Im Münsterland. Flamingos balzen im Münsterland bei Vreden. 2019 hatte es keine Küken gegeben, die Nester waren vermutlich durch Füchse geplündert worden.
Das Geschrei ist groß an dem kleinen See bei Vreden im Westmünsterland. Tausende Lachmöwen bereiten sich unüberhörbar auf die Brut vor oder machen Rast auf der Durchreise. Mittendrin: rosafarbene Flamingos, etwas mehr als 40 an der Zahl. Einige tänzeln umeinander. "Im Augenblick wird gebalzt", berichtet Elke Happe von der Biologischen Station Zwillbrocker Venn. Im vergangenen Jahr allerdings, 2019, waren keine Flamingoküken geschlüpft. Angesichts der Trockenheit wächst die Sorge, dass das auch jetzt wieder so sein könnte.
Flamingos brüten seit über 35 Jahren im Zwillbrocker Venn - mit Europäischen und Chile-Flamingos sind es gleich zwei Arten, in der Vergangenheit waren auch einzelne Kuba-Flamingos dabei. Aus einer Haltung ausgebüxte Tiere haben die ungewöhnliche Kolonie im Westmünsterland vermutlich begründet. Die Flamingos aus dem Zwillbrocker Venn überwintern in den Niederlanden am Ijsselmeer oder im Rheindelta und kehren in der Regel im März zurück - so auch in diesem Jahr.
Wassertiefe liegt üblicherweise bei 50 Zentimetern
Freilebende Flamingos trifft man in Europa eigentlich in deutlich südlicheren Gefilden - wobei das keine Frage der Außentemperaturen ist, wie Elke Happe an diesem Freitag (17. April 2020) im Gespräch mit der Redaktion erklärt. Wesentlich ist das Nahrungsangebot, darum kommen die Vögel auch immer wieder ins Münsterland. "Flamingos filtern mit ihren Schnäbeln Kleinstlebewesen aus dem Wasser", so Happe. Solche Mikroorganismen gibt es im Zwillbrocker Venn reichlich, nicht zuletzt wegen der Ausscheidungen der Lachmöwen.
Das Wasser ist aber noch aus einem anderen Grund wichtig: Flamingos wie Möwen haben ihre Gelege auf einer Brutinsel. Die Tiefe des kleinen See liegt üblicherweise bei etwa 50 Zentimetern, stellenweise geht es wohl bis auf 1,50 Meter runter. In den Dürre-Jahren 2018 und 2019 gab es massive Probleme, zeitweise fiel das Zwillbrocker Venn komplett trocken. Die Brutinsel war keine Insel mehr - und das eröffnet Füchsen und anderen hungrigen Tieren Chancen: Trotz mehrerer Brutversuche wurden die Gelege immer wieder nachts geplündert, so dass es 2019 keinen Flamingo-Nachwuchs gab.
Wassergraben zum Schutz angelegt
Um die Brutinsel zu schützen wurde deshalb im vergangenen Spätsommer extra ein zehn Meter breiter und ein Meter tiefer Wassergraben angelegt. Der Schutz freilich ist nur effektiv, solange auch genug Wasser da ist. Nun aber sind nennenswerte Niederschläge schon seit Wochen ausgeblieben, was die Biologen am Zwillbrocker Venn mit Sorge erfüllt. "Im See gibt es schon wieder erste trockene Stellen", berichtet Happe. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten. Normalerweise schlüpfen die Jungvögel in Mai und Juni.
In normalen Jahren sind die Flamingos im Zwillbrocker Venn direkt an der Grenze zu den Niederlanden Besuchermagneten. Im Gespräch mit der Redaktion macht Elke Happe aber sehr deutlich, dass man angesichts der Corona-Pandamie aktuell um Zurückhaltung bittet. Der Rundweg ist zwar zugänglich, Kontaktverbot und Abstandsregeln müssen unbedingt eingehalten werden. Aussichtsturm und Kanzeln sind gesperrt, damit es sich dort nicht knubbelt.