An Rhein und Ruhr. Die Tafeln in NRW versorgen Tausende bedürftige Menschen. Ehrenamtliche fallen in der Corona-Zeit aus. Die Kundschaft verändert sich.

In dem eingeschossigen Backsteingebäude am Mühlenweg in Wesel packen Manfred Lauth und seine Mitarbeiter an diesem Donnerstagvormittag routiniert die Kisten. Ein Drittel mit Brot, ein Drittel mit Kühlwaren, ein Drittel mit Obst und Gemüse. In wenigen Stunden wird wieder die Kundschaft da sein, bedürftige Menschen, die zur Tafel gehen müssen, um über die Runden zu kommen. Wegen der Corona-Pandemie dürfen sie nicht wie üblich in den Ausgaberaum hereinkommen und sich selbst bedienen, sie bekommen die Lebensmittel im Eingang überreicht. Corona hat auch die Arbeit der Tafeln in Nordrhein-Westfalen verändert.

Während des ersten Lockdowns im Frühjahr schien es so, als hätte die Tafel in Wesel ein Problem. Die Hälfte des rund 30-köpfigen Teams meldete sich ab. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter sind häufig älter, gehören der Risikogruppe an. „Wir haben aber viel Unterstützung bekommen“, erinnert sich Lauth. Schüler, Studenten, Lehrer halfen aus. Der Betrieb konnte weitergehen.

Ausgabe in Düsseldorf war drei Wochen dicht

Auch bei der Tafel in Essen konnte man die Ausfälle von Ehrenamtlichen weitgehend kompensieren, dort wurden nur drei von elf Ausgabestellen zwischenzeitlich geschlossen. Das war nicht überall in NRW so. „Wir hatten im Frühjahr drei Wochen komplett zu“, erzählt Eva Fischer, Sprecherin der Düsseldorfer Tafel, die Lebensmittel für 8000 Menschen an acht Ausgabestellen liefert.

Aktuell sind fast alle 169 Tafeln in NRW geöffnet, berichtet Wolfgang Weilerswist, Vorsitzender des Landesverbandes. Vereinzelt seien Ausgabestellen geschlossen, etwa in Düsseldorf oder Köln. „Die meisten Ausgaben sind aber gewährleistet. Ich hoffe, dass wir das durchhalten“, so Weilerswist. Auffällig, sagt der Verbandsvorsitzende, sei aber, wie sich die Kundschaft verändert habe. „Wir haben jetzt Leute, die in Kurzarbeit sind, vorher wenig und jetzt noch weniger haben. Oder Studenten, die keine Mini-Jobs mehr in der Gastronomie haben.“

Studenten kommen zur Tafel

Die Beobachtung hat auch Eva Fischer gemacht: „Wir hatten früher überhaupt keine Studenten. Jetzt sind es einige.“ In der Weseler Tafel zeigt Manfred Lauth auf einen Stapel Papiere im Regal neben seinem Schreibtisch. „Wir haben jetzt 80 neue Kunden.“ Rund die Hälfte der bisherigen Stammkundschaft sei mit dem Beginn der Corona-Krise nicht mehr gekommen. Warum, kann sich Lauth auch nicht richtig erklären. Möglicherweise hätten die Menschen Angst, sich anzustecken.

In Essen hat Tafel-Chef Jörg Sator eine andere Entwicklung registriert. In Essen nehmen sie jeden Mittwoch Neuanmeldungen entgegen. In normalen Zeiten sind es jedes Mal etwa 50. „Nach dem Ende des Lockdowns im Frühjahr ist es nur doch die Hälfte.“ In Essen wie auch bei den anderen Tafeln arbeiten sie unter den Hygiene-Bestimmungen. Anders als in Wesel dürfen die Bedürftigen in der Essener Hauptausgabestelle am Wasserturm zwar in die Räume hinein, aber nur noch einzeln. Um Stau zu vermeiden, packen junge Ehrenamtliche die Tüten für Menschen mit Rollstühlen oder Rollatoren.

Arbeiten unter Corona-Bedingungen

In Wesel müssen die Kunden der Tafel vor dem Gebäude warten. Mit Mundschutz, auf Bänken, die sie draußen aufstellen. Probleme gebe es nicht, sagt Manfred Lauth, die Menschen nähmen die veränderten Regeln klaglos hin. Jedoch macht er sich Sorgen vor den kommenden Monaten. „Im Frühjahr war es meistens warm und sonnig, jetzt müssen wir schauen, wie wir die Leute im Trockenen warten lassen können.“ Ein früherer, gut durchlüfteter Lagerraum an der Rückseite des Gebäudes soll in den kalten Monaten als Wartezimmer dienen.

Bei der Tafel in Mechernich, die vom Landesverbandsvorsitzenden Weilerswist geleitet wird, haben sie sich etwas anderes einfallen lassen, um die Lebensmittel zu verteilen: „Wir fahren nach Ausgabeschluss 30 Kunden an und beliefern sie.“ Mangels Personal ist das allerdings keine Alternative für die meisten Tafeln.

In der Corona-Krise macht den Tafeln ein anderes Problem zu schaffen: Benefizveranstaltungen oder große Geburtstagsfeiern sind reihenweise abgesagt worden. Mit finanziellen Folgen für die Tafeln: „Unser Spendenaufkommen ist um ein Drittel eingebrochen“, sagt Eva Fischer von der Tafel in Düsseldorf.