Kranenburg. Rechts und links der Knotenpunkt-Radtouren im Kreis Kleve gibt es spannende Geschichten. Die vom wundertätigen Kreuz in Kranenburg, zum Beispiel.

So modern und rational der Mensch ja denken mag und auch sein will – so sehr üben doch Orte, an denen Ungewöhnliches geschah, ihre geradezu magische Anziehungskraft aus.

Im Rahmen unserer Sommerserie „Radeln nach Zahlen im Kreis Kleve“ gucken wir ab heute mittwochs und samstags auf Ereignisse, Menschen und Geschichten, die rechts und links der Knotenpunkt-Routen schlummern. In Kranenburg, zum Beispiel.

Allein der Name des Weges, der zu einem dieser mystischen Orte führt, regt die Phantasie und vielleicht auch die Legendenbildung an: Galgensteeg. „Es sind nur etwa anderthalb Kilometer bis dort“, hat Dechant Scholten, Pfarrer an St. Peter und Paul Kranenburg, gesagt. „Fünf Autominuten.“

Das ist es, hier ‘mal ohne Gittertürchen davor: das „Wundertätige Kreuz von Kranenburg“.
Das ist es, hier ‘mal ohne Gittertürchen davor: das „Wundertätige Kreuz von Kranenburg“. © Marc Albers

Stimmt – man muss nur durchhalten und vertrauen, dass am Ende dieses Sträßchens tatsächlich noch etwas kommt. Aber dann: Rechter Hand, das Zeichen „P“, ein kleiner huckeliger Parkplatz am Rande des Reichswaldes. Völlig unspektakulär. Das Besondere fällt dennoch sofort ins Auge: eine mannshohe Basaltstele mit einem Guckloch.

Ein Guckloch

Und wenn man durch dieses Loch guckt, sieht man tatsächlich die Kirche St. Peter und Paul wieder. Das Besondere: Hier soll der Baum gestanden haben, aus dem vor vielen hundert Jahren jenes hölzerne Kreuz herausfiel, das seit Generationen als „wundertätiges Kreuz von Kranenburg“ verehrt wird.

Ein Schafhirte soll, so will es die Legende, nach einem Gottesdienst zu Ostern 1280 zu seinen Schafen zurückgekehrt sein und die Hostie, die er beim Kommuniongang erhalten hatte, in die Astgabel eines Baumes gespuckt haben. Das schickt sich nicht, schon gar nicht für einen gottesfürchtigen Hirten. Der Mann beichtete seine Missetat.

Die ersten wundersamen Heilungen geschahen, sagt die Legende

Ein Hostienrettungsversuch des herbeigeeilten Pfarres missglückte. Bei Fällarbeiten knapp drei Jahrzehnte später fiel aus dem Stumpf eben jenes Baumes ein hölzerner Korpus, ein Kreuz. Dieses Kreuz wurde in der Pfarrkirche aufgestellt – und sogleich wurden die ersten wundersamen Heilungen bekannt. Die Krannenburger Kreuzverehrung und Kreuzwallfahrt war geboren.

Man kann am hölzernen Korpus in St. Peter und Paul heute noch innehalten, zur Ruhe kommen, die Legende glauben oder nicht, Kraft schöpfen oder einfach nur ebkes inne halten. Rechts neben dem Hauptaltar steht ein kleines steinernes Türmchen, auch schon etwas in die Jahre gekommen, und weit über Augenhöhe dann dieser unscheinbare, fast schon archaische Korpus – dem die rechte Hand fehlt – wohl immer schon.

Allerlei Votivgaben erzählen Kranken- und Gesundwerdengeschichten – das „Wundertätige Kreuz von Kranenburg“ ist nicht vergessen. Allein in der vergangenen Woche, Dechant Scholten hat mal ebkes das Fürbittenbuch durchgeblättert, das vor dem Steintürmchen ausliegt, finden sich ein Dutzend Einträge – von deutschen und niederländischen Pilgern.

Der Lebensbaum aus Bronze

Zwei Jakobspilgerwege kreuzen sich vor der Wallfahrtskirche St. Peter und Paul. Und wer das Kranenburger Kreuz gucken geht: Ein Blick auf das Kunstwerk vor der Kirche bietet sich auch an: Der Düsseldorfer Künstler Bert Gerresheim hat dort einen „Lebensbaum“ installiert, ein Kreuz in Form des griechischen Buchstaben „Tau“. Davor: ein Kartentisch aus Bronze. Darauf: die Region Niederrhein, mit 35 Kreuz-Markierungen. Jedes Kreuz steht für einen Soldatenfriedhof in der Region. An diesen Orten wurden 65.000 Soldaten aus 15 Nationen beerdigt.

Kirchplatz 1, 47559 Kranenburg