondern eher um die Preise“, sagt Carla Arts. Außerdem gibt es noch einen weiteren wichtigen Unterschied: Deutsche, die in den Niederländern einkaufen, fahren oft rund 100 Kilometer zum Einkauf über die Grenze. Niederländer bleiben lieber in Grenznähe.

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Der meiste Umsatz durch Niederländer auf deutscher Seite fällt wohl auch deswegen eher in kleinen Orten an der Grenze an – so etwa in Tüddern, einem Ort in der Gemeinde Selfkant im Kreis Heinzberg oder in Kaldenkirchen, einem Stadtteil von Nettetal im Kreis Viersen.

Leere Innenstädte durch Corona – zumindest zeitweise

Die Untersuchungen vom Team um Carla Arts zu den Deutschen Grenz-Einkäufern fanden vor Corona statt. Die Auswirkungen der Pandemie konnte die Wissenschaftlerin in Venlo quasi live beobachten. „In den ersten Wochen des Lockdowns war es ganz still in der Innenstadt von Venlo“, erzählt sie.

Im Mai und in Juni zu den Feiertagen auf der deutschen Seite der Grenze, hätte sich die Lage fast wieder normalisiert. Auch der Umstand, dass es in den Niederlanden noch keine Pflicht gab, einen Mund-Nase-Schutz zu tragen, führte wohl viele Menschen über die Grenze. „Da hat sich das Einkaufen einfach noch entspannter angefühlt“, sagt Carla Arts. Jetzt ist es wieder leerer den Straßen der Venloer Innenstadt.