An Rhein und Ruhr. Trockenheit, Waldbrandgefahr, Borkenkäfer: Revierförster Michael Herbrecht hat zwischen Wesel und Dormagen so viel Arbeit wie nie im Wald.
Die ganze Reihe von Birken an diesem schmalen Weg im Hünxer Wald ist abgestorben, sie sehen verdorrt aus, tote Äste ohne Blätter ragen in den Himmel. „Einige von ihnen haben Anfang des Jahres noch geblüht, jetzt hat ihnen die Trockenheit den Rest gegeben“, erzählt Förster Michael Herbrecht. „Die Birken sind Säufer, brauchen extrem viel Wasser und haben deswegen keine Chance.“ Sie sterben wegen der anhaltenden Dürre und den darauf folgenden Krankheiten extrem schnell ab. Und können dann jederzeit umkippen. „Wir kommen kaum nach, die Gefahrenbäume aus dem Wald zu räumen“, sagt Herbrecht. „Das bereitet mir im Moment die größten Sorgen, weil sie auf Straßen, Häuser und Spaziergänger stürzen könnten“, sagt der Förster.
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Seit fast 36 Jahren ist Herbrecht im Amt, sein Staatsforst-Revier reicht von Wesel bis nach Dormagen. Von seinem Sitz in der Schwarzen Heide in Hünxe aus überwacht und bewirtschaftet er etwa 2000 Hektar in acht Kommunen. „Es gibt wirklich nur wenig Positives zu berichten“, sagt Förster Michael Herbrecht. „Dem Wald geht es nicht gut.“ Das sei nicht neu, auch der zwischenzeitliche Regen habe daran nichts geändert. „Entscheidend ist vor allem, wann es regnet“, erklärt Herbrecht. „Die Bäume brauchen die Nässe im Sommer, nicht im Winter.“
Dürre hält seit über zwei Jahren an
Seit mehr als zwei Jahren sei es zu trocken, für dieses Jahr kann der Förster noch keine abschließende Prognose abgeben. Ein Blick auf die Auswertungen der Messstelle macht ihm aber wenig Hoffnung. „Die Trockenheit ist nach unserem Wissensstand ursächlich für alle Schädlinge, Pilze und Insekten, die jetzt die Bäume angreifen.“
Die Fichten, erzählt er, seien beispielsweise eigentlich alle tot. In ganz NRW würden Millionen tote Fichten im Wald liegen. Der Borkenkäfer hat hier ganze Arbeit geleistet. Aber auch der Kiefer gehe es auffallend schlecht. „Es ist ein Alarmsignal, wenn die alten Bäume sterben, selbst ihre tiefen Wurzeln also nicht mehr an Wasser kommen“, so Herbrecht.
Welcher Baum trotzt dem Klimawandel?
Auf einer Karte am PC kann der Förster genau sehen, an welchen Stellen in seinem großen Revier es sichtbare Schäden oder sogar Kahlflächen gibt. „Auf der Karte sieht das winzig klein aus. Es ist aber in Wirklichkeit unheimlich viel kaputt.“ Und das sei nicht zuletzt auch wirtschaftlich keineswegs von Vorteil. „Wir bewirtschaften den Wald für den Steuerzahler, 50 Prozent des deutschen Holzbedarfs kommt aus unseren heimischen Wäldern.“
Die eine Lösung, um den Wald zu retten und ihn fit für den Klimawandel zu machen, gebe es aber nicht. „Was bislang gut zu klappen scheint, ist die Risikostreuung“, erklärt Herbrecht. Aus Naturschutzgründen seien in der Vergangenheit immer nur die Bäume, die hier heimisch sind, gepflanzt worden. „Viele davon kommen aber offensichtlich mit unserem Klima nicht mehr zurecht“, so der Förster. Gemeinsam mit Jugendlichen der Fridays-for-Future-Bewegung wurden auf kahlen Flächen deswegen nun auch Douglasien, Küstentanne und Mammutbäume gepflanzt. Alle drei stammen aus Nordamerika. „Natürlich wollen wir Eiche, Buche und Birke behalten, schon allein, weil viele Tiere und Bakterien von diesen Bäumen abhängen“, erklärt Herbrecht.
Douglasie, Küstentanne und Mammutbaum werden jetzt gepflanzt
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Trotzdem sei es wichtig, Neues auszuprobieren. „Douglasie und Mammutbaum wachsen fantastisch, der Borkenkäfer geht nicht dran und die Trockenheit scheint ihnen nichts auszumachen.“ Ein Problem gibt es aber: Rehe und Hirsche mögen die jungen Triebe sehr gerne, Wolle an den Ästen soll die noch kleinen Bäumen vor Wildverbiss schützen. Auf anderen kahlen Flächen werde bewusst nichts neu gepflanzt. „Hier schauen wir genau, was auf natürliche Art und Weise nachkommt.“ Genau hinschauen müssen der Förster und seine vier Mitarbeiter ohnehin. Mit den Temperaturen und der Trockenheit steigt die Waldbrandgefahr.
Nach Angaben des deutschen Wetterdienstes gilt für fast ganz NRW die zweithöchste Warnstufe. Herbrecht weist auf das trockene Unterholz im Hünxer Wald. „Die meisten Spaziergänger können sich nicht vorstellen, wie schnell aus einer weggeworfenen Zigarette ein großer Brand werden kann.“
Hohe Waldbrandgefahr in den kommenden Wochen
Auch Michael Blaschke vom Landesbetrieb Wald und Holz NRW appelliert an die Bevölkerung, vorsichtig zu sein. „In diesem Jahr ist die Waldbrandgefahr deutlich höher als in den vergangenen Jahren“, so der Sprecher. Grundsätzlich gelte bis Ende Oktober ein Rauchverbot. Offenes Feuer ist nicht erlaubt, Müll und vor allem Glas sollten wieder mitgenommen werden.