An Rhein und Ruhr. Die Wahl von Thomas Kemmerich hat bei unseren Lesern für viel Aufmerksamkeit gesorgt. Sie schrieben viele Leserbriefe an die Redaktion.

Dass Thomas Kemmerich am Donnerstagmittag zurückgetreten ist, konnten die Leser, die gleich am Donnerstagmorgen zur Tastatur griffen, nicht wissen. Gleichwohl geht es den meisten Leserbriefschreibern um die Art und Weise des Wahlvorgangs.

„Demokratie lebt vom Wandel. Aber nicht nach Rechtsaußen zum nationalen Extremismus. Das ist nicht mit dem normalen demokratischen Verständnis zu vereinbaren. Die FDP, bisher oft das Zünglein an der Waage, hat hier einen rechten Ausschlag, zusammen mit der CDU in Thüringen, herbeigewählt, der allem Hohn spricht, wofür bisher demokratische Parteien standen. Dass Herr Kemmerich diese Wahl, unterstützt von der AfD, angenommen hat, war im höchsten Maße unethisch, unüberlegt und widerspricht allem, wofür die FDP bisher da war. Entsetzen und Abscheu überall, außer natürlich bei der AfD, für dieses schändliche Vorgehen. Wehret den Anfängen gilt wohl nicht mehr? Felix Bicker, Essen

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Nein, die AfD muss in Thüringen nicht mitregieren. SPD und Grüne können dies aus staatspolitischer Verantwortung verhindern, indem sie eine Minderheitsregierung tolerieren. Das haben sie zu Gunsten von Bodo Ramelow auch von FDP und CDU erwartet. Niemand beschwerte sich 1991, als der Bundestag mit Stimmen der damals größten Igitt-Partei, der SED-Nachfolgerin PDS, Berlin zur Bundeshauptstadt wählte, und auch die Abwahl des Duisburger OB Sauerland infolge der Loveparade-Katastrophe erfolgte nicht nur mit Hilfe der Parteien aus dem linken Spektrum, sondern auch der NPD. In Thüringen hätte eine mutigere CDU die Wahl eines Fünf-Prozent-Ministerpräsidenten durch die Nominierung eines eigenen Kandidaten verhindern können. Doch sie zog es vor, sich hinter einem Linken wegzuducken. Heinrich Möllers, Duisburg

„Ein schwarzer Tag für ganz Deutschland“

Der Landeschef der CDU, Mohring, betreibt gemeinsame Sache mit der AfD, um eine Wiederwahl des bisherigen guten Amtsinhabers Bodo Ramelow zu verhindern. Und das, obwohl die Bundesvorsitzende der CDU, AKK, angeblich dies ausdrücklich untersagt hatte. Das ist ein schwarzer Tag im doppelten Sinne nicht nur für die CDU, sondern für ganz Deutschland! Und dass die FDP solch ein Geschenk den Ministerpräsidenten stellen zu dürfen mit Handkuss angenommen hat, ist ja bei dieser Partei nichts Neues, die ihre Politik vorwiegend nach dem Fähnlein im Winde richtet. Gleichzeitig sollte das aber auch für die SPD das Zeichen sein jetzt sofort die GroKo zu verlassen! Volker Finken, Duisburg

Wenn schon gegen Extremisten, dann bitte gegen alle. Wer wie die NRZ die Partei des Mauerbaus und der Stasi als „normal“ bezeichnet, deren Vorsitzenden Raum zur Darstellung gibt und nicht die Sieger zu Wort kommen lässt, der schlechte Verlierer und schlechtes Benehmen (Blumenwurf) noch feiert, sollte sich nicht in den Kommentaren als Gralshüter der Demokratie aufspielen. Thomas Schneider, Essen

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Was regt man sich so mächtig auf? Auch Frau von der Leyen wurde ohne Kandidatur und mit Hilfe von ultra rechten Parteien zur Präsidentin des EU-Parlamentes gewählt. Wer über die Moral lacht, der hat Hunger auf die Macht. Prof. Ch. Mostofizadeh, Essen

Die Führungen von FDP und CDU sind für dem Skandal, den sie kritisieren, mit verantwortlich. Sie haben mit ihrem fatalen Bild, die Ränder links wie rechts seien eine Gefahr, Linkspartei und AfD auf eine Stufe gestellt. Das verharmlost die zumindest in Teilen faschistisch agierende AfD. Was in Thüringen geschieht, ist deswegen das überraschende Eintreten des Vorhersehbaren. Bernhard Trautvetter, Essen

„Schallende Ohrfeige für die Demokratie“

Glückwunsch zum Bild und Artikel vom 6. Februar. Das Titelbild sagt einfach alles: Höcke schaut Kemmerich nicht in die Augen. Ich vermute, er bekommt sonst einen schallenden Lachanfall. Wegen der schallenden „Ohrfeige“ für die Demokratie. A. Naber, Wesel

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Jetzt wissen wir, was wir von den Beteuerungen der Parteien der sog. bürgerlichen Mitte zu halten haben, nicht mit der Alternative für Dumpfbacken zu paktieren. Aber das ist wohl erst der Anfang. Glaubt denn wirklich jemand an eine CDU/CSU-Kanzlerkandidatin AKK? Oder daran, dass sich ein Herr Merz, den eine Allianz aus Kapital und Nationalisten für ganz hohe Aufgaben vorgesehen hat, von Gauland & Co. nicht zum Kanzler wählen lassen wird, wenn es denn rechnerisch passt? Dieter Massauer, Moers

