Moers/Straelen. Auch das ist Corona: Die Firma Keuck etwa (Moers/Straelen) hat umgerüstet und stellt jetzt Schutzscheiben her – und hat alle Hände voll zu tun.

Ein Meter breit, drei Meter lang, zwischen 36 und 40 Kilogramm schwer – Benjamin Mirz hebt erneut eine Rohplatte aus Acrylglas auf die große Fläche der Fräsmaschine, programmiert den Computer, und exakt werden die Konturen ausgeschnitten.

 Hinweistafeln und Bodenaufkleber - ein neuer Geschäftszweig der Firma Keuck plötzlich.  
 Hinweistafeln und Bodenaufkleber - ein neuer Geschäftszweig der Firma Keuck plötzlich.   © petra schmidt

Der Mitarbeiter der Firma Keuck mit Sitz in Moers und Straelen muss momentan kein Fitnessstudio besuchen, hätten sie denn geöffnet. Muskeltraining macht er den ganzen Tag während seiner Arbeitszeit. Die Corona-Krise bescherte seinem Arbeitgeber einen neuen Geschäftszweig: die bereits vielerorts zu sehenden Schutzscheiben, Hinweistafeln oder Bodenaufkleber.

Die Idee hatte eineMoerser Apothekerin

Eigentlich ist das von den Brüdern Sebastian und Benedikt Keuck geführte Unternehmen „Keuck Medien“ auf die Geschäftsfelder Design, Print, Online, Werbetechnik, Werbemittel sowie Teamkleidung spezialisiert. Und wie es bei Corona den „Patienten Null“ gab, der die Infektionswelle zu einem weltweiten Tsunami aufbranden ließ, gab es eine „Kundin Null“, die die Firma Keuck zu einem neuen Produktionsfeld inspirierte.

Die Firma Keuck

Die Familie Keuck ist seit 1907 in vierter Generationim Druck- und Medienbereich tätig. 2018 fusionierte die Medienagentur Schrift & Bild von Benedikt Keuck mit der Druckerei Keuck Druck seines Bruders Sebastian zur Keuck Medien GmbH & Co KG.
2019 erfolgte die Firmenübernahme der Borkowitz Medien GmbH, die Ursula Geitling 1972 als Siebdruck Borkowitz gegründet hatte. Ihre Tochter Linda Gorzelany ist heute als Vertriebsleiterin bei Keuck Medien tätig. Das Unternehmen ist zu finden in Moers (Agentur/Werbetechnik) und in Straelen (Agentur/Werbetechnik/ Digital und Offsetdruck.

Es war eine Moerser Apothekerin, die eine Schutzscheibe dringend brauchte. Benedikt Keuck: „Wir entwickelten den Prototyp, gestalteten einen Flyer und haben alle Kontakte heiß laufen lassen.“ Aus der ein Meter breiten und drei Meter langen Rohplatte können innerhalb von 25 Minuten fünf Schutzplatten im Standardformat 60 mal 90 Zentimeter entstehen. Passend dazu werden auch die selbstgefertigten Füße zum Aufstellen geliefert, die Platten lassen sich allerdings auch aufhängen.

Auch Sonderanfertigungensind nun sogar möglich

Keuck: „Die Schutzscheibe steht innerhalb von ein paar Sekunden, der Kunde kann ihn selber aufbauen.“ Allerdings sind auch Sonderformate möglich, wie ein Auftrag der Firma REWE, die eine 15 Meter lange Theke mit dem Sichtschutz ausstatten lässt. Das Unternehmen freut sich, schon viele Kunden gewonnen zu haben, beschäftigt es doch insgesamt 25 Mitarbeiter in den Berufen Mediengestalter, Drucker und Werketechniker. 14 von ihnen arbeiten am Standort Moers. Für die elf Mitarbeiter am Standort Straelen drohte Kurzarbeit.

 Benedíkt Keuck: „Wir haben schon einmal eine 24-Stunden-Schicht durchgearbeitet.“
 Benedíkt Keuck: „Wir haben schon einmal eine 24-Stunden-Schicht durchgearbeitet.“ © petra schmidt

Jetzt aber, da Keuck einen Großauftrag einer Einzelhandelskette von 1800 Scheiben in der Pipeline hat, werden die Mitarbeiter von Straelen nach Moers versetzt. Benedikt Keuck: „Wir müssen eine Woche lang drei Schichten fahren. Wir haben schon einmal eine 24-Stunden-Schicht durchgearbeitet.“

Baumärkte, Tankstellen, Supermärkte, Banken, Arztpraxen – überall braucht man Hinweistafeln und Schutzscheiben

Zu den Kunden gehören Baumärkte, Tankstellen, Ärzte, Supermärkte, Banken und Apotheken. Eine Anfrage kam unlängst von einem Krankenhaus in Berlin. Inzwischen sind die Produkte der Firma Keuck im Onlineshop des Verbandes deutscher Kinderärzte zu finden. Die Firma Keuck erstellt allerdings nicht nur die Schutzscheiben, sondern auch Aufsteller aus Kunststoff mit Hygienehinweisen und Bodenaufkleber, die zu Abstand halten mahnen.

Bodenaufkleber mahnen zum Abstand halten

„In diesen Zeiten muss ein Unternehmer kreativ sein. Wir sind zwar auf schlechte Zeiten vorbereitet, wollen trotzdem gesund und wirtschaftlich durch die Krise kommen“, sagt der 40-jährige Benedikt Keuck, der aber auch an seine Kollegenbetriebe denkt, denen es jetzt nicht so gut geht: „Was wir nicht gebacken kriegen, verteilen wir an sie.“

Auch einen Freund, der in Geldern die Veranstaltungsfirma „Eventura“ betreibt und dem jetzt zu 100 Prozent die Aufträge weggebrochen sind, nahm er inzwischen „mit ins Boot“. Die Mitarbeiter der Veranstaltungsfirma sind handwerklich begabt, machen unter anderem die Montage vor Ort. Seine eigene wirtschaftliche Lage kann Benedikt Keuck momentan nicht einschätzen. In der Produktion denkt er nur von heute auf morgen, sieht trotzdem alles positiv: „Wir haben den Ersten und Zweiten Weltkrieg überlebt. Wir werden Corona auch schaffen.“

Und inzwischen wohl auch klar, dass der Betrieb das neue Geschäftsmodell auch in Zukunft weiter verfolgen wird.