Mönchengladbach. Eine weggeschnippte Kippe oder ein gekautes Kaugummi. Verschmutzungen, die verärgern. Wer erwischt wird, muss richtig tief in die Tasche greifen

Es ist wahrscheinlich die teuerste Zigarette ihres Lebens. 128,50 Euro wird die junge Frau berappen müssen, weil sie ihren Kippenstummel achtlos in einen Gully geschnipst hat. Und das ausgerechnet vor den Augen von Sandro Blank und Dieter Hellermann. Als Mülldetektive sind sie für die Mönchengladbacher Abfallbetriebe „mags“ auf der Jagd nach Müllsündern – mit erstaunlich kriminologischem Eifer.

Denn nicht immer ist die Lage so klar wie in diesem Kippen-Fall. Bei wilden Müllkippen im Stadtgebiet werde teilweise ein halbes Jahr oder länger ermittelt, um den oder die Verursacher zu finden, erklärt Jörg Wilms. Der 47-Jährige hat die Abteilung 2016 mitaufgebaut und ist heute Leiter der neunköpfigen Einheit. „Die Mülldetektive dienen vor allem der Abschreckung. Die Botschaft soll sein: man kann immer erwischt werden.“

Ermittlungsmethoden wie im „Tatort“

Rote Karte für Müllsünder.
Rote Karte für Müllsünder. © FUNKE Foto Services | MATTHIAS GRABEN

Und dafür legen sich Blank und Hellermann und ihre Kollegen mächtig ins Zeug. Bei wilden Müllkippen reißen sie Säcke auf, um vielleicht einen Brief mit einer Adresse zu finden oder klingeln an Türen und befragen Anwohner. Gelegentlich legen sie sich auch schon mal für ein gesamtes Wochenende an einem Containerstandort auf die Lauer und filmen Müllsünder mit einer dafür angeschafften 360-Grad-Kamera. „Jedes kleine Indiz zählt, um Verursacher zu ermitteln“, sagt Wilms, „eine echte Puzzle-Arbeit.“ Fast wie im „Tatort“ – nur eben mit Müll.

Es sind vor allem die kuriosen und spektakulären Fälle, die Jörg Wilms und seinem Team in Erinnerung bleiben. Etwa die 21 Müllsäcke am Straßenrand, die komplett mit Wasserzählern gefüllt waren. Oder die 280 illegal entsorgten Altreifen auf einem Feldweg.

Mülldetektive finden Überreste eines Schafs

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So mancher Fall kann durch die Ermittlungsarbeit der Detektive aufgeklärt werden. Doch auch die modernste Überwachungstechnik und voller Einsatz bei den Ermittlungen reicht manchmal nicht aus, erinnert sich Dieter Hellermann an einen besonders kuriosen Fall. Bei der Observation eines Containerstandortes beobachten die Detektive mehrere Personen, die große blaue Säcke zu den Containern hieven. Als die Detektive später einen Blick in die Säcke werfen, finden sie eine große Menge Überreste eines geschächteten Schafs. „Eine komische Situation“, sagt Hellermann, „sowas hatten wir noch nie.“

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    Mit Hilfe der Feuerwehr werden die Säcke abtransportiert und die blutverschmierte Straße schließlich gereinigt. Und obwohl die Detektive den Vorfall beobachtet haben, ist der Verursacher nicht zu finden. Denn dem Halter des Autos ist nichts nachzuweisen und auch sonst führen alle Ermittlungen, die immerhin ein halbes Jahr in Anspruch nehmen, ins Leere. „Das war für uns schon enttäuschend“, sagt Hellermann. Rund 500 Euro Strafe hätten den Verursacher erwartet.

    Hundehalter wirft Kotbeutel in Gully

    Sandro Blank erklärt einer Passantin die Bußgelder.
    Sandro Blank erklärt einer Passantin die Bußgelder. © FUNKE Foto Services | MATTHIAS GRABEN

    Deutlich erfolgreicher für die Mülldetektive ging da ein Fall im vergangenen Mai aus. Einem Zeugen zufolge soll ein Hundehalter regelmäßig gefüllte Hundekotbeutel in einen Gully geworfen haben. Insgesamt zehn dieser Beutel stellten die Detektive beim Öffnen des Gullys sicher – und froren sie ein. Für einen möglichen DNA-Test, wie Leiter Jörg Wilms erzählt. Nötig wurden sie schließlich nicht, der Hundehalter konnte auch ohne einen DNA-Test gefunden werden. Hundert Euro kostete den Mann seine eigenwillige und illegale Entsorgung.

    Es sind nur zwei von mehr als 3000 Fällen, die die Mülldetektive im vergangenen Jahr bearbeitet haben. Etwa 750 Bußgeldverfahren wurden eingeleitet. Und in den kommenden Jahren könnten es noch deutlich mehr werden. Denn seit September kontrollieren die Bediensteten nicht nur wilde Müllkippen und Containerstandorte, sondern sind auf der Straße auch gegen „Littering“ im Einsatz – das achtlose Wegwerfen von Abfällen in der Öffentlichkeit, wie eben den Kippenstummel oder das Kaugummi. In zwei Monaten wurden so 45 Müllsünder erwischt. Auf den ersten Blick eine hohe Zahl. Doch Sandro Blank und Dieter Hellermann sind sich sicher, dass ihre Arbeit Früchte trägt. „Die Sauberkeit an manchen Orten fällt auf“, sagen sie. Und werden morgen wieder losziehen – auf der Jagd nach Müllsündern.

    >>>Wilder Müll ist nicht nur Problem der Großstädte

    • Wilder Müll ist laut Jörg Wilms ein allgemeines Phänomen, das nicht nur Großstädte betrifft. „Ein bestimmter Teil der Bevölkerung ist leider nicht bereit, Regeln zu befolgen.“
    • Nicht nur Städte haben Probleme mit illegal weggeworfenem Müll, auch etwa der Landesbetrieb Straßen NRW. So sind in den vergangenen zehn Jahren durchschnittlich rund 16.000 Tonnen Müll jährlich auf Parkplätzen und entlang der Autobahnen angefallen, 2018 aber bereits 28.000 Tonnen. Pro Jahr kostet die Reinigung rund acht Millionen Euro.