Wenn das Volk mit 31% für die Linke stimmt und durch Koalitionsverhandlungen eine Regierung zustande kommen kann, die dem Wählerwillen entspricht, ist das Demokratie. Wenn Faschisten, um das zu verhindern, einen 5 % MP durch Tricksereien inthronisieren wollen, ist das eine Schande fürs Land, aber keine Demokratie. Eine Minderheit (angeführt durch einen gerichtlich bestätigten Nazi) will einer Mehrheit etwas aufzwingen. Wenn man dann noch bedenkt, was wir für eine Vergangenheit haben, ist das ein Damm- und Tabubruch, der nicht hingenommen werden kann. Alle Demokraten müssen sich versammeln und so etwas ganz klar zu verhindern. Cornelia Tietze-Boeink

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Ich bin entsetzt und ängstlich zugleich. Erst die verschwendeten 750 Millionen des Herrn Scheuer, dann die Berateraffäre der Frau von der Leyen, jetzt das Schmierentheater in Thüringen. Warum bleibt all dies ungestraft, endet sogar im Falle von der Leyens und Kemmerichs mit einer Beförderung. Die Demokratie wird vorgeführt und zum Possenspiel der vermeintlich „Unantastbaren“. Ich habe die Befürchtung, dass die Wähler Alternativen suchen werden. Das macht mir Angst. Nico Kazorke, Duisburg

CDU und FDP wurden von der AfD mächtig, aber erfolgreich düpiert und instrumentalisiert. Glückwunsch an die AfD, die sich mit diesem genialen Schachzug mitten im politischen Geschäft etabliert und einen famosen politischen Erfolg errungen hat. Ein Ausgrenzen der AfD behindert nur den politischen Betrieb und stärkt diese Partei. Michael Storek, per Mail

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Der Verfall von politischer Kultur und demokratischem Zusammenhalt schreitet unaufhörlich voran. Vermeintlich demokratische Parteien paktieren mit Nazis und geben den demokratischen Konsens auf, um einen im Volk beliebten und erfolgreichen Ministerpräsidenten abzulösen. Der Neid und die daraus entwickelte Missgunst müssen wohl unermesslich sein. Ich habe diesen marktradikalen Kapitalisten und den Pfaffen nie getraut und fühlte mich jetzt umso mehr bestätigt. Nur Neuwahlen sorgen für klare Verhältnisse und jeder Demokrat weiß, wie er sich jetzt zu entscheiden hat. Eckhard Binder, per Mail

Wenn zwei angebliche Volksparteien mit Hilfe von Nazis die Regierung stellen, ist es Zeit, bei der nächsten Wahl sich derer zu erinnern, die diesen angeblichen Demokraten aufs Pferd geholfen haben, damit sie niemals wieder eine Wählerstimme bekommen. Politik ist schmutzig und in diesem Fall einfach nur entwürdigend. Ich werde niemals wieder wählen gehen. Christoph Tenk, per Mail

Die Nazikeule reicht nicht. Der ausgrenzende Nationalismus ist als für alle schädigend ausführlich zu analysieren im Vergleich zur internationalen Zusammenarbeit. Ohne Ausländer ist Deutschland nicht lebensfähig. Eine Zukunftsplanung für mehr Zuversicht, Wohnen, Klima, Pflege, Rente, Gesundheit, Arbeit mit auskömmlichen Löhnen, Regulieren der Finanzwirtschaft. Gemeinsames Bündeln der Interessen statt Kämpfe gegeneinander. Das macht den angeblich erlösenden Nationalismus machtlos. Dietrich Horstmann, Duisburg

Da haben wir es mal wieder. Eine demokratische Wahl endet nicht so wie von unseren Volksvertretern gewünscht und schon ist das Jammern groß. Armes Deutschland. Volker Neuenhoff, Hamminkeln

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Ob bei einer Neuwahl die Thüringer auch alle brav CDU oder Linke wählen werden? Und was wäre passiert, wenn Herr Ramelow mit Stimmen von der AfD ins Amt gekommen wäre? Und was wird passieren, wenn auch der nächste MP mit Stimmen der AfD ins Amt kommt? Wird dann immer weiter gewählt? Und brauchen wir dann überhaupt noch Wahlen? Fragen über Fragen… Manuela Schramm, Alpen

Wir Wähler wissen nun: Wer CDU oder FDP die Stimme gibt, muss damit rechnen, dass deren Kandidaten sich mit Unterstützung der AFD zur Macht verhelfen lassen. Der an sich sympathische CDU-Chef Mohring, der am Wahlabend noch ein Tolerieren der Regierung Ramelow in Betracht gezogen hat, macht nun gemeinsame Sache mit Herrn Höcke, der mit einem rassistischen und ausländerfeindlichen Weltbild seinen „Flügel“ anführt. Genauso unglaubwürdig präsentiert sich die FDP-. Die anderen drei Parteien dürfen sich jetzt nicht auf dieses verkommene Machtspiel einlassen. Auch an uns Bürgerinnen und Bürgern liegt es, mit dafür zu sorgen, dass die Demokratie in unseren Land nicht von Rechtsradikalen und deren Steigbügelhaltern im sogenannten bürgerlichen Lager zugrunde gerichtet wird. Friedrich Brand, Duisburg