An Rhein und Ruhr. In keinem Bundesland ist der Eigenanteil bei der stationären Pflege höher. Linkspartei und Sozialverband VdK fordern Vollversicherung.

Mehr als die Hälfte der stationär versorgten Pflegebedürftigen in NRW ist auf Sozialhilfe angewiesen. Die Linkspartei und der Sozialverband VdK fordern deshalb eine umfassende Reform der Pflegeversicherung hin zu einer Vollversicherung.

Nordrhein-Westfalen ist das Bundesland, in dem Menschen in Pflegeheimen bundesweit den höchsten Eigenanteil leisten müssen. Im Schnitt sind es in diesem Jahr 2405 Euro. Das berichtete kürzlich der Verband der Ersatzkassen (vdek). Auch Anfang 2018 lag der Eigenanteil in NRW mit 2331 Euro bundesweit an der Spitze.

Rund 89.000 auf Sozialhilfe angewiesen

Viele Pflegebedürftige können sich das nicht leisten und sind deswegen auf Sozialhilfe angewiesen. 2018 waren das in NRW rund 89.000 Menschen, wie aus Zahlen des Statistischen Bundesamtes hervorgeht, die die Linksfraktion im Bundestag bei der Bundesregierung erfragt hat. Das waren rund 11.000 mehr als im Vorjahr.

Aktuellere Zahlen gibt es noch nicht. Damit bezogen im Jahr 2018 exakt 50,1 Prozent der Menschen in stationärer Pflege in NRW Sozialhilfeleistungen.

Dietmar Bartsch kritisiert Gesundheitsminister Spahn

Angesichts der Entwicklung bezeichnet es Linksfraktionschef Dietmar Bartsch es als „großes Versäumnis“, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) „noch immer kein Konzept gegen explodierende Eigenanteile in Pflegeheimen vorgelegt hat“.

Die Bundesregierung habe zugesehen, wie die „Pflege zur Armutsfalle wurde“, kritisiert der Linkspolitiker gegenüber der NRZ.

VdK erinnert an gebrochenes Versprechen

Bartsch wirbt dafür, die Pflegeversicherung zu einer Pflegevollversicherung aufzubauen. „Hier zahlen alle Bürger ein und alle Pflegeleistungen werden übernommen“, so der Linksfraktionschef. Gebe es keine Umkehr, stünde die „Akzeptanz und Legitimation der gesetzlichen Pflegeversicherung auf der Kippe“, warnt Bartsch.

Horst Vöge, der Landesvorsitzende des Sozialverbands VdK, erinnert daran, dass die Pflegeversicherung vor 25 Jahren mit dem Versprechen eingeführt wurde, sie werde das Abrutschen in die Sozialhilfe verhindern und die Kommunen entlasten. „Diese Versprechen wurde offensichtlich nicht erfüllt“, sagte Vöge der NRZ.

Reform kommt später - wenn überhaupt

Bundesgesundheitsminister Spahn habe eigentlich in diesem Sommer eine Reform zur Senkung der Eigenanteile vorlegen wollen. Wegen der Corona-Pandemie solle nun erst im Herbst ein Kassensturz gemacht werden, um zu prüfen, ob eine solche Reform überhaupt möglich ist, erklärt der Sozialverbands-Chef.

„Das ist zu wenig“, kritisiert Vöge, zumal zu befürchten sei, dass der Eigenanteil bei Lohnsteigerungen für das Pflegepersonal oder bei besseren Betreuungsschlüsseln weiter steigen werde.

Wie Bartsch fordert auch Vöge eine Vollversicherung. „Diese müsste bei Bedarf mit Steuermitteln unterstützt werden“, so der VdK-Landesvorsitzende.