An Rhein und Ruhr. Umweltschützer haben beim Oberverwaltungsgericht in Münster Klage eingereicht - und rechnen sich gute Chancen aus.

Kein Geheimnis: Umweltverbände in NRW sind mit der amtierenden schwarz-gelben Landesregierung sehr unzufrieden. Mit der kürzlich gestarteten Volksinitiative Artenvielfalt machen sie politisch Druck und sammeln Unterschriften. Der BUND geht nun auch juristisch in die Offensive und hat beim Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster Klage gegen den geänderten Landesentwicklungsplan eingereicht, wie der Umweltverband an diesem Mittwoch (12. August 2020) erklärte.

Mit den im vergangenen Sommer rechtskräftig gewordenen Änderungen hatten CDU und FDP Flächenverbrauch für Industrie-Vorhaben, Siedlungen und Kiesabgrabungen erleichtert. Dass Ziel, den Flächenverbrauch nrw-weit auf fünf Hektar pro Tag und langfristig auf Null zu begrenzen, wurde aufgegeben. Für neue Windräder wurde ein Mindestabstand von 1500 Meter zu Wohnhäusern vorgegeben. Mehrere Regionalflughäfen wurden aufgewertet - mit Konsequenzen für den etwaigen Ausbau.

"Hier wurde lediglich der Koalitionsvertrag exekutiert"

Allerdings: Aus Sicht des BUND und seiner Juristen hat die Landesregierung diese Änderungen nicht vernünftig begründet und nicht - wie eigentlich vorgeschrieben - deren Folgen abgeschätzt. So sei beispielsweise nicht herausgearbeitet worden, was die Restriktionen bei der Windkraft für den eigentlich vom Klimaschutz-Gesetz gewollten Ausbau der Erneuerbaren Energien bedeuten - ebenso nicht, was die Änderungen beim Flächenverbrauch für die eigentlich vom Bundesrecht geforderte Reduzierung desselben.

Von einem "totalen Abwägungsausfall", spricht man beim BUND. Und die Öffentlichkeitsbeteiligung sei "eigentlich nur eine Farce" gewesen. "Hier wurde lediglich der Koalitionsvertrag exekutiert", meinte Rechtsanwalt Dirk Teßmer aus Frankfurt. Tatsächlich wird bei den Änderungen immer wieder auf den Koalitionsvertrag von 2017 verwiesen. BUND-Landesvize Thomas Krämerkämper hält die Änderungen für "rein ideologiegetrieben".

Bundesweit erste Klage dieser Art

Der BUND reagiert mit der bundesweit offenbar ersten Klage eines Umweltverbandes gegen eine Landesentwicklungsplan-Änderung. "Das ist ein Präzendenzfall", hieß es. Der BUND hat zudem eine sogenannte "Mängelrüge" bei der Landesplanungsbehörde eingereicht. Klageverfahren beim OVG nehmen erfahrungsgemäß längere Zeit in Anspruch. Anwalt Teßmer hält es möglich, dass es erst in 2022 eine Entscheidung geben könnte.

Die Umweltschützer wollen erreichen, dass die Änderungen des Landesentwicklungsplanes aufgehoben werden. Anwalt Teßmer rät Kommunen, Planungsvorhaben einstweilen ganz besonders sorgsam zu beurteilen. Für die Klage rechnen sich der BUND und seine Juristen gute Chancen aus.

Entscheidung zu einem Windkraftprojekt

Ein Indiz: In einer Entscheidung vom Januar 2020 zu einem Windkraft-Projekt in Südwestfalen hatte das OVG in der 1500-Meter-Abstandsvorgabe des Landesentwicklungsplanes lediglich "einen politischen Willen" erkennen können, der aber "aber keine sachgerechte Abwägung der nach Bundesrecht zu berücksichtigenden Belange ersetzt".