Essen. Seit seinem Vorschlag, einen deutschen Staatsfonds zu gründen, ist Dr. Andreas Schyra aus Essen gefragt. Schweden und Singapur unterhalten Fonds.

Den Menschen und dem Gemeinwesen in Norwegen geht es auch deswegen ziemlich gut, weil das Land den größten Staatsfonds der Welt unterhält. Mehr als eine Billion Euro waren hier vor Ausbruch der Corona-Krise in einem Topf, aus dem der Staat investieren und schließlich für Renten und andere gute Zwecke ausgeben kann.

Hauptquelle der Norweger ist das Öl, das in großen Mengen fast direkt vor der Haustür liegt. Solch einen Reichtum hat Deutschland allerdings nicht. „Aber wir haben viel günstiges Geld in unserem Markt und dazu jede Menge Dinge, die in unserem Land dringend angepackt werden müssen: die Renten, das Gesundheitssystem, Technologie oder Infrastruktur“, sagt der Essener Ökonom Dr. Andreas Schyra. Als er diese Woche die Bildung eines deutschen Staatsfonds vorschlug, um damit aus der Corona-Krise zu profitieren – da wurden gleich mehrere Finanzmedien auf ihn aufmerksam.

Staat als strategischer Aktionär

Der Mann ist gefragt. Deutschland habe indes kaum Erfahrungen mit eigenen Staatsfonds, sagt Schyra. Nicht nur die Schweden, sondern etwa auch Singapur unterhält Fonds, die Geld im Auftrag des Staates investieren. „Ein Beispiel ist die Lufthansa. Die Bundesregierung sollte jetzt die Krise als Chance begreifen und nicht nur bei der Fluggesellschaft, sondern auch in anderen strategisch wichtigen Konzernen als Aktionärin einsteigen“, meint Schyra, der als Vorstand der Private Vermögensverwaltung AG in Essen arbeitet.

Auf die Kritik, dass der Staat in Unternehmen besser nichts zu suchen habe, meint er: „Es geht ja nicht um Verstaatlichung. Die öffentliche Hand sollte unter der Sperrminorität bleiben, damit andere Anleger nicht abgehalten werden. Und es ist ratsam, wenn das Management dieses Fonds nicht von der Zentralbank gesteuert wird, also sondern von reinen Kapitalanlage-Profis“, so Schyra.

Vorher die Ziele klar festlegen

Entscheidend sei, dass vorher klar entschieden werde, welche Unternehmen als strategische Beteiligung des Staates ausgewählt werden.

„Dafür müssen Richtlinien festgelegt werden“, so der Ökonom. Und schließlich müsse ebenso eindeutig bestimmt werden, in welche Bereiche des öffentlichen Lebens die Erträge fließen sollen. Also: ob sie die Rentenkasse stützen, das Gesundheitssystem oder die Pflege aufrecht erhalten oder das Netz ausbauen helfen. „Was nicht passieren darf ist, dass der Staat mit dem Geld Löcher stopft. Das ist schon beim Solidaritätszuschlag schlecht gelaufen“, sagt Schyra und drängt zugleich zur Eile. „Es muss schnell gehen, denn die Bedingungen sind gerade günstig: Man kann relativ preiswert in gute und systemrelevante Unternehmen investieren. Zugleich sind die Herausforderungen für unser Gemeinwesen auf vielen Feldern herausfordernd. Es gibt ja genug zu tun“, sagt er und fügt hinzu: „Hoffentlich steht uns da nicht die deutsche Bürokratie im Wege.“