Wesel/Oberhausen. Dem stellvertretende Shopleiter im Centro Oberhausen wurde frist- und grundlos gekündigt. Nun klagt der Vater aus Wesel gegen den FC Bayern.

  • Seit 16 Jahren arbeitete Manuel Joachim - Familienvater aus Wesel - als stellvertretender Shopleiter im Bayern-Fanshop im Centro Oberhausen. Nun wurde ihm frist- und grundlos gekündigt.
  • Die Kündigung des Bayern-Fanshop-Mitarbeiters hat auch bei dem niederrheinischen Bayern-Fanclub „Weseler Bazis“ für Stirnrunzeln gesorgt. „Das ist ja wie in einem schlechten Film, wie der Verein da mit verdienten Mitarbeitern umgeht. Das zeigt mir, dass das Motto ,Mia san Mia‘ von einigen vielleicht doch nicht so gelebt wird", so der Vereinsvorsitzende Thomas Krug.
  • Der ehemalige Mitarbeiter des Bayern-Fanshops will nun gegen diese Kündigung vorgehen. Er hat sich Hilfe bei einem Essener Anwalt geholt.
  • Der Arbeitsrechtler hält die Kündigung für unwirksam. Der FC Bayern wollte sich auf Nachfrage zur Kündigung des Fanshop-Mitarbeiters nicht äußern.

Bayern-Fanshop im Centro: Kündigung sorgt bei Bayern-Fanclub für Stirnrunzeln

Update Dienstag, 16.05 Uhr: Die fristlose Kündigung eines Bayern-Fanshop-Mitarbeiters hat beim niederrheinischen Bayern-Fanclub „Weseler Bazis“ für Stirnrunzeln gesorgt. „Ich kenne Manuel seit vielen Jahren als sehr integren, netten Menschen“, so der Vereinsvorsitzende Thomas Krug. Immer wieder habe er für die Fanclub-Mitglieder Artikel mitgebracht, „an die wir sonst nicht so leicht gekommen wären.“

Krug kommentiert das Vorgehen des FC Bayern München mit den Worten „Das ist ja wie in einem schlechten Film, wie der Verein mit verdienten Mitarbeitern umgeht. Das zeigt mir, dass das Motto ,Mia san Mia‘ von einigen vielleicht doch nicht so gelebt wird.“

Bayern-Fanshop im Centro: Bayern-Fanclub verzichtet auf größere Proteste

Der Club mit 170 Mitgliedern aus dem Kreis Wesel, Duisburg und Düsseldorf hat Kontakt mit dem Dachverband der Bayern-Fanclubs, dem „Club 12“, um das weitere Vorgehen zu erörtern. Die Kündigung von Manuel Joachim* zeige, dass „dort mit Methoden gearbeitet wird, die mehr als grenzwertig sind.“ Von größeren Protesten indes nehmen die „Bazis“ zunächst Abstand: „Wenn wir da zuviel machen, bekommen wir vielleicht keine Karten mehr“, fürchtet Thomas Krug.

Christian Nohr, Essener Rechtsanwalt für Arbeitsrecht, der den Gekündigten Manuel Joachim* vertritt, kommentierte das Engagement des Fan-Clubs: „Das zeigt, dass das Verständnis von Recht und Gerechtigkeit bei den Fans offenbar ausgeprägter ist als bei der Vereinsführung.“

Joachim war nach 16 Jahren Arbeit für den FC Bayern im Fanshop des Centro Oberhausen ohne Angabe von Gründen fristlos gekündigt worden. Er war der am längsten dort beschäftigte Mitarbeiter, der einen vergleichsweise gut dotierten Altvertrag hatte. Bereits 2016 hatte sich der FC Bayern von langjährigen Mitarbeitern getrennt – und dabei ein Arbeitsgerichtsverfahren in Kauf genommen.

Die ursprüngliche Meldung: Bayern-Fanshop im Centro - Mitarbeiter klagt gegen Kündigung

Als Bayern Münchens Kicker am 4. Juli gegen Bayer Leverkusen im Pokalfinale spielten, saß Manuel Joachim* wie immer vor dem Fernseher, wenn Bayern spielt. Seine Kinder, ein und drei Jahre alt, kamen ins Wohnzimmer des frisch sanierten Reihenhauses in Wesel und riefen „Bayern, Papa, Bayern!“ Bayern – das gehörte zum Wortschatz der Kinder direkt nach Mama und Papa.

