An Rhein und Ruhr. Bisher sind kaum Fälle bekannt bei denen sich Menschen im Nahverkehr mit Corona infiziert haben. Doch laut einem Experten besteht erhöhte Gefahr.

Wer der Corona-Pandemie ganz sicher entgehen will, der setzt sich am besten in einen Zug. Das könnte zumindest die Schlussfolgerung sein, wenn man sich die Zahlen des RKI zum Infektionsgeschehen anschaut. Ansteckungen in öffentlichen Verkehrsmitteln kommen kaum vor, für die Bahn finden sich gar überhaupt keine Ansteckungsfälle. Gleichwohl verweist das RKI selbst darauf, dass dies an der mangelnden Nachverfolgbarkeit des Ansteckungsgeschehens im weitestgehend anonymen Nahverkehr liegen könnte.

„Das Reisen im Nahverkehr ist grundsätzliche eine Situation, in der definitiv eine erhöhte Gefahr besteht“, sagt Dr. Thomas Voshaar, Chefarzt der Lungenklinik am Bethanien-Krankenhaus in Moers. „Die Formel ist ganz einfach: Kleiner Raum, viele Menschen, relativ langer Aufenthalt über 20 Minuten und schlechte Lüftungsmöglichkeiten – das ist genau die Situation, die Infektionen begünstigt. Und das trifft genau auf öffentliche Verkehrsmittel zu. Es sei denn, man hat nur eine kurze Fahrt. Dann relativiert sich das etwas.“ Grundsätzlich müsse man allerdings mit einer erhöhten Ansteckungsgefahr rechnen. Deswegen sei es wichtig, bei Fahrten eine gute Maske zu tragen. Es wäre gut, so der Experte, wenn man Maßnahmen ergreifen würde, damit möglichst wenig Menschen in einem Raum sind.

Zurückhaltung bei den Verkehrsunternehmen in der Region

An einer Spekulation darüber, wie gefährlich der Aufenthalt in Bussen und Zügen ist, mag sich keines der Verkehrsunternehmen in NRW beteiligen. Allerdings weist die Deutsche Bahn darauf hin, dass sich bisher keiner der 600 Zugbegleiter in NRW während der Arbeit mit Corona infiziert hat. Und auch eine Studie habe bestätigt, dass das Personal in den Zügen der Deutschen Bahn keiner erhöhten Corona-Gefahr unterliegt.

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Und wie sieht es mit Regelungen zu Abstand in Bus und Bahn aus? „Der Gesetzgeber sieht keine Abstandsregel in Bussen vor und wir halten uns selbstverständlich an sämtliche Vorgaben. Wo der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann, gilt ja die Maskenpflicht“, erklärt Michael Block, Pressesprecher der Niederrheinischen Verkehrsbetriebe (Niag) mit Sitz in Moers.

Gefährliche Situationen erkennen ist wichtig

Bei Abellio setzt man auf den gesunden Menschenverstand der Passagiere. „Unsere Fahrgäste sind angehalten, sehr eigenverantwortlich mit der Situation umzugehen“, teilt das Unternehmen auf Anfrage der NRZ mit. Bei der NordWestBahn verweist man auf die Behörden. „Die maximale Kapazität der Züge wurde im Rahmen der Corona-Schutzverordnungen von den Zulassungsbehörden nicht geändert. Die NordWestBahn darf und kann hier nicht eigenmächtig handeln“, erklärt das Unternehmen.

Fraglich, wie man sich als Passagier an Abstandsregeln halten soll, wenn Züge – trotz einer, laut Verkehrsunternehmen, durchschnittlichen Auslastung von 25 bis 30 Prozent – zur Hauptverkehrszeit teilweise noch immer gut gefüllt sind. Wichtig sei, so Dr. Thomas Voshaar, dass Menschen Situationen mit erhöhtem Risiko – kleine Räume, viele Menschen – erkennen und sich dementsprechend verhalten. „Dann kommen wir auch durch diese Pandemiezeit hindurch“, sagt der Lungenexperte.

>>>Die Zahlen zu Ausbrüchen aus dem RKI

Im Epidemiologischen Bulletin vom 17. September veröffentlichte das Robert-Koch-Institut (RKI) eine Studie zum Umfeld von Corona-Ausbrüchen. Hier wurden für die öffentlichen Verkehrsmittel nur eine sehr geringe Anzahl von Ausbrüchen und Fällen erfasst – darunter kein einziger für die Bahn.

Die meisten Infektionen scheinen, nach den Zahlen, im privaten Haushalt stattzufinden. Allerdings gibt es für einen Großteil der gemeldeten Fälle keine Informationen darüber, wo sich die Menschen angesteckt haben. Zudem ist auch die Anzahl der nicht erfassten (z.B. symptomfreien) Infektionen unbekannt.

Ein Videointerview mit Dr. Thomas Voshaar zum Thema Corona gibt es unter www.nrz.de/corona-experte