An Rhein und Ruhr. Für die Gewerkschaft NGG kommen die Corona-Fälle in Schlachthöfen nicht überraschend. Schuld sei ein “System der Ausbeutung“ durch viele Firmen.

Nach dem Massenausbruch von Corona-Infektionen in einem fleischverarbeitenden Betrieb im münsterländischen Coesfeld hat die Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG) in NRW das System stark kritisiert, mit dem viele Schlacht- und Zerlegebetriebe Menschen aus Osteuropa beschäftigen. Es sei ein "System der Ausbeutung", so der Landesbezirksvorsitzende Mohamed Boudih.

Für ihn ist der Ausbruch von Corona-Fällen unter Schlachthof-Arbeitern keine Überraschung: „Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Massenunterkünfte zu Brutherden des Virus werden.“ Die beengten Wohnverhältnisse, in denen viele der meist osteuropäischen Arbeiter hausen müssen, würden es unmöglich machen, Abstand zu halten.

Grundsätzlich sei das System ein System der Ausbeutung, so Boudih. Teilweise seien bis zu 80 Prozent der Belegschaft über Werkverträge an Subunternehmer ausgegliedert. „Die Firmen entledigen sich so jeglicher Verantwortung.“ Arbeitnehmer hätten keinen Kündigungsschutz und keine Sicherheit im Krankheitsfall. „Menschen werden bestellt wie Ware und können auch wieder abbestellt werden“, kritisiert Boudhi.

Arbeitnehmer werden in doppelte Abhängigkeit gezwungen

Auf dem Papier würde den Arbeitern zwar der Mindestlohn gezahlt, allerdings versuchen einige Subunternehmer mit Tricks den Lohn zu drücken, etwa indem die Arbeitnehmer für Arbeitsmaterial und -kleidung bezahlen müssen oder Arbeitnehmer in betriebseigenen Immobilien untergebracht werden.

Das Subunternehmen kann so einen Teil des Lohns einbehalten und die Arbeiter in eine doppelte Abhängigkeit zwingen. Die NGG kritisiert, dass von Seiten der Politik die Situation der Arbeitnehmer erst jetzt thematisiert wird. „Das System ist nicht neu und das Problem gibt es schon seit Jahren“, so Boudih.