Am Niederrhein. Nach der Tötung eines Viersener Kita-Kindes sind neue Details bekannt geworden. Quälte die mordverdächtige Erzieherin bereits vorher Kinder?
- Nach dem in Viersen ein Mädchen in einer Kita getötet wurde, steht eine 25-jährige Erzieherin unter Mordverdacht
- Der NRW-Landtag hat für Donnerstag (4. Juni) eine Sondersitzung einberufen.
- Die Behörden stießen auf weitere Vorfälle in früheren Kindergärten - konkret geht es um Fälle in Krefeld, Kempen und Tönisvorst zwischen 2017 und 2019
- Die Verdächtige schweigt zu den Vorwürfen
Update Dienstag, 12.11 Uhr: Zum Fall einer Erzieherin, die in Viersen ein dreijähriges Kita-Kind ermordet haben soll, hat der Landtag für Donnerstag (4. Juni) eine Sondersitzung des Familienausschusses einberufen. Die Landesregierung will dazu mündlich berichten, wie am Dienstag aus der Tagesordnung hervorging. Die SPD-Fraktion hatte die Sondersitzung beantragt. Bei den Ermittlungen wegen Mordes gegen die 25 Jahre alte Erzieherin waren die Behörden auf Vorkommnisse in anderen Einrichtungen gestoßen, in denen die Frau vorher gearbeitet hatte. Das NRW-Familienministerium hatte das Landesjugendamt um einen Bericht gebeten.
Das Ministerium wollte klären, ob ernsthafte Frühwarnzeichen ignoriert wurden und ob die Vorfälle dem zuständigen Jugendamt nicht gemeldet und keine Anzeigen erstattet wurden.
Mordverdacht gegen Viersener Erzieherin
Update Donnerstag, 20.45 Uhr: Der Mordverdacht gegen eine Erzieherin und eine mögliche Serie weiterer Gewalttaten in Kitas haben das Kinder- und Familienministerium in Nordrhein-Westfalen alarmiert. „Sollten sich die schrecklichen Vorwürfe bewahrheiten, muss auch im Detail vor Ort der Frage nachgegangen werden, ob ernsthafte Frühwarnzeichen ignoriert wurden und ob die Vorfälle dem zuständigen Jugendamt nicht gemeldet und keine Anzeigen erstattet wurden“, teilte das Ministerium von Vize-Ministerpräsident Joachim Stamp (FDP) am Donnerstagabend auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf mit.
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Die Vorfälle müssten gründlich und umfassend aufgeklärt werden. Das zuständige Landesjugendamt sei um einen Bericht gebeten worden. „Der Verdacht gegen die 25-Jährige wiegt schwer und ist unerträglich“, teilte das Ministerium mit. „Unser Mitgefühl gilt den Eltern und Angehörigen.“
Mord in Viersen: Ermittler stoßen auf weitere Vorfälle im Leben der Erzieherin
Update Donnerstag, 17.55 Uhr: Bei den Ermittlungen gegen eine wegen Mordes an einem dreijährigen Kita-Kind verdächtigen Erzieherin in Viersen sind die Behörden auf weitere Vorfälle in früheren Kindergärten der 25-Jährigen gestoßen. Bei den Vorfällen seit 2017 in Krefeld, Tönisvorst und Kempen mussten die betroffenen Kinder teils notärztlich behandelt werden, wie die Ermittler am Donnerstag in Mönchengladbach mitteilten. Das Motiv der 25-jährigen Tatverdächtigen blieb zunächst unklar, weil die Frau bislang zu den Vorwürfen schweigt.
Viersen: Kind starb an Folgen eines Atemstillstands
Der am vergangenen Freitag bekannt gewordene Fall der getöteten Greta aus Viersen hatte bundesweit Entsetzen ausgelöst. Das Kind war an den Folgen eines Atemstillstands gestorben, den es am 21. April in der Viersener Kita erlitten hatte - verursacht offenbar durch die Erzieherin.
Die Polizei beschrieb jetzt mehrere Fälle, in denen unter anderem ein Junge mit dem Notarzt ins Krankenhaus gekommen war. Ein erster Fall ereignete sich demnach bereits 2017. Wie die Polizei zu einem früheren Zeitpunkt gesagt hatte, gab es bislang nie Ermittlungen gegen die Frau wegen Übergriffen. Allerdings wegen Vortäuschens einer Straftat.
Schlechte Zeugnisse und fehlender Zugang zu Kindern
So soll die Frau sich mit einem Messer geritzt und dann behauptet haben, in einem Wald Opfer eines Übergriffs geworden zu sein. Ihr sei damals dringend geraten worden, psychologischen Rat einzuholen. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Kleve gegen sie seien eingestellt worden, hieß es am Donnerstag.
