An Rhein und Ruhr. Der Bund will die Verkehrswende voranbringen. Die Kommunen fordern dafür beschleunigte Verfahren und mehr Personal in den Verwaltungen.

Verstopft und schadstoffbelastet: Die Fixierung auf das Auto als wichtigstes Verkehrsmittel hat die Städte an ihre Grenzen gebracht. Jetzt soll eine Verkehrswende kommen, die den öffentlichen Nahverkehr, Radfahrer und Fußgänger in den Blick nimmt. Dazu hat Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) nun das „Bündnis für moderne Mobilität“ ins Leben gerufen, mit dem der knappe Verkehrsraum in den Städten besser aufgeteilt werden soll.

Der nordrhein-westfälische Landkreistag und der NRW-Städte- und Gemeindebund begrüßen die Initiative prinzipiell. Es gibt aber aus ihrer Sicht vorgelagerte Probleme, die gelöst werden müssen, um die Initiative zum Erfolg zu führen.

Zähe und langwierige Umsetzung von Bauvorhaben

Der Bund will zusätzliche Mittel aus dem milliardenschweren Klimapaket zur Verfügung stellen, um beispielsweise den öffentlichen Nahverkehr oder das Radverkehrsnetz zu verbessern. „Greift ab, lasst euch was einfallen“, warb Scheuer am Donnerstag in Berlin. Einfallen müsste den Beteiligten zunächst, wie die oft zähen und langwierigen Umsetzungen von Bauvorhaben beschleunigt werden können, fordert Bernd Jürgen Schneider, der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes in NRW.

„Wir sind derzeit übermöbliert und blockiert. Die Planungsverfahren müssen entfesselt werden“, betont Schneider im Gespräch mit unserer Redaktion. Konkret: Die Bürgerbeteiligung müsse reduziert, der Weg durch die gerichtlichen Instanzen verkürzt und die Planfeststellungsverfahren entschlackt werden. Am liebsten wäre Schneider, wenn die Entscheidung über große Infrastrukturvorhaben dem Parlament vorbehalten und nicht den Verwaltungen überlassen würden. Vorbild könnte dabei Dänemark sein, wo es genauso gehandhabt wird.

Negativbeispiel: Der Bau des Radschnellwegs RS1

Beim Landkreistag gibt es dafür Sympathie. „Die Verfahren dauern zu lange“, sagt der Beigeordnete Marco Kuhn. Er führt den schleppenden Ausbau des Radschnellwegs RS1 durch das Ruhrgebiet an, von dem gerade einmal rund zehn Prozent fertiggestellt sind. Auch beim Landesverkehrsministerium rennt Schneider mit seiner Forderung „offene Türen“ ein, wie ein Sprecher auf Anfrage unserer Redaktion mitteilte.

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Der Verkehrsausschuss des Bundesrats werde am 4. Dezember erstmals über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Planungsbeschleunigung beraten, so der Sprecher. NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) setze sich dafür ein, die Regelungen zur Planungsbeschleunigung im Eisenbahnbereich auch auf die Straßen- und Stadtbahnen zu übertragen.

Fehlendes technisches Personal in den Rathäusern

Marco Kuhn verweist aber auf ein weiteres Problem: Die fehlenden personellen Kapazitäten. „Den Kommunen wurde bis vor kurzem anempfohlen zu sparen, weswegen sie eigene Planungskapazitäten abgebaut haben.“ Wer kein Personal hat, kann auch keine Bauvorhaben umsetzen, egal, wie viel Geld da ist. Immerhin würden jetzt auf Landesebene Planungskapazitäten aufgebaut, so Kuhn. Der Sprecher des Verkehrsministerium weist darauf hin, dass beim Landesbetrieb Straßen NRW 100 neue Stellen geschaffen und besetzt worden seien.

Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes schlägt vor, den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst befristet auszusetzen, um notwendiges Personal mit „speziellen finanziellen Zuwendungen“ anzuwerben. Auf Dauer müsse das technische Personal mehr Geld bekommen, so Schneider. „Wir müssen etwas tun. Sonst ersticken wir im Verkehr.“