Düsseldorf/Gronau. Grüne gehen davon aus, dass sich die Gronauer Betreiberfirma Urenco in Russland günstig des abgereicherten Uranhexafluorids entledigen will.
So recht weiß die nordrhein-westfälische Landesregierung nicht, was mit dem hochgiftigen und radioaktiven Uranhexafluorid passiert ist, das ab 2009 von der Atomanlage im münsterländischen Gronau nach Großbritannien, Frankreich, in die Niederlande oder auch an andere deutsche Anlagen geliefert wurde. Das geht aus Antworten von Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) auf eine Anfrage mehrerer Grünen-Abgeordneter hervor, die der Redaktion vorliegen.
„Die weitere Verwendung des Materials obliegt dem Empfänger“, heißt es zum Beispiel ausdrücklich auf die Frage zu den bis 2019 erfolgten Uranhexafluorid-Rücklieferungen nach Frankreich. Das sei „international übliche und gängige Praxis.“ Zudem obliege die weitere Aufsicht über das nach Frankreich gelieferte Material den französischen Behörden, hieß es weiter.
Über Umwege nach Russland?
„Die Antwort der Landesregierung wirft ein Schlaglicht darauf, wie wenig die deutschen Atombehörden über die globalen Lieferketten der Atomwirtschaft wissen“, klagte die Grünen-Abgeordnete Wibke Brems gegenüber der Redaktion. So sei weiter unklar, ob Uranhexafluorid über Frankreich, die Niederlande oder andere Umwege nach Russland geliefert worden sei.
Gefragt hatten die Abgeordneten auch, ob in den letzten Jahren Uranhexafluorid aus Russland nach Gronau importiert worden sei, was die Landesregierung für 2018 und 2019 verneint – es ist in diesen Jahren also auch kein wiederangereichertes Uranhexafluorid in die Anlage von Betreiber Urenco nach Gronau geliefert worden.
Gerade Schiffstransporte gelten als heikel
Aus Sicht von Atomexpertin Brems entlarvt dies die Exporte von Uranhexafluorid als angeblichem „Wertstoff“ nach Russland als Farce: „Tatsächlich wird der Export nach Russland genutzt, um sich günstig des abgereicherten Uranhexafluorid zu entledigen – unter Inkaufnahme von Risiken für die Menschen an den Transportrouten und in der Umgebung der Lagerstandorte in Russland.“
Die Wiederaufnahme der Exporte hatte im vergangenen November in NRW zu Protesten geführt. Zunächst per Bahn, aber dann auch per Schiff über Nord- und Ostsee wurde das sehr reaktive Uranhexafluorid nach Russland gebracht. Gerade solche Schiffstransporte gelten als heikel – sollte es trotz getroffener Sicherheitsvorkehrungen zu einem Unfall kommen und Uranhexafluorid freigesetzt werden, bildet sich in Verbindung mit Wasser hochaggressive Flusssäure.