An Rhein und Ruhr. Der Zustand der Bahnhöfe in der Region ist so schlecht wie seit fünf Jahren nicht mehr. Die Bahn verweist auf massive Vandalismusschäden.

Entweder deutlich besser – oder noch heruntergekommener: Der Zustand der Bahnhöfe im Verkehrsverbund Rhein Ruhr (VRR) hat sich im vergangenen Jahr deutlich auseinanderentwickelt. Das berichtet der VRR in seinem Stationsbericht für das Jahr 2019 . Die Bahn erwidert: Wir tun was wir können, aber vor allem Vandalismusschäden machen einen besseren Zustand unmöglich. NRW-weit habe man 2019 Vandalismusschäden in Höhe von 6,3 Millionen Euro registriert – ein Zuwachs von rund 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr, so ein Bahnsprecher.

Mit Blick auf das Erscheinungsbild erhielten im Jahr 2019 131 Stationen die Bewertung „akzeptabel”, 93 Stationen wurden mit „noch akzeptabel” bewertet und in 73 Fällen vergaben die Tester das Urteil „nicht akzeptabel”. Dies waren im Vorjahr noch 61 Bahnhöfe – und 2016 erst 39 Stationen – der Zustand der Haltepunkte hat sich folglich insgesamt weiter verschlechtert.

Vielleicht müssen wir uns Sisyphos doch als Bahnhofsvorsteher vorstellen. Als diejenigen, die Tag um Tag den Bahnsteig fegen, die beschmierten Wände neu streichen, Automaten und Lampen reparieren – um am nächsten Tag festzustellen, dass der Bahnhof wieder mindestens genauso heruntergerockt aussieht wie am Vortag – oder schlimmer.

„Wir sehen an den SPNV-Stationen im Verbundgebiet nach wie vor deutlichen Handlungsbedarf. Da es zwischen dem VRR und den Infrastrukturbetreibern keine vertraglichen Beziehungen gibt, können wir hierauf leider nicht direkt hinwirken“, betont Ronald Lünser, Vorstandssprecher des VRR. Vor allem Graffiti ist weiterhin Ursache für schlechte Bewertungen.

Graffiti und defekte Beleuchtung fielen den Testern am häufigsten auf

Die Bahn hingegen wertet den Bericht etwas anders: „Erfreulich ist, dass rund drei Viertel aller getesteten NRW-Bahnhöfe in der Ampel-Bewertung von den VRR-Testern eine grüne oder gelbe Bewertung erhalten haben (217 von 289 Bahnhöfen).“ Dennoch sieht die Bahn bei den Stationen durchaus auch Licht am Ende des Bahnsteigtunnels: „Es wird auch deutlich: Modernisierte Stationen mit ihren neuen Aufzügen, Schildern oder Sitzbänken werden in ihrer Funktion erheblich besser bewertet als Stationen, die noch nicht erneuert worden sind, “ so der Bereich „Station und Service“

Dennoch sorgen Vermüllung und Vandalismus dafür, dass Bahnhöfe zum Teil schlechter bewertet werden, obwohl die DB jährlich Millionenbeträge in die Sauberkeit und Behebung von Vandalismusschäden investiert. So seien erst jüngst Wetterschutzhäuser am S-Bahnhof Langenfeld zerstört worden, die Reparatur sei beauftragt, Strafanzeige wurde gestellt. Der Schaden liegt laut Bahn im mittleren vierstelligen Bereich.

Noch schlimmer hat es den S-Bahnhof Essen Holthausen erwischt: Dort wurden unter anderem die Türen zweier Aufzüge zerstört. Zum Schaden von 80.000 Euro kommt hinzu: Die benötigten Türen haben Lieferzeit, die Aufzüge sind seit dem 18. Februar nicht mehr benutzbar.

Graffitischäden in den Zugangsbereichen und an den Bahnsteigen entscheidend für die schlechten Bewertungen. Diese tragen nach Ansicht der Fahrgäste erheblich zum negativen Eindruck einer Station bei. Allein im Jahre 2019, so die Bahn, habe man rund eine halbe Million Euro zusätzlich in die Beseitigung investiert. Die Bilder der Sprayer sollen möglichst binnen dreier Werktage entfernt sein, so das Ziel der Bahn. Zudem setzt die Bahn auf professionelle Graffitis, die kommen bei den Kunden gut an – und der Sprayer-Ehrenkodex untersagt ein Übersprühen, so die Bahn. Diese „Kunst in der Unterführung“ gibt es u.a. in Hagen, Hochdahl und Recklinghausen-Süd.

Im Hinblick auf die Sauberkeit der Stationen gab es von den VRR-Profitestern wenig zu bemängeln. Die Bahn schickt ihre eigenen Mitarbeiter zu regelmäßigen Reinigungen und Inspektionen, für die Sauberkeit z.B im Bahnhof Köln Hbf würden jährlich rund zwei Millionen Euro investiert, ebenfalls Millionensummen werden in Düsseldorf, Duisburg, Essen und Dortmund aufgewendet, um das Erscheinungsbild der Stationen intakt zu halten. Auch kleinere Bahnhöfe würden regelmäßig gereinigt, z.B gebe es an allen Essener S-Bahnhöfen eine tägliche Reinigung.

