An Rhein und Ruhr. Die Lichtburg hat ihre Pläne für ein eigenes Autokino begraben. Grund sei die neue Corona-Verordnung. Betreiber in NRW reagieren verwundert.
Zurücklehnen, Popcorn-Tüte auf den Schoß und schon kann’s losgehen: Das Coronavirus sorgt in NRW für einen Boom der Autokinos. Kein Wunder: Während Bars, Restaurants und klassische Kinohäuser vorläufig schließen mussten, bietet die Freiluft-Variante eine willkommene Alternative. Auch die Lichtburg in Dinslaken wollte am 30. April an der Trabrennbahn mit einem eigenen Autokino an den Start gehen. Doch daraus wurde nichts. Die Betreiberinnen haben ihre Pläne zurückgezogen. Der Grund: die neuen Corona-Auflagen des Landes NRW.
Aber was bedeutet das für andere Autokinos? Könnten weitere Betreiber in NRW nun ebenfalls schließen? Und welche Auflagen haben sich durch die neue Verordnung geändert? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
Auf welche Verordnung berufen sich die Betreiberinnen in Dinslaken?
Heike und Heidrun Griesser, Betreiberinnen der Lichtburg in Dinslaken, berufen sich auf die am Freitag, 17. April, herausgegebene „Verordnung zur Änderung von Rechtsverordnungen zum Schutz vor dem Coronavirus SARS-CoV-2“. Kinobetreiber müssen demnach sicherstellen, dass „die Besucher bei geschlossenen Fenstern, Sonnendächern, Verdecken in ihren Autos verbleiben“. Die Verordnung ist seit Montag, 20. April, gültig.
Laut Heike Griesser seien alle weiteren Auflagen – darunter der kontaktlose Ticketverkauf sowie die Einhaltung des Sicherheitsabstands zwischen den Autos – zwar umsetzbar. Knackpunkt sei aber die Kontrolle der Kunden. Schließlich könne das Sicherheitspersonal „nicht ständig während der Vorstellung durch die Autoreihen rennen und den Leuten sagen, sie sollen die Fenster schließen.“ Eine solche Dauerüberwachung sei schon deshalb undenkbar, weil Besucher erheblich gestört würden.
Die Betreiberinnen der Lichtburg befürchten, bei ordnungswidrigem Verhalten einiger Besucher ein Bußgeld in Höhe von bis zu 25.000 Euro zahlen zu müssen. Deshalb habe man vorzeitig die Reißleine gezogen.
Droht Betreibern bei Fehlverhalten der Kunden tatsächlich ein Bußgeld?
Laut neuer Corona-Verordnung kann der Veranstalter nur dann zur Kasse gebeten werden, wenn er „vorsätzlich oder fahrlässig… ein Autokino betreibt, ohne die aufgeführten Schutzmaßnahmen sicherzustellen“. Im schlimmsten Fall droht ein Bußgeld von 25.000 Euro.
Unklar ist jedoch, ab wann sich ein Kinobetreiber dem Vorwurf der Fahrlässigkeit aussetzt. Wenn die Mitarbeiter nicht ununterbrochen zwischen den Autos umhergehen und jedes Fensteröffnen nicht sofort unterbinden? Oder reicht es, im Vorfeld auf die Corona-Vorgaben hinzuweisen und erst dann einzuschreiten, wenn ein Regelbruch bereits begangen wurde?
Wie reagieren andere Kinobetreiber in NRW?
Filmforum-Chef Michael Beckmann spricht mit Blick auf die Lichtburg in Dinslaken von einer „grundfalschen Interpretation der Verordnung“. Natürlich könne nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne Kunden die Corona-Regeln in Ausnahmefällen missachten. „Aber ich kann doch als Betreiber nicht dafür büßen, dass jemand anderes einen Fehler macht.“ Auch im normalen Kinobetrieb komme es schließlich vor, dass sich einzelne Besucher ordnungswidrig verhalten. Dem Autokino Duisburg und anderen Betreibern drohe nur dann ein Bußgeld, „wenn wir diese Leute gewähren lassen“.
Zuspruch erhält Beckmann von mehreren Betreibern – darunter das Autokino Krefeld, Motor Movie Essen sowie das Autokino Willich. „Wir weisen unsere Gäste sowohl im Internet als auch vor Ort auf die von uns zum Teil auch selbst auferlegten Corona-Regeln hin“, so Dirk Schmidt-Enzmann, Geschäftsführer der Firma Media Spectrum. Das Unternehmen ist einer von zwei Veranstaltern des Autokinos in Willich. Zudem überprüfe das Personal die Einhaltung dieser Vorgaben. „Den Vorwurf der Fahrlässigkeit kann uns sicherlich keiner machen.“ Ohnehin verhalte sich die große Mehrheit der Besucher vorbildlich. Bislang habe es keinerlei Zwischenfälle gegeben, betont Schmidt-Enzmann.
Auch Heiko Desch vom DriveIn-Autokino in Essen reagiert gelassen auf die neue Verordnung: „Für uns ergeben sich daraus keine großen Veränderungen.“ Seit der Eröffnung des Autokinos kontrollieren laut Desch zahlreiche Ordner, dass die Kontaktsperren und Abstandsregelungen eingehalten werden. „In diesem Zusammenhang nun auch auf geschlossene Fenster zu achten, ist für uns kein wesentlich höherer Aufwand.“
Corona-Auflagen: Das sagt die Stadt Duisburg
Das Filmforum sei als Betreiber des Autokinos Duisburg „äußerst zuverlässig“, so Stadtsprecherin Gabi Priem. „Wir sind sicher, dass etwaige Zuwiderhandlungen durch den Ordnungsdienst unterbunden werden.“ Sollte es jedoch zu ordnungswidrigem Verhalten kommen, werde im Einzelfall geprüft, ob die Einleitung eines Bußgeldverfahrens auch „ermessens- und sachgerecht“ ist.
Erwägen weitere Betreiber eine Schließung?
Nein. Von den insgesamt sieben angefragten Autokinos in Duisburg, Essen, Wesel, Kleve und Düsseldorf haben alle Betreiber versichert, den Kinobetrieb nicht einstellen zu wollen.
Kritik an Corona-Verordnung: „Es fehlen klare Vorgaben“
Schmidt-Enzmann kritisiert die Corona-Schutzverordnung des Landes NRW. „Es fehlen klare Vorgaben“, so der Veranstalter des Autokinos in Willich. Bislang gebe es nur die Regel, Fensterscheiben während der gesamten Vorstellung geschlossen zu halten. „Und das lässt sich bei Sonnenschein sicherlich nicht problemlos umsetzen.“ Auch die Frage, ob Kinobetreiber Popcorn und andere Snacks verkaufen dürfen, sei ungeklärt. Während einige Autokinos „Lunch-Boxen“ anbieten, bitten andere Betreiber ihre Kunden darum, sich ihre eigene Verpflegung mitzubringen.
Auch beim Thema Maskenpflicht fordert Schmidt-Enzmann landesweit einheitliche Regeln: „Warum sagen wir nicht, dass jeder Kunde, der sein Auto verlässt, eine Maske oder einen Schal tragen muss?“ Dann müssten Fenster bei Einhaltung des erforderlichen Mindestabstands auch nicht mehr geschlossen bleiben, meint Schmidt-Enzmann. Stattdessen gebe es in jeder Kommune abweichende Auflagen, auf die sich Betreiber und Ordnungsämter im Einzelfall verständigt haben.