An Rhein und Ruhr. Kinder aus benachteiligten Vierteln nehmen das Bewegungsangebot in Essen, Duisburg, Oberhausen an. Doch die Uni Duisburg-Essen braucht Geld dafür.

Die Manchmal kann das Leben so einfach sein: Die Sportfakultät der Uni Duisburg-Essen hat vor rund vier Jahren damit begonnen, bislang ungenutzte Sporthallen zu öffnen, um Kindern im Grundschulalter ein niedrigschwelliges Angebot zu machen. Die wichtigste Erkenntnis nach der Anfangsphase: „Es funktioniert!“, freut sich der für den „Open Sunday“ zuständige Professor Dr. Ulf Gebken von der Uni. Jetzt soll das Projekt auf weitere Städte ausgedehnt werden.

Die Idee ist, Kindern vor allem aus sozial benachteiligten Quartieren ein kostenloses Bewegungsangebot zu machen. Drei Stunden lang können sie sich austoben, in der Pause gibt es Wasser und Obst, meist können die Kinder zu den Sporthallen laufen.

Anne Klingwort beaufsichtigt und beschäftigt die Kinder beim Open Sunday in der Gemeinschaftsgrundschule Breite Straße in Duisburg.
Anne Klingwort beaufsichtigt und beschäftigt die Kinder beim Open Sunday in der Gemeinschaftsgrundschule Breite Straße in Duisburg. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Zwischen 50 und 90 Kinder nutzen das Angebot, das seit diesem November durchgängig Sonntag für Sonntag statt an einzelnen Terminen angeboten wird. Erfreulich, so sagt Projektleiterin Sophie van de Sand, sei, dass vor allem viele Mädchen, zum Teil mehr als Jungs, teilnehmen. „Wir holen wirklich den Sozialraum in die Halle“, sagt der Professor.

In Hochfeld und Marxloh würden beispielsweise viele Kinder mit osteuropäischen Migrationshintergrund, in Altenessen Kinder aus arabischstämmigen Familien und überall Kinder mit deutschen Wurzeln teilnehmen.

Kinder gehen selten in die Sportvereine

Das Angebot sei wichtig, denn den Weg zu Sportvereinen finden diese Klientel häufig nicht, meinen van de Sand und Gebken. Die deutschen Vereinsstrukturen seien ihnen nicht bekannt. Zudem schreckten Familien zunächst davor zurück, weil die Mitgliedschaft Mitgliedsbeiträge oder Ausstattung koste. Dass aber viele dafür die Leistungen des Bildungs- und Teilhabepaketes in Anspruch nehmen können, sei ebenfalls oftmals unbekannt, glaubt Sophie van de Sand.

Deswegen spricht die Uni auch Sportvereine an, die den Open Sunday dafür nutzen können, auf sich aufmerksam zu machen. Das aber funktioniere noch nicht optimal, meinen die beiden Verantwortlichen. In sozial benachteiligten Vierteln würde es oftmals nicht mehr viele Vereine geben. In Essen habe sich mal ein Fußball-, mal ein Basketball- und mal ein Judo-Verein vorgestellt. Aber: „Den klassischen Turnverein gibt es hier gar nicht mehr“, meint Gebken. Die Basketballer von Schwarz-Weiß Essen hätten allerdings inzwischen erkannt, dass in dem Projekt Potenzial auch für den Verein stecke.

In Bielefeld betreibt ein Sportverein den „Open Sunday“

In Bielefeld hat gar ein Verein den „Open Sunday“ übernommen und führt ihn nun, nach Absprache mit der Uni Duisburg-Essen, in Eigenregie durch. Das, meint Gebken, habe dem Verein neue Mitglieder beschafft, die Kinder profitieren von dem Bewegungsangebot und die Uni hat einen Ort weniger, für den sie explizit zuständig ist.

