Herne/Moers. Mirko Bultmann erkrankte im März schwer an Corona und kam auf die Intensivstation. Als seinen Lebensretter bezeichnet er einen Moerser Arzt.

„Ich hatte mich schon von meiner Frau verabschiedet, habe ihr gesagt, dass ich einfach nicht mehr kann.“ Mirko Bultmann hatte Corona und ist, wie er selbst sagt, „fast daran gestorben.“ Dabei fing die Krankheit bei dem 40-Jährigen aus Herne zunächst mit nur leichten Symptomen an.

Am 16. März behandelte der Physiotherapeut, der seine Praxis in Castrop-Rauxel betreibt, eine Patientin, die wenige Tage zuvor aus Ischgl zurückgekommen war. „Da war noch nicht klar, dass dieser Ort so ein Corona-Hotspot war“, erklärt Bultmann. 25 Minuten war er mit der Frau in einem Raum, einige Tage später rief sie an, weil es in ihrem Umfeld positiv Getestete gab.

Der Physiotherapeut merkte auch zehn Tage später nichts von einer Infektion, dann bekam er Kopfschmerzen, schloss die Praxis und schickte seine 15 Angestellten nach Hause. „Es ging mir dann sehr schnell sehr schlecht“, berichtet Bultmann. Und das, obwohl der 40-Jährige vorher topfit war, viel Sport trieb und selten überhaupt eine Erkältung hatte. „Ich bekam hohes Fieber, hatte Atemnot und am ganzen Körper Schmerzen.“ Der Corona-Test war positiv, aber das war Bultmann ohnehin klar.

„Ich habe mich ein bisschen wie das Versuchskaninchen gefühlt“

Acht Tage verbrachte der Herner noch zu Hause, mit so viel Abstand wie möglich zu seiner Ehefrau. „Sie war zu diesem Zeitpunkt hochschwanger mit Drillingen, das war eine unfassbar belastende Situation für uns“, erzählt er. Seine Frau habe ebenfalls Erkältungssymptome gehabt, sei aber nicht getestet worden. „Wir gehen davon aus, dass sie auch Corona hatte, jedoch mit leichtem Verlauf.“ Bei Bultmann verschlechterte sich der Zustand aber „Mein Hausarzt hat mich dann mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus einliefern lassen“, erzählt er.

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Dort verbrachte er einige Tage auf einer Quarantäne-Station, die gerade erst eingerichtet worden war. „Ich war der erste Fall dort und ich war auch direkt ein schwerer Fall. Die Mitarbeiter waren mit mir vollkommen überfordert“, schildert der 40-Jährige. Keiner habe ja zu diesem Zeitpunkt Erfahrung mit dem Virus gehabt, die Abläufe seien noch nicht eingespielt gewesen. „Und nichts hat geholfen, auch nicht das Malaria-Medikament. Ich habe mich ein bisschen wie das Versuchskaninchen gefühlt.“

Sorge um die hochschwangere Frau

Aber das Schlimmste, sagt Bultmann, sei die Einsamkeit gewesen. „Keine Besuche, nur Anrufe und WhatsApp-Nachrichten.“ Dazu die Sorge um seine schwangere Frau. „Die Angst und die Unsicherheit, wie es weitergehen würde, waren für sie schrecklich“, beschreibt er. Bultmann bekam eine schwere Lungenentzündung und kam auf die Intensivstation, die Ärzte wollten ihn ins künstliche Koma verlegen. „Ich war so schwach, dass ich meiner Frau eine Sprachnachricht gesendet und mich verabschiedet habe.“

Auf keinen Fall jedoch wollte er künstlich beatmet werden. Bultmanns Schwager, der im Bethanien Krankenhaus in Moers arbeitet, trat mit dem dortigen Leiter der Intensivstation, Dr. Patrick Stais, in Kontakt. „Mein Schwager wusste, dass sie in Moers Mund-Nasen-Masken für eine nicht-invasive Beatmung verwenden und mit dem Intubieren so lange wie möglich warten“, so der Physiotherapeut.

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Die Herner Ärzte nahmen die Ratschläge ihres Moerser Kollegen an, Bultmann bekam eine solche Atemmaske. „Es ging mir dann tatsächlich schnell besser“, erklärt er. „Nach drei Tagen konnte ich die Intensivstation verlassen.“ Durch die Maske sei seine Lunge wieder frei geworden. „Das muss man aber üben, die Maske drückt die Luft in die Lunge, was sehr gewöhnungsbedürftig ist und Panik auslösen kann“, erklärt der 40-Jährige.

Noch lange nicht wieder bei alter Stärke

Ihm half die Behandlung jedoch. „Dr. Stais ist für mich mein Lebensretter, er hat sich für mich eingesetzt, ohne mich überhaupt zu kennen.“ Er habe ihn nach seiner Entlassung in Moers besucht und sich persönlich bedankt. Im Bethanien Krankenhaus fand auch die Nachuntersuchung statt. „Ich bin gesund, die Lunge hat keine Schäden zurückbehalten“, sagt Bultmann. Nur bis er wieder die alte Kraft zurückgewonnen hat, wird es noch dauern. Zehn Kilogramm hat der Herner abgenommen und vor allem viele Muskeln verloren. „Ich bin noch lange nicht wieder der Alte.“

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Das falle ihm schon bei einfachen Tätigkeiten auf. Zu früh sei er wieder voll in den Beruf eingestiegen, aufgrund seiner Selbstständigkeit nahm Bultmann auch keine Reha in Anspruch. „Das hat mich jetzt eingeholt.“ Für ihn stehen deswegen nun verstärkt Atem- und Muskelaufbauübungen auf dem Programm. „Ich hätte nie gedacht, dass es mich so treffen könnte“, sagte er. „Jetzt will ich wieder stärker werden.“ Die überstandene Corona-Erkrankung ist für Bultmann nicht der einzige Grund, positiv nach vorne zu schauen. Mitte Juni brachte seine Frau drei gesunde Babys zur Welt, Bultmann konnte bei der Geburt dabei sein.