Oberhausen. In Oberhausen stemmten sich Bürger vor fünf Jahren gegen den Bau einer Flüchtlingsunterkunft. Heute haben Anwohner ihren Frieden damit gemacht.
Für die Stadt war es ein harter Kampf, als sie 2015/2016 ankündigte, im Norden Oberhausens Flüchtlingsunterkünfte zu bauen. Unter anderem im Stadtteil Osterfeld gründete sich eine Bürgerinitiative, die sich gegen den Bau stemmte. Bei Bürgerversammlungen, auf denen der damals frisch gewählte CDU-Oberbürgermeister Daniel Schranz über die Vorhaben informierte, herrschte eine aufgeheizte Stimmung. „Wir wollen kein Duisburg-Marxloh“ und „Ich möchte keine Flüchtlinge vor meiner Tür“, riefen Bürger. Aussagen, die von Ängsten geprägt waren. Später, als die Flüchtlingsunterkunft in Osterfeld dann gebaut worden ist, gab es sogar einen Brandanschlag auf das Gebäude. Verletzt wurde glücklicherweise niemand, aber in der Stadtgesellschaft herrschte Entsetzen über die Tat.
Rainer Pflips gehörte zu den Bürgern, die sich um die Zukunft ihrer Siedlung sorgten. Er und einige andere Anwohner schlossen sich in der „Bürgerinitiative Wohnumfeld Kapellenstraße“ zusammen.
Ja, anfangs war es ihnen aus den genannten Gründen nicht recht, dass dort auf dem ehemaligen Zirkusplatz in Osterfeld ein Haus für Geflüchtete errichtet werden sollte. Auch wenn, so betont Pflips, die Bürgerinitiative nicht allgemein für oder gegen die Aufnahme von Flüchtlingen gewesen sei.
Vor allem die Bauweise störte die Anwohner
Vor allem störte die Anwohner, dass dort zunächst ein Container aufgestellt werden sollte. Zum einen, meint Pflips im Gespräch mit der NRZ, sei ein Container nicht schön anzusehen. Zum anderen eigne sich eine solche Unterbringung auch für die geflüchteten Menschen nicht. Denn: Wer sich wohlfühlt, achtet darauf, dass es so bleibt. Wer sich nicht wohlfühlt, kümmert sich um sein Umfeld auch nicht.
Die Bürgerinitiative diskutierte, stritt und verhandelte mit der Stadt – mit Erfolg: Statt eines Containers wurde ein Wohnhaus gebaut, das sich in das Bild der Siedlung einfügt.
Und heute? Fünf Jahre später sieht die Welt anders aus. „Es ist sauber und gepflegt“, sagt Pflips. Solange Familien dort wohnen würden, gebe es keinen Grund zur Beschwerde. Das habe die ersten zwei Jahre funktioniert. Danach seien weniger Familien, sondern eine „große Zahl“ allein reisender Männer dort untergebracht worden. Die eine oder andere Geschichte habe er gehört von Frauen, die sich bedrängt gefühlt hätten. Die Stadt sieht das anders: „Der Standort an der Kapellenstraße wird vom Diakonischen Werk sozialpädagogisch begleitet. Nach Auskunft des Betreuungsverbandes hat es zumindest in den letzten beiden Jahren keine wie oben beschriebenen Ereignisse gegeben, was sicherlich auch auf die intensive Begleitung zurückzuführen ist“, schreibt ein Stadtsprecher der NRZ.
Ein anderes Flüchtlingsheim im Norden der Stadt Oberhausen ist aufgelöst worden, dort waren bis dato meist allein reisende Männer untergebracht. Seitdem es diese Unterkunft nicht mehr gibt, werden sie auf andere Standorte verteilt.
Familien und allein reisende Männer leben dort
Auch jetzt leben wieder Familien in der Flüchtlingsunterkunft in Osterfeld, wenn auch nicht viele. Von 100 verfügbaren Plätzen sind 63 belegt, 40 davon durch allein reisende Männer. Ein wirkliches Zusammenleben aber findet laut Pflips, der auch Mitglied im Bürgerrat des Oberbürgermeisters ist, nicht statt. „Dafür gibt es zu viele Barrieren“, sagt er. Anfangs habe es Unterstützung durch Anwohner gegeben, ein Sommerfest. Das war’s. Trotzdem fällt Pflips Fazit positiv aus: „Wir haben für alle Seiten eine vernünftige Lösung gefunden.“
Die Bürgerinitiative gibt es noch. Sie hat sich nicht nur gegen den Bau des Flüchtlingsheimes eingesetzt, sondern auch gegen eine zu starke Abholzung des Waldes und für eine bessere Straßenbeleuchtung: Themen, die Bürger umtreiben, weil sie einen Stadtteil lebenswert machen. In letzter Zeit aber, so Pflips, sei es in der BI ruhig geworden.
Im Dezember 2015 lebten in Oberhausen mehr als 3000 geflüchtete Menschen. Es gab drei Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes. Heute gibt es noch Flüchtlingsunterkünfte an der Bahnstraße, der Kapellenstraße, der Duisburger Straße und an der Erlenstraße. In den vier Gemeinschaftsunterbringungen in der knapp 210.000 Einwohner starken Stadt Oberhausen stehen 763 Plätze zur Verfügung, 547 sind derzeit belegt.
Die sogenannte Flüchtlingskrise vor fünf Jahren verlangte auch den Oberhausenern einiges ab – die Folgen zeigten sich bei den folgenden Wahlen. Bürger in Stadtteilen fühlten sich abgehängt, waren nicht zufrieden mit der Flüchtlingspolitik – die AfD erhielt bei den Bundes- und Landtagswahlen im Jahr 2017 in einigen Stadtteilen Zuspruch.
„Verträglich in die Nachbarschaft eingefügt“
Doch 2015 haben sich nicht nur Initiativen gegründet, die die Ansiedlung von Flüchtlingen in ihrem Wohnumfeld verhindern wollten, sondern auch viele, die bei der Integration der Ankömmlinge helfen.
Und was ist aus den Kritikern geworden? „Einige Initiativen haben im Vorfeld eine kritische Haltung zum Bau diverser Einrichtungen eingenommen. Mit der jeweiligen Betriebsaufnahme der Einrichtungen ist die Kritik zurückgegangen, in Einzelfällen hat sie sich gar in Zuspruch gewandelt“, sagt ein Sprecher der Stadt. „Die moderate Belegung in den Einrichtungen und die intensive Betreuung der Bewohner durch DRK, Diakonie, kommunale Sozialarbeit und die Unterstützung der ehrenamtlichen Helfer hat sicherlich auch dazu beigetragen, dass die Gemeinschaftsunterkünfte in die Nachbarschaft verträglich eingefügt werden konnten.“