An Rhein und Ruhr. Der Einzelhandelsverband Niederrhein kritisiert die neuen Regelungen für die Ladenöffnungen. Sie seien eine Ungleichbehandlung.

Ikea darf öffnen – mit Ausnahme des Kinderspieleparadies und der Gastronomie. Karstadt und Kaufhof bleiben dagegen geschlossen. So sehen es die neuen Regelungen zu den Ladenöffnungen vor, die ab Montag gelten. Für die Einrichtungshäuser und Babyfachmärkte hat das Land eine Sonderregelung getroffen, die von der am Mittwoch von Bund und Länder getroffenen Verständigung abweicht, alle Geschäfte bis zu 800 Quadratmetern Verkaufsfläche, sowie - unabhängig von der Größe - Autohäuser, Fahrradhändler und Buchhandlungen die Öffnung zu erlauben. Große Einkaufshäuser und Filialen dürfen ihre Verkaufsfläche nicht verkleinern. Heftige Kritik daran kommt vom Einzelhandelsverband. „Wir hatten und eine diskriminierungsfreie Öffnung gewünscht“, sagt Wilhelm Bommann, Geschäftsführer des Handelsverband Niederrhein NRW. Dies sei nun aber eine Ungleichbehandlung.

    Wilhelm Bommann, Geschäftsführer des Handelsverband Niederrhein.
    Wilhelm Bommann, Geschäftsführer des Handelsverband Niederrhein. © Foto: Handelsverband

Am Morgen nach der Entscheidung in Berlin blieben zunächst viele Fragen unter den Einzelhändlern. Sie hatten ihre Hoffnungen in den 20. April gesetzt. „Die größeren Händler fürchten doch genauso um ihre Existenz wie die kleinen“, sagt Marc Heistermann, Geschäftsführer des Handelsverbands Ruhr. „Sie haben das Gefühl, Politik wirft ihnen Knüppel zwischen die Beine.“

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Hinzu kam, dass gestern Morgen „viele verunsichert waren, ob sie öffnen dürfen“, so Bommann. Mit dem NRW-Erlass von gestern Mittag herrscht darüber ab nun Klarheit. „Es ist schön, dass es nun ein Anfang ist“, sagt Bommann. Aber mehr eben nicht. „Es wurde unterstellt, dass zu viele Menschen in die Innenstädte strömen und die Kaufhäuser und größeren Filialisten zu Magneten werden, dadurch das Infektionsrisiko wieder steigt“, erklärt Bommann. Aber man müsse auch die Gegebenheiten der Städte sehen.

„Viele Einzelhändlern ist die Existenzangst auf die Stirn geschrieben“

In Duisburg wo es eine breite Fußgängerzone gibt, sei es eine andere Situation als in Städten mit engen Gassen. „Vielen Einzelhändlern ist die Existenzangst auf die Stirn geschrieben“, sagt Bommann. Noch mindestens zwei Wochen ohne Umsatz könnten die meisten Betriebe nur schwer ausgleichen. Und ob die Läden, die jetzt öffnen dürfen, den Umsatz machen, den sie brauche, bleibe auch abzuwarten.

Eine, die darauf hofft, dass die Kunden wieder zu ihr in den Laden kommen, ist Kathrin Olzog, die in Moers eine Buchhandlung betreibt und in den vergangenen Wochen eine Lieferservice eingerichtet hatte. „Der hat uns am Leben gehalten“, sagt die Geschäftsfrau. 100 Bestellungen täglich hatten sie und ihr Team erhalten. Für die Ladenöffnung am Montag hat sie zur Einhaltung der Hygienevorschriften eine Schutzscheibe an der Kasse anbringen lassen und es gibt Desinfektionsmittel am Eingang.

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Deichmann kündigte an, ab Montag nach und nach „einen Teil der Filialen“ zu öffnen. Wie viele es sein werden, prüft das Essener Unternehmen gerade. „Konkretere Aussagen zu machen, ist im Moment noch schwierig, da es auch auf lokaler Ebene in einigen Fällen spezielle Regelungen gibt“, sagte Sprecher Ulrich Effing.

„Wir werden das Thema Staatshaftung prüfen“

Für Centro-Manager Marcus Remark war die Lage am Donnerstagmittag noch immer unklar. Auch er hätte es für „alltagstauglicher“ angesehen, wenn allen Geschäften die Erlaubnis unter Hygiene-Auflagen erteilt worden wäre. „Die Menschen verhalten sich alle sehr vernünftig und sind sehr vorsichtig: Sie halten ausreichend Abstand und setzen sich nicht auf Bänke, wenn dort andere Leute sitzen.“

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Empört über die Entscheidung von Bund und Land ist auch Friedrich Goebel. Der Manager hat gerade erst die Textilkette Sinn zurück auf die wirtschaftliche Erfolgsspur gebracht. In der Essener Innenstadt wollte er im März neben dem Kaufhof eine 3200 Quadratmeter große Filiale eröffnen – bis Corona kam. „Dies ist Wettbewerbsverzerrung in reinster Form durch den Staat. Wir werden das Thema Staatshaftung prüfen lassen“, kündigt er an und fragt: „Warum ist die Ansteckungsgefahr in einem Geschäft unter 800 Quadratmetern geringer als in einem größeren Laden?“

Eine Frage, die sich auch Wilhelm Bommann stellt. Viele Händler hätten Konzepte zur Einhaltung der Hygiene-Vorschriften erarbeitet, die sie nun wohl erst frühestens ab dem 4. Mai umsetzen können. (meß)