An Rhein und Ruhr. 92 der 396 NRW-Kommunen erheben eine Zweitwohnungssteuer. Manchmal kommen nur 10.000 Euro raus. Zwei Städte sammeln allerdings Millionen ein.
Ein kürzlich veröffentlichtes Urteil des Bundesverfassungsgerichtes sorgt dafür, dass auch in einer ganzen Reihe von NRW-Kommunen die Bemessungsgrundlage für die Zweitwohnungssteuer wegkippt. Der Steuerzahlerbund (BdSt) fordert, die Bagatellsteuer am besten gleich ganz abzuschaffen. Neue Zahlen für 2018 zeigen: Vielerorts lohnt sich die Steuer gar nicht.
Erhoben wird die Zweitwohnungssteuer aktuell von 92 der insgesamt 396 Städte und Gemeinden in NRW. Die Steuersätze lagen vor Ort zwischen 10 und 15 Prozent. Landesweit lag das Aufkommen zuletzt bei insgesamt 11,23 Millionen Euro. Egal ob zur Miete oder selbst genutztes Eigentum: Zahlen muss in den betreffenden Kommunen, wer dort einen Zweitwohnsitz hat und diesen nicht beruflich nutzt. In der Regel betroffen sind Studenten und Leute mit einem Ferienhaus oder einer Ferienwohnung.
Nur zwei NRW-Kommunen mit siebenstelligen Summen
Laut Landesamt für Statistik erzielten in 2018 nur zwei NRW-Kommunen mit der Zweitwohnungssteuer siebenstellige Beträge – einmal die Großstadt Köln mit ihren Hochschulen (fast zwei Mio. Euro) und zum anderen Winterberg im Hochsauerland mit seinen Touristen (1,284 Mio. Euro). In den übrigen Kommunen sieht die Lage anders aus. In Kleve zum Beispiel lag das Aufkommen aus der Zweitwohnungssteuer bei 33.678 Euro, in Xanten bei 121.730 Euro, in Neukirchen-Vluyn gar nur bei knapp 10.000 Euro. U nd in Duisburg und Essen bei Beträgen um die 350.000 Euro.
„Eine Zweitwohnungssteuer passt nicht in ein modernes Steuersystem“, zeigt sich BdSt-Experte Hans-Ulrich Liebern im Gespräch mit der Redaktion überzeugt. Er fordert die Kommunen auf, dem Steueraufkommen die Kosten der Erhebung gegenüberzustellen. Liebern vermutet, dass sich die Zweitwohnungssteuer dann schon oft von selbst erledigt haben werde. Ziehe man Kosten für Personal und IT-Unterhaltung ab, bleibe nicht viel übrig, mitunter werde sie sogar zum Zuschussgeschäft, sagte der BdSt-Experte. Selbst die Millionensumme aus Köln relativiere sich: „Gemessen am Gesamthaushalt der Großstadt sind das immer noch ‘Peanuts’ - und der Aufwand bei der Erhebung der Steuer dürfte gerade in Köln beträchtlich sein.“
Ganz ähnlich wie bei der Grundsteuer
Handlungsdruck entsteht, weil das Bundesverfassungsgericht im Sommer diesen Jahres entschieden hat, dass - ganz ähnlich wie bei der Grundsteuer - ein mit dem Verbraucherpreisindex hochgerechneter fiktiver Mietaufwand nicht als Bemessungsgrundlage für die Zweitwohnungssteuer taugt. Die Entscheidung der Richter war erst vor wenigen Wochen veröffentlicht worden und bezog sich im konkreten Fall auf zwei Städte im Allgäu. BdSt-Experte Liebern ist aber überzeugt, dass auch in NRW zahlreiche, vermutlich eher kleinere Kommunen mit selbst genutzten Ferienhäusern betroffen sind.
Beim Städte- und Gemeindebund NRW (StGB), in dem 360 der 396 Kommunen in NRW organisiert sind, hieß es auf Nachfrage, die betroffenen Kommunen würden ihre Satzungen ändern – bis März 2020 geben die Richter dafür Zeit. Der Verband empfiehlt, sich künftig an der durchschnittlichen Nettokaltmiete zu orientieren.
Städte- und Gemeindebund verteidigt die Kommunen
Claus Hamacher, beim StGB Beigeordneter für Finanzen, verteidigte die Kommunen: „Es ist ja nicht so, dass Städte und Gemeinden eine Zweitwohnungssteuer erheben, weil sie abkassieren wollen.“ Es gehe um „eine faire Beteiligung“ der Menschen, die als Inhaber einer Zweitwohnung in einer attraktiven Umgebung kommunale Leistungen in Anspruch nehmen. „Deswegen hat das Bundesverfassungsgericht die Zweitwohnungssteuer auch nicht grundsätzlich gekippt, sondern nur die Berechnungsgrundlage“, meinte Hamacher.
Hans-Ulrich Liebern vom Steuerzahlerbund sieht das anders: „Über die Grundsteuer sind die Menschen mit einem Zweitwohnsitz ja schon an den Allgemeinkosten beteiligt – unabhängig davon, wie lange sie sich tatsächlich in der Kommune aufhalten.“