Doch Joachim, 37 Jahre alt, seit 20 Jahren Vereinsmitglied, konnte sich nicht begeistern, dieses Mal nicht. Zum ersten Mal in seinem Leben. Denn sein Verein, der FC Bayern, haben ihm übel mitgespielt, sagt der 37-Jährige. Am 25. Juni erhielt der Familienvater die fristlose Kündigung - seit 16 Jahren arbeitete er im Bayern-Fanshop im Oberhausener Centro.

Bayern-Fanshop im Centro Oberhausen: Fristlose Kündigung nach 16 Jahren

Ein Traumjob für den Mann, dessen Kleiderschrank allein mit Bayerntrikots größer ist als der seiner Frau. Ein Traumjob, der für ihn blitzschnell und unerwartet zum Albtraum wurde. „Klar haben wir uns Gedanken gemacht, als der Laden sechs Wochen geschlossen wurde“, sagt Joachim. Wie so viele in der Corona-Zeit hat er sich gefragt, wie es wohl weitergehen wird mit seinem Team im Centro in Oberhausen. Denn den Sportsgeist der Fußballer, den haben sie hier auf ihr Verkäuferteam übertragen.

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„Wenn nachts einer anrief und Probleme mit dem Kassensystem hatte, klar habe ich dann geholfen“, sagt der stellvertretende Shopleiter des FC Bayern-Fanshops. Wenn kurz vor Weihnachten auch mal zwölf Stunden ohne Pause durchgeackert werden musste, haben sie das gemeinsam gestemmt und sich abends abgeklatscht. „Wir haben den Pokal geholt“, scherzten sie, wenn es wieder einmal gelungen war, die Umsatzvorgaben aus der Münchener Chefetage zu übertreffen.

Bayern-Fanshop: In der Corona-Krise zerstreute Bayern-Chef Rummenigge persönlich die Bedenken

Die Unruhe wegen der Corona-Krise zerstreute Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge höchstpersönlich. In einer Videobotschaft Ende März versicherte er fast so staatsmännisch wie Angela Merkel: „Sie können uns vertrauen. Keiner wird allein gelassen.“ Und „Der FC Bayern wird ohne Wenn und Aber zu Ihnen stehen.“ Manuel Joachim und seine Familie – sie vertrauten ihm. Obwohl Joachim im Nachhinein stutzte über die Vielzahl der Kündigungen von Bayern-Mitarbeitern, die sich per Mail verabschiedeten, nach zwei oder drei Jahren.

Schon vor einigen Jahren musste sich der FC Bayern München vor dem Arbeitsgericht Oberhausen verantworten. Damals wie heute vertrat der Essener Anwalt für Arbeitsrecht Christian Nohr die Beschäftigten.
Schon vor einigen Jahren musste sich der FC Bayern München vor dem Arbeitsgericht Oberhausen verantworten. Damals wie heute vertrat der Essener Anwalt für Arbeitsrecht Christian Nohr die Beschäftigten. © FFS | Kai Kitschenberg

Trotz der Hypothek fürs frisch sanierte Reihenhaus, verlängerte seine Frau Anfang Juni ihre Elternzeit um ein weiteres Jahr. Sonst hätte wenigstens sie ab August wieder Arbeit gehabt. Die Familie machte Urlaub. Manuel Joachim erkrankte, meldete das seinem Arbeitgeber und dachte: kein Grund zur Beunruhigung. Wer 16 Jahre für seinen Verein die Knochen hinhält, darf auch mal pausieren.

Doch Mitte Juni erhielt er einen beunruhigenden Anruf von einem Kollegen: Man habe ihn an einem freien Tag in den Centro-Shop gebeten, er müsse einspringen. Als er dort eintraf, sollte er jedoch nicht arbeiten. Er sei von zwei Vorgesetzten mehrere Stunden befragt worden. Offenbar suchten die beiden nach Verfehlungen des dienstältesten Mitarbeiters, der zudem einen teuren Altvertrag hat.

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Bayern-Fanshop: Umstrittene Kündigungen gab es auch bei Schalke 04

Auch beim Bundesligisten Schalke 04 hatte man im Juni umstrittene Kündigungen ausgesprochen. Doch im Falle von Manuel Joachim scheint sich kein belastbarer Kündigungsgrund aus dem verhörähnlichen Gespräch mit dem Mitarbeiter ergeben zu haben. In der Kündigung, die Joachim am 25. Juni an der Haustür von seinem Vorgesetzten erhielt, werden keine Gründe aufgeführt.

