Kleve/Alpen. Ein 25-jähriger Kölner soll in Alpen versucht haben seine Ex-Freundin und ihre Familie zu töten. Nun droht ihm eine lebenslange Haftstrafe.
Als der Mann den Gerichtssaal betritt, hält er sich schützend eine Mappe vor sein Gesicht. Erst als Kamerateams und Fotografen den Saal verlassen, offenbart er sich. Er wirkt unscheinbar: Kurzhaarschnitt, Brille, kariertes Hemd.
Seit Freitag muss sich der 25-jähriger Kölner wegen versuchten Mordes, versuchten Totschlags, versuchter besonders schwerer Brandstiftung sowie gefährlicher Körperverletzung vor dem Landgericht in Kleve verantworten. Die Anklageschrift lässt Furchtbares erahnen.
Laut Staatsanwaltschaft soll der 25-Jährige am 10. März zum elterlichen Haus seiner Ex-Freundin nach Alpen gefahren sein. Diese hatte die Beziehung kurz zuvor beendet. Sein Plan, so vermutet die Staatsanwaltschaft: Die Anwesenden töten, anschließend das Wohnhaus in Brand setzen, um mögliche Spuren verschwinden zu lassen.
Versuchter Mord in Alpen: Zwei Personen schwer verletzt
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Angeklagte - der unter psychischen Problemen leiden soll, er höre Stimmen - zum Tatort zwei Benzinkanister mit jeweils fünf Liter Benzin sowie ein Küchenmesser mit einer 15 Zentimeter langen Klinge mitgebracht hat. Er soll an der Haustüre geklingelt, sich anschließend versteckt haben. Nachdem die Mutter seiner Ex-Freundin die Tür geöffnet haben soll, sei er auf sie zugestürmt und habe mindestens viermal auf sie eingestochen.
Auf die durch die Schreie der Mutter herbeigeeilte Ex-Freundin soll er mindestens dreimal eingestochen haben. Beide kamen später schwer verletzt in ein Krankenhaus, mussten notoperiert werden - seine ehemalige Partnerin sogar mehrfach.
Zuvor, so die Einschätzung der Staatsanwaltschaft, soll der Angeklagte versucht haben, das Haus mit Hilfe von Benzin in Brand zu setzen. Nach seinem Messerangriff soll der Vater seiner ehemaligen Freundin die Haustüre geschlossen haben. Der 25-jähriger soll daraufhin eine Scheibe eingeschlagen haben, um das Benzin im inneren des Hauses sowie vor und an der Haustüre zu verteilen. Der Versuch scheiterte anscheinend, eintreffende Polizeibeamte konnten den Mann festnehmen.
Alpen: Opfer kann nicht mehr gut alleine sein
„Ich kann seither nicht mehr gut alleine sein“, erzählt seine ehemalige Partnerin, die als Zeugin im Prozess aussagt, unter Tränen. Die beiden haben sich im Mai 2019 kennengelernt, sind seit September ein Paar gewesen. Es war Juli, als er zum ersten Mal während der Bekanntschaft eine Klinik aufgesucht haben soll, seitdem sei er dort regelmäßig gewesen. In guten Phasen, so erklärt die Ex-Freundin, sei er „ziemlich fröhlich“ gewesen.
Wenn es ihm nicht gut ging, wäre es jedoch extrem gewesen: Der Angeklagte soll sich teilweise komplett zurückgezogen haben, dann gab es Phasen, in denen er extrem anhänglich war. „Gewalttätig ist aber nie geworden“, so die Geschädigte.
Am Abend vor dem Tattag verkündete sie am Telefon das Ende der Beziehung - „Ich kann das einfach nicht mehr ertragen“, soll sie gesagt haben. Ein klärendes Gespräch am nächsten Tag kam nicht zustande - als sie ihre Sachen aus seiner Wohnungen holen wollte, wies er sie ab. Dass er am selben Abend an ihrem Elternhaus in Alpen auftauchen würde, konnte sie nicht ahnen. Gegen 19 Uhr soll es geklingelt haben, zu diesem Zeitpunkt saß sie mit ihren Eltern auf der Couch. Schon da habe sie kein gutes Bauchgefühl gehabt, erklärt sie.
Messerattacke in Alpen: „Ich stech‘ euch ab!“
Was dann folgte, passierte schnell. Nachdem er die Mutter niederstach, sei sie auf ihn zu gerannt. Das Messer bemerkte sie zunächst nicht, „Ich habe nur die Stichwunde gespürt“, sagt sie. „Ich stech‘ euch ab!“ soll er mehrmals gerufen haben, nachdem der Vater die Haustüre schloss und ihn aussperrte.
Unter den Folgen leide die Geschädigte noch heute. Sport könne sie bis heute nicht betreiben, noch immer dürfe sie nicht schwer heben. Mittlerweile habe sie eine Traumatatherapie begonnen. „Ich möchte mich entschuldigen, für das was ich dir und deiner Familie angetan haben“, erklärt der Angeklagte. Zu den Vorwürfen wollte er sich am Freitag nicht äußern - „Ihm gehts nicht gut“, erklärt sein Verteidiger.
Sollte es zu einer Verurteilung kommen, droht dem Angeklagten eine lebenslange Haftstrafe, hat Pressedezernentin Judith Gottwald im Vorhinein erklärt.
Weitere Verhandlungstermine sind bis zum 20. August angesetzt.