An Rhein und Ruhr. Nur wer eine Maske trägt, darf Bus und Bahn fahren. Unser Test zum Schulstart zeigt aber: Einige nehmen es mit der Maskenpflicht nicht so genau.
Mittwochmorgen am Moerser Bahnhof: Rund 20 Meter vor der Bushaltestelle hält gegen 7.20 Uhr ein schwarzer Pkw. Ein Mann steigt aus und winkt mit dem rechten Arm einen Jungen herbei. Während der Schüler die Straße überquert, kramt der Mann ungeduldig im Seitenfach. Dann endlich die Erleichterung: Ohne viele Worte zu wechseln, drückt er dem Jungen eine Atemmaske in die Hand und fährt wieder los. Der Schüler hat Glück. Beinahe hätte er gleich am ersten Schultag nach den Sommerferien eine böse Überraschung erlebt.
Um das Infektionsrisiko möglichst gering zu halten, gilt in NRW in allen Bussen und Bahnen eine strenge Maskenpflicht – auch für Schüler. „Kinder und Jugendliche sind üblicherweise schon in der Lage, ihre Verantwortung für sich und für die anderen Fahrgäste zu verstehen und danach zu handeln“, sagt Michael Block, Pressesprecher der Niederrheinischen Verkehrsbetriebe (Niag). Die Sicherheit und die Gesundheit aller Fahrgäste hätten oberste Priorität. „Dazu gehört dann leider in letzter Konsequenz auch, dass Fahrgäste ohne Mund-Nasen-Schutz nicht mitfahren dürfen.“
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Auch bei der Duisburger Verkehrsgesellschaft (DVG) würden beim Thema Atemschutz keine Ausnahmen gemacht: „In den Fahrzeugen sowie an Haltestellen besteht Maskenpflicht“, betont Pressesprecherin Kathrin Naß. „Wer die Maske auch nach einem freundlichen Hinweis nicht aufsetzt, muss Bus oder Bahn verlassen.“ Aber halten sich wirklich alle Schüler an die Maskenpflicht? Und wie konsequent werden Verstöße geahndet? Um das herauszufinden, haben wir uns pünktlich zum Schulstart in die Buslinie 911 Richtung Ruhrort Verteilerkreis gesetzt.
Abstände an Haltestellen werde weitgehend eingehalten
Auf beiden Straßenseiten haben sich gegen 7.30 Uhr rund 30 Schüler versammelt. Die meisten Kinder und Jugendlichen halten ihre Atemmaske in der Hand oder tragen sie locker am Handgelenk. Einige Schüler stehen in kleinen Gruppen zusammen. Andere warten etwas weiter abseits und vertreiben sich die Zeit mit Musik oder ihrem Smartphone. Der Mindestabstand wird an den Haltestellen weitgehend eingehalten – bis um 7.31 Uhr die Buslinien 4, 921 und 911 gleichzeitig eintreffen.
Rund 30.000 Schüler haben die Niag vor der Corona-Krise nach eigenen Angaben befördert. Wie sich die Fahrgastzahl nach den Sommerferien entwickelt, sei schwer vorherzusagen. „Eine geringere Nutzung des ÖPNV durch Schülerinnen und Schüler ist angesichts der Corona-Situation nicht auszuschließen“, so Block. „Zudem wird angesichts des sommerlichen Wetters wahrscheinlich häufiger das Fahrrad für den Schulweg genutzt.“ Bereits vor Fahrtbeginn zeigt das Thermometer am Handy 21 Grad an. Noch ist die Wärme erträglich, doch das soll sich bald ändern.
Nach wenigen Minuten wird es warm unter der Maske
Nach kurzer Hektik haben sich die Schüler gleichmäßig im Bus verteilt. Die 911 ist gut gefüllt, einigen Jugendlichen bleibt nur noch der Stehplatz im Gang. An die Einhaltung der Abstandsregel ist jetzt nicht mehr zu denken, aber die gilt in Bussen und Bahnen ohnehin nicht. Ein Rundblick durch die 911 zeigt: Alle Fahrgäste haben ordnungsgemäß ihren Mundschutz aufgesetzt. Schon nach wenigen Minuten staut sich unter der Atemmaske die Wärme. An der Haltestelle Schacht IV zieht ein erster Schüler den Mundschutz unter die Nase.
