An Rhein und Ruhr. Laut einem LKA-Lagebild stieg die Fallzahl im Jahr 2019 um mehr als 77%. Anleger wurden um insgesamt fast 26 Millionen Euro geprellt.

Geprellte Anleger haben im Jahr 2019 verstärkt die Polizei in Nordrhein-Westfalen beschäftigt. Die Beamten zählten insgesamt 356 Fälle von Anlagebetrug, 155 mehr als im Vorjahr - ein Plus von satten 77,11%. Fachleute vom Landeskriminalamt (LKA) sehen einen Zusammenhang mit der anhaltenden Niedrigzinsphase.

Auffällig: Laut einem jetzt veröffentlichten LKA-Lagebild (5. Oktober 2020) sind die Fallzahlen bei der Wirtschaftskriminalität insgesamt gesunken. Speziell im Anlage- und Finanzierungsbereich schossen sie im Jahr 2019 aber nach oben. In vielen Fällen spieltedas Internet als Tatmittel eine Rolle. Durch Anlagebetrug da in NRW entstand ein Gesamtschaden von exakt 25.748.868 Euro, im Vorjahr waren es noch knapp 10,28 Millionen Euro gewesen.

Unseriöse Anbieter im Internet

Die Experten vom LKA glauben, dass der Anstieg damit zu tun haben könnte, dass Sparbücher, Festgeld und Tagesgeldkonten seit geraumer Zeit kaum Zinsen bringen. "Es ist anzunehmen, dass die Bereitschaft potentieller Anleger für Investitionen in Risikoanlagegeschäfte zunimmt", heißt es im Lagebild. Dies berge die Gefahr, dass man im Internet auf unseriöse Anbieter stoße.

Insgesamt zählte die Polizei in NRW im vergangenen Jahr 6602 zur Anzeige gebrachte Fälle von Wirtschaftskriminalität, knapp 1090 weniger als im Jahr 2018 - und so wenig wie seit 1993 nicht mehr. Deutliche Rückgänge gab es z. B. bei Wettbewerbsdelikten (50,57% weniger Fälle), nahezu unverändert war die Zahl der Insolvenzdelikte (-2,50%).

Polizei warnte vor "Fake-Shops" im Internet

Laut Lagebild haben Wirtschaftskriminelle 2019 in NRW für einen Gesamtschaden von insgesamt 466.347.798 Euro gesorgt - knapp 24% mehr als im Vorjahr. Rein rechnerisch schlägt jeder einzelne Fall mit 70.637 Euro zu Buche. Da dürfte so mancher Bankräuber von träumen. Die Gesamtschadensumme war den Angaben zufolge die zweitniedrigste seit 2010. Einzelne Großverfahren können die Statistik aber schnell drehen.

Die Ermittler gehen zwar von einem teilweise erheblichem Dunkelfeld aus. Die Fachleute beim LKA sind aber überzeugt, dass die gesunkenen Fallzahlen auch mit Aufklärungs- und Präventionskampagnen zu tun haben. So hatte die Polizei in NRW mehrfach vor sogenannten "Fake-Shops" im Internet gewarnt - augenscheinlich mit Erfolg; die Fallzahl nahm hier von 2018 auf 2019 um mehr als 87% ab.

Ermittlungen gegen Chefs von Firmengruppe

Mehrere große Wirtschaftsverfahren beschäftigten im Jahr 2019 Ermittler in NRW. Wegen des Verdachts des Betruges, des Bankrotts und der Insolvenzverschleppung ermittelten Beamte des Polizeipräsidiums Essen zum Beispiel gegen Verantwortliche einer Firmengruppe, die Mobilfunk- und Energieverträge vermittelte sowie Sendezeit auf dem firmeneigenen TV-Sender feilbot. Der Gesamtschaden: mindestens 12.204.287 Euro bei rund 17.000 Opfern.