Lüttich. Lägen die Corona-Krisenstädte aus NRW in Belgien – sie würden dort beneidet. In der Region nahe Aachen ist es ernst, Kliniken sind überfüllt.
Angesichts deutlich steigender Corona-Fallzahlen in Belgien und den Niederlanden nehmen deutsche Kliniken vermehrt Patienten aus den Nachbarländern auf. Besonders dramatisch ist die Situation in der Provinz Lüttich und der deutschsprachigen Region Belgiens direkt hinter Aachen. 30 Prozent des Pflegepersonals an den Lütticher Kliniken wurden positiv auf Corona getestet, kommen aber – solange sie symptomfrei sind – trotzdem zur Arbeit, weil die Kliniken es sonst nicht schaffen, so der WDR.
In Lüttich will der Bürgermeister jetzt die Armee bitten, in einem aufgegebenen Krankenhaus Feldlazarett zu errichten, da sich die Zahl der Klinikpatienten mit Covid-19 binnen einer Woche verdoppelt hat. Das Krankenhaus in Eupen hat keine freien Betten mehr. Das nur 20 Kilometer entfernte Aachener Uni-Klinikum hat sich gestern bereit erklärt, Patienten aufzunehmen, weitere deutsche Kliniken in der Grenzregion sollen bald folgen, so das Land NRW, das am Donnerstag eine entsprechende Vereinbarung mit dem Gesundheitsminister des deutschsprachigen Teils von Belgien traf.
Personalmangel: Auch coronapositiv getestete Pflegekräfte müssen arbeiten
Auch die Niederlande suchen Hilfe: Ein Hubschrauber transportierte am Freitagmorgen einen ersten niederländischen Patienten in ein Krankenhaus nach Münster. Das teilte das Koordinierungszentrum in Rotterdam mit. Ein zweiter Flug ebenfalls von Almere nach Münster sollte folgen.
Doch Belgien mit seinen rund elf Millionen Einwohnern ist noch schlimmer getroffen, zählt derzeit mehr als 10.000 neue Corona-Infektionen pro Tag, allein in der Provinz Lüttich mit ihren gut 1,1 Millionen Einwohnern werden rund 2000 neue Fälle täglich registriert. Das kleine belgische Städtchen Bütgenbach in der Eifel, mit seinen 5600 Einwohnern zählte in den letzten zwei Wochen 226 Fälle: Das sind vier Prozent der Bevölkerung - direkt hinter der deutsch-belgischen Grenze in der Eifel.
Das Land zählt bereits jetzt mehr als 30 Coronatote pro Tag
Schon jetzt sprechen Fernsehsender aus dem In- und Ausland von Lüttich als dem „Bergamo an der Maas“. Die Bilder von gestapelten Särgen in der norditalienischen Stadt waren zu Beginn der Pandemie um die Welt gegangen. So schlimm ist es in Belgien noch nicht. Aber das Land zählt pro Tag derzeit bereits über 30 Corona-Tote. Belgiens Chef-Virologe Steven van Gucht warnt: In jeder dritten Senioreneinrichtung Walloniens gibt es bereits mindestens einen Corona-Fall. Und die Altersgruppe der Menschen über 90 ist die, in der die Fälle am stärksten zunehmen.
Der Corona-Tsunami in Belgien wird vor allem auf die widersprüchlichen Regelungen in den drei Landesteilen und den zehn Provinzen zurückgeführt. . Immerhin müssen jetzt Freizeitparks zunächst für vier Wochen schließen. Restaurants, Cafés und Bars sind bereits geschlossen, ab Mitternacht gilt eine fünfstündige Ausgangssperre, an Universitäten dürfen die Räume nur zu 20 Prozent ausgelastet werden. Veranstaltungen dürfen mit maximal 40 Teilnehmern stattfinden.