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Joachim hat sich mittlerweile Hilfe geholt: den Essener Anwalt für Arbeitsrecht, Christian Nohr. Dieser ist mit dem merkwürdigen Gebaren des deutschen Rekordmeister in Sachen Arbeitnehmerrechte schon vertraut: Im Jahr 2016 vertrat Nohr schon einmal Mitarbeiter des FC Bayern-Fanshops, die seinerzeit ebenfalls überraschend die Kündigung erhielten, als sie sich gegen die flächendeckende Kamera-Überwachung des Shops gerichtlich gewehrt hatten. Damals kam der FC Bayern durch großzügige Abfindungen einem Urteil des Düsseldorfer Landesarbeitsgerichts zuvor.

Rechtsanwalt des gekündigten Mitarbeiters: „Mein Mandant soll finanziell unter Druck gesetzt werden“

Nohr vermutet im Fall Joachim eine ähnliche Strategie: „Dass der Arbeitgeber trotz Nachfrage weder den Kündigungsgrund mitteilt, noch der Krankenkasse die Informationen zur Berechnung des Krankengeldes zur Verfügung stellt und auch das angeforderte Zeugnis nicht erteilt, deutet darauf hin, dass mein Mandant finanziell unter Druck gesetzt werden soll, damit er sich schnell mit einer geringen Abfindung einverstanden erklärt.“

Dafür spricht auch, dass Joachims Vorgesetzter im vertraulichen Du vorschlägt, sich doch privat zu treffen, um die Gelegenheit außergerichtlich und ohne Anwälte beizulegen. Scheint so, als ob dem FC Bayern, dem sonst durchaus an Spielen vor großem Publikum gelegen ist, den öffentlichen Auftritt vor dem Arbeitsgericht scheut.

Mittlerweile hat der FC Bayern bereits seinen dritten Shop im Centro. Abgesehen vom Fanshop in Berlin ist Oberhausen der einzige Bayern-Laden nördlich der Mainlinie.
Mittlerweile hat der FC Bayern bereits seinen dritten Shop im Centro. Abgesehen vom Fanshop in Berlin ist Oberhausen der einzige Bayern-Laden nördlich der Mainlinie. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Ohne Kranken- und Arbeitslosengeld geht es der jungen Familie mittlerweile an die finanzielle Existenz.

Rechtsanwalt Nohr vermutet hinter dem Rauswurf des langjährigen Mitarbeiters eine Strategie: „Hier versucht ein Arbeitgeber sich auf unlautere Weise von altgedienten und daher teuren Mitarbeitern zu trennen. „Eine solche Kündigung ist unwirksam. Der Arbeitgeber hat trotz Nachfrage bis heute keine Kündigungsgründe mitgeteilt. Das ist kein Fairplay und das Verhalten ist eines deutschen Rekordmeisters mit Vorbildfunktion unwürdig.“

Der FC Bayern will sich zum Fall im Centro-Fanshop nicht äußern

Joachim vermutet in seinem Rauswurf eine eiskalte Kalkulation. Er ist sich sicher, dass der FC Bayern in seinen Fanshops eine Strategie fährt, die darauf hinausläuft, dass ein hauptamtlicher Store-Manager mit willigen befristeten Mitarbeiterin und Aushilfen die Shops am Laufen hält. Joachim zählt sechs Shops auf, in denen nach seiner Kenntnis diese Strategie bereits gefahren wird.

Der FC Bayern dementiert auf NRZ-Nachfrage ein solches Vorgehen. Zum konkreten Fall in Oberhausen mag er sich gar nicht äußern, da offenes Verfahren. Joachim weiß derzeit nicht, was schlimmer für ihn ist: die finanzielle Ungewissheit oder die Enttäuschung über seinen Verein: Ende Juni bekam er Wimpel und Ehrennadel für 20-Jährige Mitgliedschaft. „Was für ein Hohn“, sagt er.

Die einzigen Bayern, die ihm Hilfe angeboten haben, sei der lokale Fanclub, der Joachim als engagierten Verkäufer kennt. „Die leben das Vereinsmotto noch“, sagt Joachim. Für das „Mia san Mia“, das Bayern-Mantra, das den Kragen jedes Trikots ziert, hat der 37-Jährige mittlerweile nur noch Verachtung übrig. Der Pokalerfolg der Bayern war der erste Sieg seines Vereins, über den er sich nicht freuen konnte. „Fußball“, sagt Joachim, „findet hier nebenan in der Kreisklasse statt. Was Bayern macht, ist nur knallhartes Geschäft.“

* Name auf Wunsch des Betroffenen geändert

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