Moers. Kunst kann mahnen, weh tun – und dabei auch schön sein, ästhetisch. Zu entdecken im „Seewerk“ in Moers. Heute und morgen inklusive Kunstaktionen.
„König David“ wird noch einmal zu sehen sein, die kleine, fast vergessene Bleiskulptur von Joseph Beuys, aus dem Besitz von Erdmute Herzfeld, der Witwe des Künstlers Anatol. Ein König mit schiefer Krone, der alleine nicht stehen kann – der ein Volk führen soll aber selbst immer wieder umfällt – wenn man ihm nicht seinen Sockel hält...
Hier gibt’s alle Infos zum „Seewerk“
Nun, das ist nicht das einzige Kunstwerk, das in der Jahresausstellung von Galerie und Museum „Das Seewerk“ am Silbersee mehr Botschaften in sich trägt als „nur“ die schöne, ästhetische. Die Zeiten sind nicht nur schön und auch deshalb ein prächtiger Nährboden für gesellschaftliches Mitdenken und politisches Unbehagen – die Kunst ist mitten drin, inhaliert den Zeitgeist, sucht nach Antworten, zeigt auf – und mahnt.
Und das tut sie bunt und nachdenklich, ästhetisch und ängstlich, frech und protzig, zart und aufbrausend, hart und immer wieder überraschend – und schön.
Felix Droese auf der Kulturinsel
Felix Droese ist so einer, der sich einmischt, der das, was ihn politisch touchiert, in Kunst umsetzt. Auf der Kulturinsel „Nepix Kull“ im Moerser Schlosspark wehen seine Fahnen, alle tragen eine Botschaft: „Wir Kinder haben Rechte!“ Im Seewerk haben Inhaber Franks Merks und Angelika Petri ihm einen großen Raum gegeben – im Zentrum die „Sterbenden Türen“ – Licht und ganz viel schwarze, japanische Tusche zwingen geradezu zum Eintauchen und Entdecken!
Pit Bohne ist dabei. Und Kina Maua.
Der Moerser Pit Bohne ist dabei – u.a. hängen Skulpturen an Fleischerhaken – Tönnies lässt grüßen. Dini Thomsen, Künstlerin aus Huisberden (Kreis Kleve) hat das „Boot“ mitgebracht – ein rostiges Gerippe auf schwarzem Tuch – wer denkt da nicht an die Flüchtlingsboote auf dem Mittelmeer?
Kina Maua, die ihre Wurzeln in Afrika hat, hat eine dreiteilige Installation für das Seewerk erarbeitet, die sich mit dem Schicksal der Flüchtlinge, Rassismus und Gott auseinandersetzen. „Meine Arbeiten konzentrieren sich auf soziale Vorurteile und Rassenintoleranz“, sagt sie. Arbeiten, die ein Spiegelbild ihrer Erfahrungen sind.
Und dann steht da die noch Unvollendete, ein Prachtweib, groß und stark, man spürt, wenn die mit Stahl bekleidete hölzerne Lady die Faust ballen könnte, sie würde sie krachend auf die Intoleranz der Menschheit niedersausen lassen. Frank Merks hat die Skulptur noch nicht ganz fertig, heute kann man ihm bei der Vollendung zuschauen.
Im Skulpturenpark wachsen Pilze
„Fatima“ heißt das Werk. „Fatima al-Fihri“ – eine in der Tat starke und unverrückbare Frau, gestorben um das Jahr 800 herum, Gründerin der, Achtung: ersten Universität der Welt – in Fes, Marokko. Und Gründerin der Moschee al-Qarawiyin, die heute noch bestehende und bedeutsamste Moschee Marokkos.
Zwanzig Künstler und Künstlerinnen stellen ihre Arbeiten vor - Vinissage am 27. September
Zwanzig Künstler stellen sich vor im Seewerk, große Arbeiten sind darunter – wie die Mushrooms von Irmin Kamp, draußen, im Skulpturenpark, durch den man wunderbar lustwandeln kann.
Ganz kleine Werke sind dabei – indoor – brav drapiert auf dem sich drehenden Long-Tablett eines ehemaligen Sushi-Karussells. Mini-Biennale nennt Angelika Petri die ungewöhnliche Präsentation. Gudrun Kleffe ist dabei mit ihren „Traumtüren“ und verletzten Stoffen.
Das SEEWERK
Das SEEWERK bietet mit seinen großen Ausstellungen ein Forum für zeitgenössische Kunst.
Das Konzept ist eine Mischung aus arrivierter und junger Kunst, verbunden mit begleitenden Aktionen wie Musik, Performances und Kinderprogrammen.
Frank Merks und Angelika Petri haben in der ehemaligen Dujardin-Fabrik auch ein Museum mit mehr als 80 Arbeiten des verstorbenen Künstlers Anatol Herzfeld eingerichtet.
Das SEEWERK, Silberseeweg 1a, 47447 Moers;
02841- 88 68 78www.das-seeweerk.de
Und dann kann man ja auch noch die obere Etage der ehemaligen Dujardin-Fabrik erklimmen. Viel Platz ist da. Für Felix Droese, ja. Und, zum Beispiel, auch für die großen „Scheiben“ von Ivica Matijevic, erstellt in einer besonderen Technik, die ein wenig an Archäologie erinnert: Es werden immer und immer wieder Farbschichten – auf hölzernem Untergrund – aufgetragen, dann wieder abgeschliffen, wieder aufgetragen, wieder abgeschliffen – bis ein wunderbar ebenes, glattes, haptisches Bunt entsteht...
Gleich daneben Rita Lazzaro – eines ihrer Hauptthemen: Unser Umgang mit der Natur, ihr Bewahren und die Weitergabe an die nächste Generation.
Bücher aus selbstgeschöpftem Papier – und die Farben spenden Gewürze und Pflanzen
Ihre Bücher schöpft sie selbst aus Papierguss bzw. Baumwollguss – darin befinden sich unterschiedlichste Samen. Die Farben ihrer Arbeiten sind aus Gewürzen, Pflanzen oder Pigmenten hergestellt.
Es gibt wahrlich viel zu entdecken in der Jahresausstellung im Seewerk, die heute und morgen noch geöffnet ist, 14 bis 19 Uhr.
Zudem werden heute mehrere Künstler*innen mit Aktionen dabei sein, u.a.:
Gudrun Kleffe: Kunst mit Nadel und Faden
Johannes Terbach: Steinbildhauerei (Skulptur aus Stein)
H.-W. Fassbender: Film im LOFT 47 zum Seewerk: Aufbau und Ausstellung
Frank Merks: Skulptur in Stahl und Holz fertigstellen
Shakti Tanztheater: Mitmach- Taiko – jeder, der sich an der großen Taiko-Trommel versuchen möchte, bekommt eine Einführung und die Möglichkeit dazu.