An Rhein und Ruhr. Corona hat auch das Leben an den Universitäten verändert. Geht mangels Präsenzbetrieb einiges verloren, gibt es aber auch positive Ausblicke.
Der Campus in Essen wirkt fast ausgestorben. Sonst sind hier Tausende Studenten unterwegs, laufen zwischen den Gebäuden hin und her oder genießen den sommerlichen Sonnenschein. Jetzt Prof. Ulrich Radtke fast alleine auf dem Campus. Der Rektor der Universität Duisburg-Essen wendet sich in seinem Video-Podcast an die Hochschulmitglieder.
Er redet über das vergangene und über das kommende Semester. Vieles, gerade was die Zukunft betrifft, noch unsicher, wenn man seinen Worten folgt. „Eines ist aber schon jetzt klar: Eine Allgemeine Rückkehr in den normalen Präsenzbetrieb, wie wir ihn vor Corona kannten, wird es leider auch im Wintersemester nicht geben können.“
Rückblick auf ein Semester im digitalen Raum
Präsenzbetrieb war durch die Corona-Maßnahmen im vergangenen Semester an den Hochschulen in der Region nicht möglich. An der Hochschule Rhein-Waal, deren Studentenschaft als eine der internationalsten des Landes gilt, gab es ein besonderes Problem: „Viele unserer Studierenden, die nach dem Wintersemester ihre Familien in ihrem Heimatland besucht haben, konnten aufgrund von Reisebeschränkungen zum Sommersemester gar nicht an unsere beiden Hochschulstandorte in Kleve und Kamp-Lintfort zurückkehren“, schreibt Prof. Tatiana Zimenkova, Vizepräsidentin für Internationales und Diversität.
Auch an der Universität Duisburg-Essen war die Umstellung auf ein digitales Semester nicht einfach. „Wir haben in einem Kraftakt das Sommersemester innerhalb eines Monats weitgehend auf digitale Lehr- Lernformate umgestellt“, heißt es von der Pressestelle der Universität. Auch an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf verschob man das Semester in digitale Räume. „Vorlesungen und Seminare fanden auf unterschiedlichen digitalen Lehr- und Videoplattformen statt. Teilweise wurden auch Laborpraktika durch interaktive Online-Versuche oder Demonstrationsvideos ersetzt“, erklärt Achim Zolke, Leiter der Stabsstelle Presse und Kommunikation der Düsseldorfer Universität.
Insgesamt scheinen die Universitäten zufrieden damit zu sein, wie sie die Digitalisierung der Lehre gemeistert haben. Zumal nicht viele Veranstaltungen ausfallen mussten. An der Hochschule Rhein-Waal waren es etwa unter sieben Prozent aller Kurse, die nicht stattfinden konnten.
Die Probleme der Studierenden mit dem digitalen Semester
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Während man sich an den Hochschulen darum bemühte, das Semester in eine digitale Form zu überführen, hatten natürlich auch die Studierenden ihre Probleme mit der Corona-Pandemie. „Schon früh wurde deutlich, dass aufgrund des Wegfalls von typischen Studierendenjobs und familiärer Unterstützung einige Studierende große finanzielle Sorgen hatten. Solche Sorgen machen es nicht leichter zu studieren“, erklärt Prof. Tatiana Zimenkova von der Hochschule Rhein-Waal. Hier legte man gemeinsam mit dem Förderverein Campus Cleve und dem AstA einen Hilfsfond auf.
Ähnliche Hilfsangebote gab es auch an den anderen Hochschulen. Zudem konnten sich Studenten, die nicht über die nötige technische Ausstattung verfügten an den Universitäten Duisburg-Essen und Düsseldorf Laptops ausleihen. „Ansonsten ist es dem Rektorat sehr wichtig, dass Studierenden keine Nachteile in ihrem Studium durch fehlende technische Ausstattung entstehen“, heißt es von der Pressestelle der Universität Duisburg-Essen.
Die Angebote in Sachen Geld und Technik scheinen notwendig, wie eine Umfrage der Universität Duisburg-Essen unter den Studierenden zeigt. 28,4 Prozent der Studierenden gaben hier an, ein oder mehrere Geräte für ein digitales Semester anschaffen zu müssen, dafür aber kein Geld zu haben. Andere griffen auf eher schlechte als rechte Lösungen zurück. „Mein Laptop ist uralt und braucht ewig für alles”, beklagte sich einer der Studierenden.
Zudem fehlte vielen das Gefühl der Gemeinschaft auf dem Campus, auch abseits der Vorlesungen und Seminare. „“Keine spontanen Diskussionen mit Kommilitonen. Keine Vier-Augen-Gespräche mit dem Dozenten. Keine Lerngruppen, aus denen Freundschaften entstehen“, bringt es einer der befragten Studierenden in der Umfrage der Universität Duisburg-Essen auf den Punkt.
Die Vorteile des digitalen Studiums während der Corona-Pandemie
Doch gab es nicht nur negative Erfahrungen mit dem Semester abseits des Campus. „Erste positive Lehren lassen sich aus diesem Semester ziehen. So zeichnet sich beispielsweise bei der Gremienbeteiligung bereits ab, dass Menschen mit Familien- oder Pflegeverantwortung durch hybride Formate besser partizipieren können. Auch die Studienberatung funktioniert teilweise effektiver im digitalen Raum“, erklärt Prof. Tatiana Zimenkova von der Hochschule Rhein-Waal. Auch an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf sieht man das digitale Semester „aufgrund des ganz überwiegend positiven Feedbacks von Studierenden und Lehrenden“ als Erfolg.
Gerade für die Studierenden, die zur Universität pendeln, bietet der Online-Betrieb Vorteile. “Ich wohne zwei Stunden von der Uni entfernt. Mir werden durch die Möglichkeit, Veranstaltungen auch online zu verfolgen, enorme zeitliche Ressourcen zur Verfügung gestellt“, schreibt ein Studierender bei der Befragung der Universität Duisburg-Essen. “Das Studium bietet endlich die nötigen Vorteile für Berufstätige oder Alleinerziehende”, heißt es von anderer Stelle. Auch die Möglichkeit, sich digital aufgezeichnete Vorlesungen mehrfach anzuschauen oder das Tempo zu beschleunigen, kommt bei vielen der befragten Studierenden anscheinend gut an.
Blick auf das kommende Semester während der Corona-Pandemie
Die Zukunft ist erstmal ungewiss. Generell wollen alle Hochschulen zurück in Richtung Normalbetrieb. Die Studenten sollen wieder zurück auf dem Campus und das akademische Leben auch erleben können. Gerade für die Erstsemester plant man digitale Veranstaltungen und auch Präsenztermine. Und es soll auch Veranstaltungen in kleinen Gruppen auf dem Campus geben. „Hybrides Semester“ nennen die Hochschulen diese Mixtur aus digitalen und analogen Angeboten.
Wahrscheinlich wir aber auch im kommenden Semester an den Hochschulen in der Region vieles weiterhin über digitale Wege laufen. Und auch nach der Corona-Pandemie könnte einiges im digitalen Raum verbleiben. „Bestimmte Inhalte können durchaus online angeboten werden, wodurch die Studierenden dann flexibel Zeit haben, sich Inhalte anzueignen. Präsenzphasen können dadurch intensiver, anwendungsorientierter und diskussionsbasierter gestaltet werden“, schreibt Prof. Tatiana Zimenkova von der Hochschule Rhein-Waal.