Der 25-Jährigen seien zudem in mehreren Kitas schlechte Zeugnisse ausgestellt worden. Ihr habe der Zugang zu Kindern gefehlt, sie habe keine Empathie gezeigt und bei Konflikten zwischen Kindern tatenlos zugesehen. In jedem der Kindergärten in Kempen, Tönisvorst und Krefeld, in denen sie beschäftigt war, soll es zu Vorfällen gekommen sein. Warum die Frau danach auch noch in der Viersener Kita eingestellt wurde, blieb zunächst unklar.
Kind berichtete, Erzieherin habe ihm auf den Bauch gedrückt
Wie die Polizei aber am Donnerstag mitteilte, wird nun gegen die Frau nicht nur wegen des Verdachts des heimtückischen Mordes, sondern auch wegen des Tatbestands des Missbrauchs Schutzbefohlener eventuell in Tateinheit mit Körperverletzung ermittelt.
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So wurde in Tönisvorst im Jahr 2019 ein zweijähriges Mädchen mit Atemstillstand ins Krankenhaus gebracht. Die Erzieherin soll dort vom 9. September bis 30. November 2019 beschäftigt gewesen sein. Dem Vater soll dieses Kind erzählt haben, die Erzieherin habe ihm fest auf den Bauch gedrückt.
In den Fällen Kempen und Krefeld wird noch ermittelt
In Krefeld hat die Frau den Ermittlern zufolge ein Anerkennungsjahr zwischen August 2017 und Juni 2018 absolviert. Dort soll ebenfalls ein dreijähriger Junge mit dem Notarzt in die Klinik gebracht worden sein - nicht wegen Atemnot, er sei nicht ansprechbar gewesen, habe verdrehte Augen gehabt.
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In Kempen, wo die Erzieherin zwischen August 2018 und Juli 2019 beschäftigt war, soll es insgesamt vier weitere Vorfälle gekommen sein. Darunter mit einem zweijährigen Jungen, der ebenfalls unter Atemnot und Krampfanfällen gelitten habe. Zu den Fällen in Kempen und Krefeld werde noch ermittelt, heißt es.
Die Stadt Kempen hatte nach einem früheren Dementi eingeräumt, dass es die Vorfälle in der Kita gab, in der die inzwischen unter Mordverdacht stehende Viersener Erzieherin gearbeitet hat. Vier Mal sei der Notarzt gerufen worden, weil ein Kind über Atemnot geklagt habe, berichtete ein Stadtsprecher am Donnerstag. Es seien wie vorgeschrieben Unfallanzeigen über das Jugendamt an die Unfallkasse geleitet worden. Diese seien auch nicht zu beanstanden. „Es lagen keine Anzeichen vor, in eine andere Richtung zu denken“, hieß es.
Die Ermittler schließen inzwischen nicht aus, dass die Erzieherin auch in Kempen versucht haben könnte, ein Kind zu töten. „Ich habe über die Ermittlungsergebnisse aus der Pressekonferenz erfahren und bin fassungslos. Als Bürgermeister der Stadt Kempen sichere ich der Staatsanwaltschaft und der Polizei zu, offen und transparent bei den weiteren notwendigen Ermittlungen zu unterstützen“, teilte Kempens Bürgermeister Volker Rübo mit.
Erzieherin erst seit Januar in der Kita in Viersen beschäftigt
Gegen die unter Mordverdacht stehende Frau hatte es nach Angaben der Stadt vorher in Viersen keine Beschwerden gegeben. Die Frau hatte demnach von sich aus am 15. April gekündigt. Das Kind sei dann am vorletzten Arbeitstag der 25-Jährigen mit einem Atemstillstand ins Krankenhaus gebracht worden, wie die Stadt am Donnerstag mitteilte. Der 22. April sei der letzte Arbeitstag gewesen, bevor die Frau Resturlaub nehmen und am 1. Mai eine neue Arbeitsstelle antreten wollte. Die 25-Jährige hatte erst am 1. Januar 2020 in der Kita „Steinkreis“ angefangen.
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Das Mädchen war nach Atemstillstand, Reanimation und weiterer notärztlicher Versorgung vom Rettungsdienst aus der Kita ins Krankenhaus gebracht worden. Dort wurde klar, dass das Kind schwerste Schäden davon getragen hatte und die Ursache - so die Stadt - sich medizinisch nicht erklären ließ. Das Krankenhaus habe daher ein Gutachten angeregt. Laut den Ermittlern stellte man Einblutungen an den Augen fest, die auf eine Gewalttat hindeuteten.
Erzieherin macht von Aussageverweigerungsrecht Gebrauch
Das Kind starb am 4. Mai, einen Tag nach seinem Geburtstag. Das Mädchen namens Greta sei seit der Einlieferung ins Krankenhaus maschinell beatmet worden und habe schließlich den Hirntod erlitten.
Die Erzieherin wurde am 19. Mai festgenommen und sitzt in Untersuchungshaft. Sie hat den Ermittlern zufolge von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. (jes/mit dpa)
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