Kreis Soest. Einer mit Wühlgarten und aufklappbarem Dach: Landwirtschaftskammer NRW stellt erste Planungen für die „Schweineställe der Zukunft“ vor.

Mehr Platz für die Tiere, Außenklimareize, reduzierte Emissionen: Bei der Landwirtschaftskammer im westfälischen Bad Sassendorf sollen die „Schweineställe der Zukunft“ entstehen. Die beiden unterschiedlich konzeptionierten Ställe sollen Platz für insgesamt 600 bis 700 Tiere bieten. Kammer und nordrhein-westfälisches Landwirtschaftsministerium versprechen sich Impulse für die Schweinehaltung insgesamt.

Das gut zwei Millionen Euro teure Vorhaben ist Teil eines Maßnahmenpaketes von Ministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) zur Nutztierhaltung, das Land soll den Bau der Ställe maßgeblich finanzieren. In dieser Woche wurde ein Modell von ihnen am Rande der Fachmesse „Grüne Woche“ in Berlin vorgestellt (23. Januar 2020). Die Fertigstellung ist fürs Jahr 2022 am landwirtschaftlichen Versuchs- und Bildungszentrum „Haus Düsse“ avisiert. „Wir wollen zeigen, wie ein Neubau der Zukunft aussehen kann, oder wie bestehende Ställe umgebaut werden können“, sagt Kammerdirektor Martin Berges.

NRW-Bauern halten mehr als ein Viertel der deutschen Schweinebestände

Aktuell gibt es nach Wahrnehmung der Kammer kaum Bauanträge für neue Ställe (und nach Wahrnehmung der Bauern noch weniger Genehmigungen und tatsächliche Neubauten). Viele Landwirte sind verunsichert. NRW ist zwar ein ganz wichtiges Bundesland für die Schweinehaltung – etwas mehr als jedes vierte Schwein bundesweit steht zwischen Rhein und Weser in einem Stall. Gerade im Münsterland und in Ostwestfalen werden viele Tiere gehalten. Allerdings nehmen Bestände ab, Halter geben auf.

Mit aufklappbarem Dach: Dieses Stall-Modell wurde in Berlin vorgestellt.
Mit aufklappbarem Dach: Dieses Stall-Modell wurde in Berlin vorgestellt. © Handout | Landwirtschaftskammer

Die jüngste Viehzählung mit Stichtag 3. November 2019 hatte für NRW insgesamt hatte 395.800 Sauen rund 6,8 Millionen Schweine ergeben. Binnen vier Jahren sank die Zahl der Schweine in NRW um mehr als 468.000 Tiere. Die Zahl der Schweinehalter ging in diesem Zeitraum um 1089 auf 6710 zurück. Die Zahl der Zuchtsauen-Halter sank noch deutlicher – um 546 auf jetzt 1710. Jeder Zuchtsauenhalter hielt damit im landesweiten Durchschnitt zuletzt 231 Tiere, jeder Schweinehalter 1019.

Frischluft und gegebenenfalls ein Regenschauer

Die beiden zukunftsweisenden Ställe sollen nun - so sind die Überlegungen - das Tierwohl steigern, negative Umwelteinflüsse reduzieren und die Verbraucherakzeptanz stärken. Aus Sicht von Kammersprecher Bernhard Rüb ist der Praxistest wesentlich: „Wir müssen sehen, wie die Innovationen bei den Tieren ankommen“, sagte Rüb an diesem Freitag (24. Januar 2020) auf Nachfrage der Redaktion.

Stall 1 baut auf der konventionellen Haltung auf. Die Haltung soll der Stufe II des staatlichen Tierwohllabels entsprechen. Mastschweine sollen im Schnitt 1,47 qm Platz pro Tier haben. Der Boden im Liegebereich soll nicht perforiert sein, es soll organische Einstreu und Beschäftigungsmaterial geben, Lichtverhältnisse und Temperaturen sind veränderbar. Im Fressbereich sind offene Tränken sowie Trocken- oder Breifütterung vorgesehen.

Stall 2 verfügt über alles das auch und geht noch weiter (Stufe III des Tierwohllabels): Hier wird im Schnitt von zwei qm Platz pro Tier ausgegangen. Bodenfütterung soll möglich sein. Vorgesehen ist ein Wühlgarten mit Hackschnitzelbett. Das Dach kann geöffnet werden, um nicht nur Frischluft reinzulassen, sondern gegebenenfalls auch mal einen Regenschauer. Auf dem Schweineklo werden Kot und Harn technisch getrennt, um Emissionen zu mindern.