Rheda-Wiedenbrück. Fleischverarbeiter Tönnies hat 15 neue Firmen gegründet. Versucht das Unternehmen so, die kommenden Gesetze auszuhebeln? Die Firma dementiert.
Für die Firma Tönnies ist es „ein völlig normaler Vorgang in einem internationalen Konzern“, Kritiker des Fleischverarbeitungskonzerns in Rheda-Wiedenbrück wittern den Versuch, das gerade vom Kabinett auf den Weg gebrachte Gesetz gegen Werkverträge auszuhebeln: Beim Amtsgericht Gütersloh hat der Konzern Mitte Juli neu gegründete Gesellschaften eintragen lassen. Die 15 Firmen heißen „Tönnies-Production“, fein säuberlich nummeriert von römisch I bis XV.
Experten fürchten, dass Tönnies versucht, das geplante Verbot von Werkverträgen auszuhebeln, da dieses erst für Betriebe mit mehr als 50 Mitarbeitern gelten soll – wobei Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) klarstellte, dass Handwerksbetriebe gemeint seien. Ob Tönnies seine 15 neuen Firmen nicht doch als „handwerkliche Fleischereien“ etikettiert, ist allerdings offen.
Vorratsgesellschaften sollen geplante Festanstellungen ermöglichen, so Tönnies
Die Lesart des Unternehmens: Man brauche „Vorratsgesellschaften“, um Rechtsgrundlagen für die geplante Festanstellung der ehemaligen Leiharbeiter und Werksverträgler zu regeln. „Vorsorglich haben wir deshalb diese Gesellschaften gegründet“, so ein Sprecher. Mit diesen Gesellschaften könne Tönnies Direkteinstellungen an verschiedenen Standorten und für die verschiedenen Gesellschaften im Konzern schnell umsetzen.
Von den Gewerkschaften und aus der Politik sind kritische Stimmen zu vernehmen: „Wir sind es gewohnt, dass die deutsche Fleischindustrie, sobald eine Gesetzesverschärfung ansteht, anfängt, Schlupflöcher zu suchen“, sagte SPD-Fraktionsvize Katja Mast dem „Handelsblatt“.
Auch NRW-Gesundheitsminister Laumann (CDU) mahnte die Fleischindustrie „nicht schon jetzt darüber nachzudenken, wie die geplanten guten Regelungen zum Schutz der Arbeitnehmerrechte unterlaufen werden können.“
Fernsehmagazin „Monitor“ berichtet von falsch positiven Corona-Test-Schreiben
In einem Bericht des ARD-Magazins Monitor ist unterdessen von zahlreichen falsch positiven Corona-Schreiben die Rede, mit denen die bereits vier Wochen andauernde Quarantäne für zahlreiche Tönnies-Beschäftigte verlängert worden seien. In zahlreichen Schreiben wurden die Bewohner aufgefordert, weiter in Quarantäne zu bleiben, weil Tests positiv ausgefallen seien, sie weiter Symptome zeigten oder zu Corona-Patienten Kontakt gehabt haben.
Die Bewohner bestreiten dies, viele haben negative Corona-Tests vorzuweisen und seien seit Wochen symptomfrei, heißt es in dem Beitrag. Die Gesundheitsämter der Kommunen und des Kreises sprechen von irrtümlich versandten Serienbriefen und schieben sich wechselseitig den schwarzen Peter zu. Rechtsexperten sprechen in dem ARD-Beitrag von „Freiheitsberaubung“.