Die Funktion der Ausstattung wurde ebenfalls ähnlich gut wie im Jahr 2018 bewertet. Negativ wirkte sich hingegen aus, dass weiterhin einige Lampen sowohl in den Zugangsbereichen als auch auf den Bahnsteigen defekt sind. Zudem sind auf einigen Bahnsteigen keine transparenten Wetterhäuschen vorhanden.

Benotet werden die Stationen übrigens quasi wie mit Schulnoten: 1 steht für „sehr zufrieden“ bis 6 „sehr unzufrieden“. Viermal im Jahr nehmen die Tester jede einzelne der 343 Stationen unter die Lupe. Die Gesamtnote landete mit 2,27, also ungefähr einer zwei minus. (0,07 Prozentpunkte schlechter als im Vorjahr), insgesamt das schlechteste Ergebnis der vergangenen fünf Jahre.

Dabei gibt es durchaus regionale Unterschiede: Die Bahnhöfe auf der Linie Emmerich-Oberhausen und Moers-Xanten rutschten durchweg ein bisschen nach oben, während es bei den S-Bahnhöfen rings um Essen und Dortmund sowie in Mülheim tendenziell ein wenig nach unten ging.

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Zum zweiten Mal verschafften sich die VRR-Profitester einen Überblick über die 115 Bahnhofsgebäude an den Stationen im Verbundgebiet. Denn Fahrgäste nehmen eine Station immer als Ganzes wahr und unterscheiden in der Regel nicht zwischen Zugangsbereichen, Bahnsteigen und den Immobilien. Von den 115 Bahnhofsgebäuden werden 93 genutzt und bieten beispielsweise Einkaufsmöglichkeiten für Reisende. In 51 Fällen gelangen die Fahrgäste durch die Bahnhofsgebäude zu den Bahnsteigen.

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    Wie im Jahr zuvor, registrierten die VRR-Profitester an 76 Gebäuden Verunreinigungen durch Graffiti und bemängelten an 67 die Sauberkeit. Baumaßnahmen gab es im Jahr 2019 an 17 Gebäuden, wodurch Fahrgäste auf ihrem Weg zum Bahnsteig über einen befristeten Zeitraum Umwege und Unbequemlichkeiten in Kauf nehmen mussten.

    Wie in den Vorjahren dokumentiert der Stationsbericht auch für 2019, wie Fahrgäste stationsbezogene Qualitätsstandards bewerten – und zwar mittels einer an das gängige Schulnotensystem entsprechenden Skala von 1 (sehr zufrieden) bis 6 (sehr unzufrieden). Viermal im Jahr erfassen die VRR-Profitester den Zustand aller 343 Bahnhöfe und Haltepunkte im Verbundraum. Dabei wird die Gesamtbewertung einer Station in eine detaillierte Bewertung der Zugangsbereiche und Bahnsteige unterteilt.

    2019 ist das schlechteste der letzten fünf Jahre

    Bestandteil der Befragungen sind u. a. die Qualitätsstandards „Fahrgastinformation an den Stationen im Störungsfall“ und „Zustand der Stationen“. Die Gesamtzufriedenheit der Fahrgäste mit dem SPNV im VRR hat sich seit 2004 insgesamt verbessert und mittlerweile ein akzeptables Niveau erreicht. Allerdings ist die Note um 0,07 Notenpunkte auf eine 2,27 zurückgegangen. Den Zustand der Bahnhöfe hingegen beurteilten die Fahrgäste genauso wie im Vorjahr mit einer Durchschnittsnote von 2,80.

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    Doch bei der Fahrgastinformation am Bahnsteig im Störungsfall sehen die Kunden noch Verbesserungspotenzial und benoten diese mit einer 3,18 um 0,11 Notenpunkte schlechter als im Vorjahr. „Leider ist dies die schlechteste Durchschnittsnote der letzten fünf Jahre“, erklärt Ronald Lünser, „dieser Abwärtstrend muss dringend im Interesse der Kunden gestoppt werden.“

    Die Bahn verweist auf ihre Bemühungen um die Sanierung zahlreicher Bahnhöfe. Zwischen 2016 und 2023 investieren Land, Aufgabenträger und DB rund eine Milliarde Euro in die Modernisierung von 150 Bahnhöfen in NRW. Neben dem Bau und der Installation neuer Aufzüge und barrierefreier Rampenanlagen werden die Beschallung und die Beleuchtung neu installiert.

    Allein in 2020, so die Bahn, werde man die Modernisierung von insgesamt 49 Bahnhöfen in NRW abschließen, in 2019 seien an 37 Stationen Modernisierungsprojekte abgeschlossen worden. Zu den dann endlich fertiggestellten Bahnhöfen soll auch der Mülheimer Hauptbahnhof gehören, dessen Sanierung sich immer wieder verzögert hatte.

    Und, so die Bahn, in 2021 werden auch die Bauarbeiten für den Duisburger Hauptbahnhof neu ausgeschrieben, dort könnte es dann 2022 endlich losgehen. Verspätung hingegen gibt es in Bilk, hier gab es Fehler in der Statik: der geplante neue Regionalexpress-Halt hat mindestens ein Jahr Verspätung, Fertigstellung erst 2022 statt 2021.

    Den vollständigen Stationsbericht 2019 mit detaillierten Informationen zu den 297 Bahnhöfen im VRR und den verschiedenen Qualitätsparametern finden Interessierte im Bürgerinformationssystem des VRR hier.