Aus den Niederlanden. In NRW steigen die Preise für’s Wohnen. Auch in den Niederlanden spitzt sich die Marktsituation zu. So sieht die Lage jenseits der Grenze aus.

Seit Jahren steigen die Preise für Mieten und Eigentum an Rhein und Ruhr. Ob es in den Niederlanden besser aussieht, mag sich da der eine oder andere Niederlande-Fan fragen. Schließlich klingen ein Häuschen an der Nordseeküste oder ein Apartment in Amsterdam ziemlich verlockend. Doch lohnt sich das überhaupt?

Unser Blick über die Grenze zeigt: Es kommt ganz auf’s Budget und den Zweck an. „Häuser in den Niederlanden sind ziemlich teuer im Vergleich zu Deutschland“, sagt Carola Schroer vom Grenzinfopunkt der Euregio-Rhein-Waal in Kleve. Die Niederländerin lebt schon seit mehreren Jahrzehnten in Deutschland und berät Menschen bei Umzügen ins jeweils andere Land.

Durch die hohen Preise im Nachbarland kommt es in grenznahen Orten am Niederrhein zu einer Art „Kauftourismus“, wie ein Banker aus Kleve erklärt. Der Immobilienmarkt sei hier geprägt von einer hohen Nachfrage, die besonders durch Niederländer entsteht, die auf der deutschen Seite der Grenze ein Eigenheim suchen. Als Beispiel nennt er dafür den Ort Kranenburg. Durch die Grenznähe seien Häuser hier besonders gefragt und damit auch teurer.

Niederlande: Immobilien sind teurer als in Deutschland

„Der niederländische Markt ist absolut überspitzt, Angebote über den Verkaufpreis häufig“, sagt auch Rainer Elsmann, der in Emmerich Immobilien in Deutschland und den Niederlanden vermittelt. Trotzdem kaufen Menschen in den Niederlanden lieber als zu mieten – und das auch früher. Nach Angaben der Behörde Centraal Planbureau (CBS) wohnten 2018 beinahe 60 Prozent der niederländischen Haushalte im Eigenheim, in NRW waren es laut Statistischem Landesamt im selben Jahr nur gut 41 Prozent.

Schlichtweg ein Mentalitätsunterschied? „Das wird uns zuhause von Anfang an mitgegeben“, sagt Esther Reidegeld. Die Niederländerin lebt in Düsseldorf und berät dort Menschen aus Deutschland beim Kauf von Ferienimmobilien in den Niederlanden. Generell würden Niederländer schneller kaufen und verkaufen - also flexibler und praktischer ausgerichtet sein, findet Rainer Elsmann.

Mieten in niederländischen Städten schießen seit Jahren in die Höhe

Für Carola Schroer vom Grenzinfopunkt ist der Unterschied vor allem aus den Not heraus entstanden: „Weil die Mieten in den Niederlanden so hoch sind, wird eher gekauft.“ Der durchschnittliche Mietpreis pro Quadratmeter lag nach Angaben der niederländischen Maklervereinigung NVM 2018 bei 11,40 Euro pro Quadratmeter, in NRW laut Statistischem Landesamt im Jahr 2018 bei durchschnittlich 7,60 Euro. Amsterdam hängt mit einem aktuellen Wert von über 20 Euro selbst Städte wie Köln, Berlin oder München ab.

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Zwar gibt es in den Niederlanden wie in Deutschland staatliche Unterstützung durch Wohngeld oder Sozialwohnungen, deren Anzahl schrumpft aber. Und wer in den Niederlanden kaufen will, kann nur begrenzt auf Geld von der Regierung hoffen. „In den Niederlanden gibt es weniger Fördermittel wie in Deutschland“, so Carola Schroers. „So etwas wie Baukindergeld gibt es nicht.“

Darlehen von niederländischen Gemeinden für junge Käufer

Der niederländische Staat hilft vorrangig Jüngeren, die zum ersten Mal Eigentum erwerben und darin auch wohnen wollen, wie Rainer Elsmann erklärt. Gemeinden bieten ein sogenanntes „starterslening“ - ein Anfängerdarlehen - an, das das reguläre Darlehen beim ersten Immobilienkauf ergänzt und fehlende Finanzen überbrückt. Ab 2021 sollen Käufer bis 35 Jahren sogar gar keine Grunderwerbssteuer mehr zahlen müssen.

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Gerade in der Grenzregion fällt der Blick der Niederländer angesichts der Marktlage auf NRW. „Vor Jahren gab es einen totalen Hype, aus den Niederlanden nach Deutschland zu ziehen“, erinnert sich Carola Schroer. Hauspreise in niederländischen Grenzgemeinden wie Berg en Dal gingen auf die 500.000 Euro zu, veranschaulicht Rainer Elsmann. Während in Emmerich und in Kleve laut NRW Bank der Angebotspreis für Häuser zwischen 299.000 und 273.000 Euro liegt. Eigentum in den Niederlanden lohnt laut Elsmann also nur bei beruflichem Umzug.

Ferienhaus: Richtung Nordseeküste werden Immobilien teurer

Ist der Traum vom Häuschen in den Niederlanden also ausgeträumt? Nicht zwangsläufig. Zumindest bei Ferienimmobilien könnten Deutsche mit Erleichterungen bei der Umsatz- oder Grunderwerbssteuer rechnen, so Esther Reidegeld. Und wer nicht unbedingt an einer Amsterdamer Gracht logieren muss, wird vielleicht im ländlichen Raum fündig.

Denn Richtung deutscher Grenze werden niederländische Immobilien deutlich günstiger als Richtung Nordseeküste. Und gerade in der Coronakrise erlebe die niederländische Ferienimmobilien-Branche einen Boom, sagt Reidegeld. „In unsicheren Zeiten möchten Menschen gerne in Ruhe Urlaub in der eigenen Immobilie machen und nicht so weit weg verreisen.“

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Wer also das nötige Budget mitbringt, kann in den Niederlanden einfach eine Immobilie kaufen, wie Esther Reidegeld bestätigt. „Auf die Nationalität kommt es nicht an.“ Aber: je nach Provinz gebe es eine strenge Zweitwohnsitzpolitik. Immobilien, die nicht als Hauptwohnsitz genutzt werden, sind also begrenzt. Das kann sich auch im Preis niederschlagen. Am Ende entscheiden also die Finanzen: Mit 200.000 Euro - so Esther Reidegeld - müssten Interessierte für ein Ferienhaus in den Niederlanden mindestens rechnen.