In der Sporthalle Erlenschule an der Holzkampstraße in Witten toben die Kinder umher.
In der Sporthalle Erlenschule an der Holzkampstraße in Witten toben die Kinder umher. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Denn bislang kümmert sich das Uni-Team „nebenbei“ um den „Open Sunday“. Sie stellt die Übungsleiter und Sporthelfer. Einen Mitarbeiter-Pool von 120 Coaches und Sporthelfern gibt es inzwischen, sechs bis acht pro Sonntag werden in den Hallen eingesetzt. Städte, die sich beteiligen möchten, würden ein Starterpaket von der Uni und eine Betreuung am Anfang erhalten, müssen sich dann aber um eigene Übungsleiter bemühen. Das, meint Gebken, wäre nicht mehr das große Problem. Auch freie Sporthallen am Sonntag zu finden, wäre kein Hindernis. Die Schulen würden die Uni unterstützen und die Trainer und

Moers, Dortmund, Wuppertal oder Aachen haben Gebken zufolge bereits Interesse signalisiert, in Essen und Duisburg begann das Projekt, inzwischen sind auch Hilden, Herne, Witten, Gelsenkirchen, Oberhausen und Bielefeld dabei.

Im Düsseldorfer Landtag warb der Institutsleiter kürzlich für das Projekt um für Gelder, um eine Koordinierungsstelle zu finanzieren. „Ein Schulterklopfen gab es schon“, sagt Gebken. Geld von der Landesregierung allerdings nicht. Die Stadt Essen habe seiner Aussage zufolge nun Unterstützung für das Projekt im Haushalt eingeplant, ansonsten unterstützen die RAG- und die Anneliese-Brost-Stiftung.

Sporthelfer stärken ihr Selbstbewusstsein

Der sportliche Sonntag startet und endet in der Regel mit einem Bewegungsspiel, dazwischen können sich die Kinder an verschiedenen Stationen wie beim Rollbrettparcours oder einem Kleinfeldhockey austoben. In der Pause gibt es Obst und Wasser zur Stärkung.

Das Schöne dabei sei, dass die Kinder montags in der Schule etwas vom Wochenende erzählen können, meint Sophie van de Sand. Aber nicht nur die Kinder profitieren, auch die Übungsleiter und die meist jungen Sporthelfer ziehen Nutzen aus diesen Stunden. Die Sporthelfer bekommen eine große Aufgabe übertragen, stärken ihr Selbstbewusstsein und formen ihre Persönlichkeit. Zudem ist es ein kleiner Nebenverdienst für sie. Studierende nutzen das Projekt zudem als Forschungsgegenstand für Bachelor- oder Masterarbeiten und gehen so in die Milieus, die sie meist in ihren persönlichen Biografien nie erfahren haben. Auch im Essener Franz-Sales-Haus gibt es den Open Sunday, allerdings in etwas unregelmäßigeren Abständen. Kinder ohne und mit geistiger Beeinträchtigung spielen und bewegen sich hier zusammen.

Der Open Sunday hat übrigens Geschwister bekommen: Der „Mini Sunday“ ist ein Bewegungsangebot für Eltern mit Kindern von zwei bis sechs Jahren. Und samstags öffnet die Sporthalle der Uni von 17 bis 21 Uhr für 12- bis 18-Jährige, die Tischtennis spielen, Einrad fahren oder anderen Sportarten nachgehen können. Rund 30 Jugendliche nutzen laut van de Sand dieses Angebot.

Infobox:
Städte oder Schulen, die selbst gern den Open Sunday anbieten möchten, können sich bei Sophie van de Sand von der Uni Duisburg-Essen (sophie.van-de-sand@uni-due.de oder unter 0201 - 183 2645) melden. Im Dezember finden die Angebote an jedem Sonntag zwischen 13.30 und 16.30 Uhr in Essen (Grundschule Nordviertel, Hüttmannschule, Grundschule an der Rahmstraße, Hövelschule) und in Duisburg (Grundschule Breite Straße und Grundschule Krefelder Straße) statt. In Oberhausen unterstützen DJK Arminia Klosterhardt und TTC Osterfeld das Angebot. Hier findet der Open Sunday sonntags noch bis zum 15. Dezember von 13.30 und 16:30 Uhr in der Turnhalle der Osterfelder-Heide-Schule statt.