Bochum. Seit dem Wintersemester gibt es in NRW die „Landarztquote“. Luiz Fandel bewarb sich und bekam so nach 14 Wartesemestern einen Studienplatz.
Die Freude war bei Luiz Fandel nach 14 Wartesemestern riesig: Endlich der langersehnte Studienplatz in Medizin. Seit Anfang Oktober kann der 26-Jährige im ersten Semester an der Bochumer Ruhr-Universität studieren – dank der sogenannten „Landarztquote“. Der Weg zum Studienplatz war für Fandel lang und oft nervenaufreibend.
Er wusste schon einige Monate nach dem Abitur im Jahr 2012, dass er gerne Arzt werden würde. „Eigentlich wollte ich erst Pilot werden und habe mich in Hamburg bei der Lufthansa beworben“, erzählt der gebürtige Dortmunder. „Die Bewerbungsphase dauert aber sehr lange, so dass ich in der Zwischenzeit etwas anderes machen wollte.“ Fandel absolvierte bei den Maltesern den Bundesfreiwilligendienst im Rettungsdienst und in der Erste-Hilfe-Ausbildung. „Dabei habe ich gemerkt, dass mir das total viel Spaß macht und ich Menschen gerne helfe“, erklärt er. Fandel machte dann die Ausbildungen zum Rettungshelfer und zum Rettungssanitäter.
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Er entschied sich für ein Medizinstudium – aber das Abitur war mit Notendurchschnitt 2,5 zu schlecht für einen direkten Einstieg. Ein Einser-Schnitt ist dafür nötig. „Ich habe also nach Lösungen gesucht und zeitgleich die Ausbildung zum Rettungsassistenten gemacht“, so Fandel. Er absolvierte den Test für Medizinische Studiengänge (TMS), der das Verständnis für naturwissenschaftliche und medizinische Problemstellungen prüft und Voraussetzung für das Studium ist.
Dabei schnitt der 26-Jährige gut ab, was ihm aber nicht weiterhalf. Zwölf bis 15 Wartesemester wurden dem Dortmunder in Aussicht gestellt, seine Berufserfahrung führte zwar zu einer Verbesserungs seines Notendurchschnitts, für eine Immatrikulation reichte das aber noch nicht.
Nach sieben Jahren Wartezeit: Endlich Hoffnung
„Das war zwischenzeitlich sehr frustrierend“, erzählt Fandel. Vor allem, weil die genaue Anzahl der Wartesemester zu Beginn der Wartezeit ungewiss sei. Schließlich ändert sich der Numerus Clausus ständig. „Als Außenstehender ist es schwierig überhaupt nachzuvollziehen, wie das Vergabesystem funktioniert“, sagt er. „Ins Ausland zu gehen war für mich aus Kostengründen auch keine Option.“ Er absolvierte dann 2018 noch die Ausbildung als Notfallsanitäter, arbeitete während dieser Zeit beim Kreis Soest im Rettungsdienst und blieb weiterhin in Dortmund wohnen, wo er in seiner Freizeit leidenschaftlich gern Fußball spielt und die Borussia anfeuert.
Anfang des Jahres – fast sieben Jahre nach seinem Abitur – schöpfte Fandel dann neue Hoffnung. Das Gesundheitsministerium führte aufgrund des Ärztemangels in vielen ländlichen Regionen die Landarztquote in NRW ein. „Mir war schnell klar, dass ich mich bewerben würde“, sagt der 26-Jährige. Dass er dafür dann später raus aus der Großstadt muss, beunruhigt ihn nicht. „Es ist mir ehrlich gesagt nicht so wichtig, ob ich auf dem Land oder in der Stadt praktiziere“, sagt er. In ländlichen Regionen könne der Beruf sogar noch erfüllender sein, weil man oft über Jahre hinweg die gleichen Patienten betreue. „Das bestehende Loch dort muss einfach gestopft werden“, so Fandel. Der Hausarzt sei schließlich sehr wichtig.
„Das war eine riesige Erleichterung und Freude“
Er schrieb Ende März eine Bewerbung an das zuständige Landeszentrum Gesundheit, das zu 30 Prozent das Abiturzeugnis, zu 30 Prozent den TMS und zu 40 Prozent die vorherige Berufserfahrung in die Auswahl miteinbezieht. Danach, so erklärt der Student, wurde eine Vorauswahl getroffen: 290 Bewerber für die 145 Studienplätze wurden nach Münster eingeladen, wo die Interviews stattfanden. „Ich wurde zum Beispiel gefragt, warum genau ich Hausarzt und nicht Chirurg werden möchte, ob ich mir das auch in ländlichen Regionen vorstellen kann und wie meine beruflichen Vorerfahrungen aussehen“, erklärt Fandel.
Er habe die Gespräche als sehr konstruktiv und empathisch empfunden. Ende Juli dann die erlösende Nachricht: Fandel kann endlich sein Medizinstudium beginnen. „Das war eine riesige Erleichterung und Freude“, schildert der junge Mann. Er gab die Bochumer Ruhr-Universität als erste Wahl an, auch das klappte. Fandel unterschrieb einen Vertrag mit dem Land NRW, worin festgelegt ist, was erlaubt ist und was nicht. Der 26-Jährige muss in die Fachrichtungen Innere Medizin, Kinder- und Jugendmedizin oder Innere Medizin gehen, seine Assistenzarztzeit in NRW absolvieren und sobald er fertig ist, zehn Jahre in einer unterversorgten Region des Landes arbeiten. Während des Studiums muss er regelmäßig Leistungsnachweise einreichen.
Strafe bei nicht Einhaltung des Landarzt-Vertrages: 250.000 Euro
Die Strafe, wenn er gegen den Vertrag verstößt: 250.000 Euro. „Das macht mir aber keine Sorgen“, so Fandel. „Ich habe mich bewusst dafür entschieden und kann mich später für bestimmte unterversorgte Gebiete aus einer Liste bewerben, wo ich dann meine Praxis habe. Die liegen oft gar nicht so weit entfernt von größeren Ballungsräumen.“
Bis dahin dauert es wohl auch noch über zehn Jahre. Jetzt beginnt für ihn erst einmal das anspruchsvolle Studium. „Das Tempo ist hoch und ich habe auch Respekt vor dem Pensum“, erzählt Fandel. „Aber mit Chemie und Physik komme ich besser zurecht, als ich befürchtet hatte, und ich habe hier an der Uni schon meinen Platz gefunden.“ Kurzfristig, meint der 26-Jährige, bringe die Quote zwar keine Besserung für die Versorgungslücke auf dem Land. „Aber langfristig ist es definitiv
25 Studienplätze werden im Sommersemester vergeben
Für das Sommersemester 2020 werden 25 Studienplätze über die Landarztquote vergeben. Die Bewerbungsfrist ist bereits abgelaufen. Mehr Infos zu den Antragsvoraussetzungen gibt es auf www.lzg.nrw.de. Im Rahmen der Quote werden 7,6 Prozent der in NRW verfügbaren Medizinstudienplätze an Bewerber vergeben.