Duisburg/Mülheim. Im Berufsverkehr sorgt der Fahrplanwechsel beim VRR am ersten Tag für Verwirrung und Probleme. Bahnfahrer kritisieren die mangelhafte Anzeigen.
Die Woche ist noch jung, doch die Nerven liegen an diesem Montag um sieben Uhr schon fast blank. Vor den digitalen Anzeigetafeln am Duisburger Hauptbahnhof ist im Minutentakt ein inbrünstiges Stöhnen zu hören. ICE nach Amsterdam - fällt aus. ICE nach Frankfurt - fällt aus. Eine Dame mit Mantel blickt verwirrt auf den neuen gelben Aushang-Fahrplan, der erst seit dem 15. Dezember gilt: Die S1 Richtung Solingen sollte eigentlich gleich fahren, doch auf den Anzeigetafeln ist sie nicht zu finden, auf der Handy-App aber schon. Was stimmt denn nun? Die Frau grummelt genervt vor sich her und läuft zum Gleis. Alles gut nach dem Fahrplanwechsel an Rhein und Ruhr?
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Annika Marcinkowski ist „sauer“. Die Lehrerin am Heinrich-Heine-Gymnasium in Oberhausen wollte heute früher anfangen, weil sie viel Arbeit habe und einige Kollegen krankheitsbedingt ausfallen. Nach dem alten Fahrplan wäre sie von Essen-West bis Oberhausen Hauptbahnhof gut 13, 14 Minuten mit der Bahn unterwegs. Inzwischen sind es fast zwei Stunden. Und noch ist sie nicht am Ziel, sondern steht am Mülheimer Hauptbahnhof.
Fahrplanwechsel: Die Bahn in Essen-West fährt nun später los
Um 7.20 Uhr ist sie aus dem Haus gegangen, zu Fuß zum Bahnhof Essen-West. Ihre Bahn fahrt nun rund zehn Minuten später los, sagt sie. So weit, so gut. Dann die Ansage: Die Bahn habe fünf Minuten Verspätung, dann zehn Minuten, dann ist sie ganz gestrichen. Dafür, dass die S-Bahnen zwischen Essen und Oberhausen nun seltener, nämlich im 30-Minuten- statt im 20-Minuten-Takt fahren, soll es einen Ausgleich geben. Zum Beispiel den neuen RE49, der jetzt eine Direktverbindung zwischen Essen und Wesel bietet. Wenn er denn fahren würde. Doch in Oberhausen-Sterkrade gab es einen Anschlag auf die Oberleitung - der Zugverkehr dort stand für mehrere Stunden still.
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Annika Marcinkowski zumindest kommt an diesem Vormittag nicht zum Zug, der RE49, so glaubt sie, sei einfach durch Essen-West durchgerauscht. Am Mülheimer Hauptbahnhof sollte er eigentlich auch stoppen, ein Blick auf die Anzeigentafel aber sagt den Pendlern: RE49 kommt 30 Minuten später - und hält nicht in Oberhausen-Sterkrade, Oberhausen-Holten, Dinslaken, Voerde, Friedsrichsfeld, Wesel.
VRR: Die Bahn fährt nicht weiter nach Oberhausen
Annika Marcinkowski nahm in Essen-West also die nächste S-Bahn. Doch auch die Sache hat einen Haken: Die Bahn fährt nicht weiter bis Oberhausen, also steigt sie in Mülheim aus. Um 9.17 Uhr dann kommt endlich die S3 und bringt sie - hoffentlich - nach Oberhausen. Nikolaou Eleni hat dieselbe Odyssee durchgemacht. Die beiden Frauen sind an diesem Morgen Leidensgenossinnen. Von Essen nach Oberhausen in zwei Stunden…
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In Duisburg hat sich bereits angekündigt, dass der RE49 Richtung Dinslaken und Wesel mit Verspätung unterwegs sei. Der Grund, so sagt die männliche Stimme über die Lautsprecher, sei ein Oberleitungsschaden in Oberhausen. Später stellt sich heraus: Unbekannte hatten Haken an die Oberleitung in beide Fahrtrichtungen gehängt, ein Zug war mit diesen Haken kollidiert. Ein Ausnahmefall also - und keine Folge des Fahrplanwechsels.
Die Pendler am Weseler Bahnhof, die hier vergeblich auf ihre Anbindung ins Ruhrgebiet warteten, ärgert das aber trotzdem. Ein vermeintlich abfahrtbereiter Zug steht still. „Der steht da schon seit kurz nach sechs“, gibt eine wartende Frau Auskunft – und das um 7.45 Uhr. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich bereits eine große Menschentraube am Weseler Busbahnhof gebildet, von dem aus Busse die Passagiere weiterbefördern sollten. Doch der versprochene Schienenersatzverkehr blieb aus. Gegen acht Uhr dann endlich Klarheit: Über die Schiene ging es dann doch noch bis nach Dinslaken und von hier aus dann mit dem Bus weiter – wahlweise nach Sterkrade oder Oberhausen Hauptbahnhof.
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Der Mann, der in Duisburg die Durchsagen macht, hat an diesem Morgen jedenfalls so einiges zu tun. Denn die Anzeigen treiben so manchem Pendler Sorgenfalten auf die Stirn. Die S1 nach Mülheim taucht erst gar nicht auf, weder am Display am Fahrstuhl noch an Gleis neun selbst. Ein Student steht hier und wartet auf genau diesen Zug. Prinzipiell, so sagt er, ergeben sich für ihn persönlich durch den neuen Fahrplan keine großartigen Veränderungen. „Die Bahn steht nicht angeschlagen. Ich hoffe, dass sie kommt“, sagt er. Sie kommt. Mit ein paar Minuten Verspätung.
Fahrplanwechsel: „Die Anzeigen stimmen nicht“
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In Mülheim dasselbe Bild: Zwei Frauen unterhalten sich über die morgendlichen Verspätungen. „Die Anzeigen sind ein großes Problem“, sagt eine Frau und bekommt in diesem Moment einen kleinen Schrecken. „Jetzt ist unser Zug von der Anzeige verschwunden“, sagt sie zu einer anderen am Gleis wartenden Frau. „Die Anzeigen stimmen einfach nicht“, sagt sie und atmet auf, als ihre Bahn nach Krefeld endlich einfährt.
In Duisburg kämpft ein Mann mit dem Fahrkartenautomaten. Die grünfarbenen VRR-Automaten sind seit Sonntag in Betrieb, doch viele Pendler steuern die gewohnten roten Ticketautomaten der Deutschen Bahn an. „Übersichtlich“ seien die, meint ein Mann, der sich gerade ein Ticket bis Mannheim Hauptbahnhof zieht. Mit seinem Kopf weist er Richtung VRR-Automaten: „Das ist doch Mist...“
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An dem roten Automaten finde er direkt sein Ziel, an dem grünen müsse er erst einmal nach dem Hauptbahnhof suchen, meint er. Und dann sehe er nicht einmal, welche Verbindung er nehmen müsse, das komme erst viel später. Das Ticket an dem grünen Automaten soll 44 Euro kosten, an dem roten Automaten 74. Er nimmt das teurere, weil er Angst hat, dass das 44-Euro-Ticket das falsche ist und er dann im schlimmsten Fall als Schwarzfahrer abgestempelt werde.