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Gegen 8 Uhr erreicht der Bus sein Ziel. Die Fahrerin öffnet ihre mit einer Plexiglasscheibe geschützte Kabine und zündet sich vor dem Fahrzeug eine Zigarette an. „In zehn Minuten geht es weiter.“ Die Einhaltung der Maskenpflicht sei für sie kaum zu kontrollieren. „Ich sehe nicht, ob jemand in den hinteren Reihen die Atemmaske absetzt“, erzählt die Busfahrerin. Die meisten Fahrgäste hätten jedoch Verständnis für die Corona-Maßnahmen und würden sich entsprechend verhalten.
Busfahrerin: „Ich werde kein Kind stehen lassen“
Die strenge Maskenpflicht sieht die Busfahrerin problematisch: „Kinder sind auch mal schusselig und vergessen den Atemschutz.“ Lassen Kinder ihre Maske jedoch versehentlich im Klassenraum liegen oder verlieren sie auf dem Weg zum Bus, dürfe sie die Schüler streng genommen nicht mitnehmen. „Ich werde aber kein Kind vor meinem Bus stehen lassen.“ Das könne sie als Mutter nicht übers Herz bringen. „Ich gucke mal, dass ich ein Paket Ersatzmasken bekomme.“
Auch die Stadtwerke Oberhausen (Stoag) würden nach Aussage von Pressesprecherin Sabine Müller keinen Schüler des Busses verweisen, weil er oder sie keine Maske dabei hat. „Unsere Servicemitarbeiter haben für solche ‘Notfälle’ Einmalmasken mit dabei“, so Müller. „Es wird kein Kind stehengelassen.“ Anders ist die Situation bei der DVG: „Ersatzmasken können von uns nicht ausgeteilt werden“, teilt Pressesprecherin Naß mit. Die Maskenpflicht bestehe in NRW ab einem Alter von sechs Jahren und gelte somit auch für Schulkinder.
Disziplin lässt mit steigender Temperatur nach
Um 8.07 Uhr geht die Fahrt weiter. Am Moltkeplatz klettern die Temperaturen auf 23 Grad. Im Bus ist es gefühlt noch zwei, drei Grad heißer. Ein Mann steigt ohne Maske ein, setzt sich in die hinterste Reihe und telefoniert. Auch unter den hinzugestiegenen Schülern tragen außerhalb des Sichtfelds der Busfahrerin immer mehr Fahrgäste den Mundschutz lose unter der Nase. Geahndet werden die Verstöße nicht.
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Wenige Minuten später erreicht der Bus den Moerser Bahnhof. Beim Ausstieg herrschen bereits 24 Grad. Bis zum Mittag soll es noch neun Grad wärmer werden, doch schon jetzt erfordert das Tragen der Atemmaske viel Durchhaltevermögen. Nach rund einer Stunde ist unsere Testfahrt vorbei. Die große Mehrheit der Schüler hat sich an die Maskenpflicht gehalten. Mit zunehmender Hitze fällt es den Fahrgästen aber offenbar immer schwerer, den Atemschutz zu tragen. Auch wir sind froh, als wir den Bus verlassen können.
>>> 150 Euro Strafe für Busfahren ohne Mundschutz
Wer in NRW im öffentlichen Nahverkehr keine Maske trägt, kann seit Mittwoch ohne vorherige Ermahnung zu einem Bußgeld von 150 Euro verdonnert werden. Zur Einhaltung der Maskenpflicht führe die DVG seit Mitte Juni verstärkt Kontrollen in Bussen, Bahnen und an Haltestellen durch. „Dazu sind täglich Kontrolleure der DVG im Liniennetz unterwegs, die neben den Tickets auch die Maskenpflicht überprüfen“, so Pressesprecherin Naß.
Auch die Stoag und Niag überprüfen nach eigenen Angaben regelmäßig die Maskenpflicht. „Wir werden sehr breit angelegt in einem engeren Raster kontrollieren“, sagte Niag-Sprecher Block. „Es dürften also recht viele Fahrgäste in den kommenden Wochen kontrolliert werden.“