An Rhein und Ruhr. Tonnenweise Uran soll am Montag von Gronau nach Russland transportiert werden. Urenco spricht von Wertstofftransport - Gegner von einem Skandal.

Nordrhein-Westfälische Atomkraftgegner wollen am Montag (17. November) unter anderem in Münster gegen einen Transport Hunderter Tonnen abgereicherten Urans von der Urananreicherungsanlage (UAA) Gronau ins russische Nowouralsk protestieren. Sie werfen der UAA-Betreiberfirma Urenco vor, in Russland illegal Atommüll zu entsorgen, der bei der Anreicherung von Uran entsteht.

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Trotz des beschlossenen deutschen Atomausstiegs wird in der Anlage in Gronau Brennstoff für Atomkraftwerke auf der ganzen Welt produziert. Dazu wird in speziellen Zentrifugen in der Natur vorhandenes, aber für Atomkraftwerke nicht nutzbares Uranerz angereichert, der Anteil des gut spaltbaren Isotops 235 wird dabei deutlich erhöht. Bei dem Prozess entsteht auch abgereichertes Uran, etwa 5,5 Tonnen je Tonne angereicherten Brennstoffs.

Dieses abgereicherte Uran wird von Urenco in Form von Uranhexafluorid nach Russland transportiert, einem Stoff, der nicht nur radioaktiv strahlend, sondern auch toxisch ist, und sich bei der Berührung mit Wasser in Flusssäure verwandeln kann. Komme es zu einer Freisetzung des Stoffes, könne er sich kilometerweit ausbreiten und bei Menschen schwere Lungenschäden verursachen, warnen Umweltschützer.

Ressourcenschonung oder Skandal?

Uranhexafluorid (UF6) gilt eigentlich als Atommüll. Die Entsorgung von in Deutschland produziertem Atommüll im Ausland ist illegal. Urenco, ein deutsch-britisch-niederländisches Gemeinschaftsunternehmen, an dem die Energiekonzerne RWE und Eon je ein Sechstel der Anteile halten, deklariert den Transport als Wertstofftransport. Denn: Laut Urenco könne das abgereicherte Uran in Russland wieder angereichert werden. Damit könne Natururan eingespart werden. „Dadurch wird aktiv eine Ressourcenschonung gefördert und der Uranverbrauch um zirka 20 Prozent gesenkt“, teilte ein Sprecher des Unternehmens auf Anfrage der NRZ mit. Es gebe keine Beschränkungen für den Export von Kernmaterial zwischen den europäischen Anreicherungsanlagen von Urenco und Russland für zivile Nuklearzwecke.

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Nordrhein-Westfälische Atomkraftgegner wie Peter Bastian von der Münsteraner Initiative „Sofortiger Atomausstieg (SofA)“ halten das für vorgeschobene Argumente. Tatsächlich gehe es Urenco um die kostengünstige Entsorgung des Atommülls. „Man kann das zwar wieder anreichern. Aber der Uranpreis ist derzeit im Keller.“ Derzeit finde nirgendwo auf der Welt eine Wiederanreicherung abgereicherten Urans in industriellem Maßstab statt – es lohne sich schlicht nicht, so Bastian. Zudem bleibe am Ende eines solchen Prozesses 98 Prozent Uranhexafluorid übrig, warnt die Umweltschutzorganisation Greenpeace.

Vertrag zur Abnahme von 6000 Tonnen Uran

„Was der Urankonzern Urenco als Wiederanreicherung und Wirtschaftsgut bezeichnet, ist Billig-Entsorgung von Atommüll nach Russland“, kritisiert der Münsteraner Linken-Bundestagsabgeordnete Hubertus Zdebel.

Urenco hat nach eigenen Angaben mit Tenex, einer Tochter des russischen Atomkonzerns Rosatom, einen Vertrag zur Abnahme von 6000 Tonnen abgereicherten Urans abgeschlossen. Über die Vertragsinhalte schweigt sich das Unternehmen auf Anfrage der NRZ aus.

Der Weg des Transports bleibt geheim

Zwischen 1995 und 2009 wurden bereits 27.300 Tonnen des Stoffes nach Russland gebracht, die Transporte wurden nach Protesten vorübergehend eingestellt. Ab 2016 wurden sie aber wieder aufgenommen, seitdem sollen schon 5100 Tonnen UF6 nach Russland transportiert worden sein.

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Auch über den Weg des für den heutigen Montag geplanten Transportes über die Schiene schweigt sich das Unternehmen aus. Atomgegner haben zwei mögliche Routen identifiziert: Entweder von Gronau über Oberhausen-Sterkrade, Wesel und Emmerich nach Amsterdam oder über Wuppertal, Düsseldorf, Neuss, Mönchengladbach und Viersen Richtung Rotterdam.

Linken-Abgeordnete spricht von Skandal

Der Linken-Abgeordnete Hubertus Zdebel bezeichnet die Transporte als „skandalös“. Es sei „höchste Eisenbahn, dass die Bundesumweltministerin eingreift, diese Exporte umgehend stoppt und mit der Stilllegung der Uranfabriken endlich der Atomausstieg in Deutschland komplett gemacht wird“. Auch die regionalen Anti-Atomkraft-Bewegungen fordern sowohl einen sofortigen Stopp der Transporte als auch eine Stilllegung der UAA in Gronau.

Auf Seiten der deutschen Atomkraftgegner engagieren sich auch russische Aktivisten der Organisation „Ecodefense“, die die Vereinbarung zwischen Urenco und Tenex als „zynisch und unmoralisch“ bezeichnen. Greenpeace Russland hat inzwischen den russischen Generalstaatsanwalt eingeschaltet und eine Online-Petition gegen die Atom-Transporte auf den Weg gebracht.