Aus den Niederlanden. Die Gastro-Betriebe in den Niederlanden sind wieder offen. Doch bisherige Corona-Lockerungen schützen laut Branchenverband nicht vor Pleiten.

Die Gastronomiebetriebe in den Niederlanden haben seit über einem Monat wieder geöffnet, doch vielen Betrieben droht im Laufe des Jahres der Bankrott – denn die Pandemie und ihre Folgen sind trotz Lockerungen nicht vorbei. „40 Prozent des Sektors ist nun technisch pleite“, sagte Dirk Beljaarts, Dirketor der Branchenorganisation Koninklijke Horeca Nederland (KHN), im niederländischen Fernsehen.

Und gerade im letzten Quartal des Jahres werde es ernst, schätzt Beljaarts. Dann zeige sich, wer die Krise wirklich überlebe könne – oder trotz aller Mühen dicht machen muss. Die KHN hat deshalb jüngst die niederländische Regierung aufgefordert, ihre Corona-Maßnahmen für die Gastronomie weiter zu lockern. Nur so könne verhindert werden, dass massenhaft Unternehmen Pleite gingen, so die Branchenorganisation, die rund 20.000 Betriebe und 255.000 Mitarbeitende in den Niederlanden vertritt.

Mehr Corona-Lockerungen für die niederländische Gastroszene gefordert

Die KHN kritisiert zudem: Die Coronaregeln für Gastrobetriebe seien willkürlich im Vergleich zu Lockerungen in anderen Bereichen. „Fünf Personen aus unterschiedlichen Haushalten können in einem Auto fahren, dürfen aber nicht an einem Tisch im Restaurant sitzen“, heißt es in einem Statement. Zudem gelte auch draußen auf Terrassen weiterhin der Abstand von 1,5 Metern zwischen den Gästen, „obwohl wissenschaftliche Studien belegen, dass die Ansteckungsgefahr draußen gering ist.“

Gerade jene Gastrobetriebe , die stark von der Saison oder dem Wetter abhängig sind, werden durch die Corona-Krise nach zusätzlich belastet. Viele Strandpavillons an der niederländischen Küste etwa seien laut KHN hart durch die Corona-Pandemie getroffen worden.

Die meisten Pavillons seien seit Anfang März bereit für den Aufbau gewesen, doch schon Mitte März mussten sie wegen des Lockdowns wieder schließen. „Pavillon-Besitzer sind in der vergangenen Zeit in akute Liquiditätsprobleme gekommen, weil sie weiterhin Fixkosten zahlen müssen, aber die Einnahmen ausblieben“, so KHN-Vorsitzender Robèr Willemsen. Nun dürfen sie ihre Pavillons über Winter am Strand stehen lassen, was Auf- und Abbaukosten sparen soll.

Deutsche Gäste kommen wieder an die niederländische Nordseeküste

Bas van Velzen ist Inhaber des Strandpavillons Baz im niederländischen Küstenort Zandvoort. „Ich finde die Corona-Maßnahmen für drinnen sehr sinnvoll. Die Gesundheit geht vor“, sagt er. Die Regeln für draußen sieht er allerdings kritischer, wie den Sicherheitsabstand im Freien auf der Terrasse, den die Gäste zueinander einhalten müssen. „Ich will nicht Polizist spielen“, sagt der Gastronom.

Wie die Saison derzeit für ihn läuft? „Es ist okay“, sagt Bas van Velzen. „Wir haben aber wegen der Corona-Pandemie viele sonnige Tage im April und Mai verpasst.“ Seit einigen Wochen kommen die Gäste wieder verstärkt, vor allem Deutsche. „Ich denke, dass es sogar mehr sind als gewöhnlich“, sagt Bas van Velzen. Das höre er auch von anderen Gastronomen am Strand.

Und auch in den Niederlanden haben die Sommerferien inzwischen begonnen, viele Menschen wollen wegen der Pandemie im eigenen Land bleiben. Da könnten wieder so einige Gäste aus Deutschland und den Niederlanden zusammenkommen, wenn das Wetter mitspielt. „Ich bin froh über alle Gäste, egal ob Deutsch oder anders“, sagt Bas van Velzen.

Niederländische Clubs bleiben geschlossen, hoffen aber auf Lockerungen

Während Cafés und Restaurants unter Auflagen schon über einen Monat wieder geöffnet sind, ist ausgelassenes Feiern in Corona-Zeiten einfach noch nicht drin. Die Clubs und Diskotheken bleiben vorerst geschlossen. Das müsse sich schnell ändern, heißt es seitens des KHN und niederländischer Clubbesitzer.

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Denn: Auf illegalen Parties, die in den vergangenen Wochen immer wieder in den Niederlanden stattfanden, gebe es sowieso keine Kontrolle. Einige Nachtclubbesitzer wollen spezielle Partys für Menschen bis 35 Jahren mit Sicherheitsabstand einführen, denn viele jüngere Menschen würden sowieso feiern und ihre Altersgruppe sei weniger stark von der Pandemie betroffen.

Der Sektor glaubt, mit Vorkehrungen ab August wieder sicher öffnen zu können und hat dafür ein Sicherheitsprotokoll entwickelt und eine Petition gestartet. Doch Ministerpräsident Mark Rutte hatte bislang nur eine Öffnung ab dem 1. September in Aussicht gestellt. So wird sich noch zeigen, ob die Clubs bei einer nächsten möglichen Lockerungsrunde berücksichtigt werden.

Das gilt in den niederländischen Gastronomien

In den Niederlanden besteht im Vergleich zu Deutschland nicht die Pflicht, die Kontaktdaten der Gäste zu erfassen. Gäste müssen allerdings Innen wie Außen stets 1,5 Meter Abstand zueinander wahren, es sei denn, sie kommen aus einem Haushalt. In Innenräumen müssen ihnen feste Sitzplätze angeboten werden. Bietet der Gastrobetrieb keine Gesundheitsabfrage am Eingang und Reservierungsmöglichkeiten an, so dürfen maximal 100 Gäste drinnen platznehmen. Sonst gibt es keine Obergrenze.

Auch im Außenbereich auf Terrassen muss allen Gästen ein fester Sitzplatz zugewiesen werden. Es gilt ein Maximum von 250 Personen. Auf größeren Terrassen gibt es keine Beschränkung der Personenzahl – solange die Sitzplätze vorab reserviert werden und eine Gesundheitsabfrage durch das Personal vorgenommen wird. Die Regierung begründet die unterschiedlichen Maßnahmen für Gastronomien im Innen- und Außenbereich mit der verringerten Ansteckungsgefahr an der frischen Luft.