An Rhein und Ruhr. Klimastress und in der Folge Pilze und Parasiten setzen bisher verbreiteten Baumarten schwer zu. An Rhein und Ruhr gibt es erhebliche Schäden.
Parasiten und Pilze haben bei den vom Wetterstress geschwächten Bäumen derzeit leichtes Spiel. Nach dem zweiten trockenen Sommer in Folge registriert der Pflanzenschutzdienst der Landwirtschaftskammer NRW vermehrt Nachfragen von Kommunen. Anfragen kommen vor allem zum Rußrindenpilz, der Ahornbäume heimsucht: „Das ist in diesem Jahr explodiert“, berichtet Kammersprecher Bernhard Rüb gegenüber der Redaktion.
Kommunen meldeten sich aber auch verstärkt wegen Massaria-Pilzen, die Platanen befallen, und der Verticillium-Welke, die unter anderem den Ahorn heimsucht. Beizukommen ist diesen Pilzen in der Regel nicht, wie Rüb erklärt. Ist ein Baum stark befallen oder es drohen Äste hinabzustürzen, die Menschen verletzen könnten, hilft nur eines: Der Baum muss gefällt werden.
Motten-Larven suchen Kastanien heim
Durch die klimatischen Veränderungen sind unsere Stadtbäume aber nicht nur anfälliger, auch gebe es mittlerweile Baumkrankheiten in Deutschland, die es hier vor 20 oder 30 Jahren noch gar nicht gab, betont Dr. Joachim Bauer, Leiter des Arbeitskreises Stadtbäume in der Deutschen Gartenamtsleiterkonferenz (GALK).
Ein Beispiel: Die Kastanienminiermotte. Der ursprünglich in der Balkan-Region beheimatete Schädling legt seine Eier in den Blättern von Kastanien ab. Nach dem Schlüpfen zerstören die Larven die Blätter dann im großen Stil. „Vor 20 Jahren hat die hier kein Mensch gekannt“, sagt Bauer, mittlerweile fühle sich das Tier aber auch in Deutschland wohl.
Klimastress ist in den zugebauten Städten groß
Der Klimastress für Bäume in den Städten ist in der Regel noch größer als für Bäume in den derzeit krisengeswchüttelten Wäldern. Die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) weist darauf hin, dass es in Städten ohnehin drei bis fünf Grad wärmer ist - durch den Klimawandel heize es sich dort noch weiter auf. Hinzu kommt: Viele Bäume haben dort wenig Platz – für ihre Wurzeln, um Wasser aufzunehmen. Tatsächlich altern Straßenbäume schneller. Laut SDW werden sie oft nur 60 bis 80 Jahre alt, in Parks hingegen seien auch mal 200 Jahre für die Bäume drin.
SDW-Sprecherin Sabine Krömer-Butz sagte: „Die Kommunen müssen sich Gedanken über das Stadtgrün der Zukunft machen.“ Bei Neupflanzungen sollten Baumartenarten gewählt werden, die – nach, allem was man weiß – besser mit Wärme und Trockenheit klarkommen.
Probepflanzungen zusammen mit Baumschulen
Gedanken über die „Alleebäume der Zukunft“ macht man sich unter anderem bei der Landwirtschaftskammer. In Zusammenarbeit mit Baumschulen wurden in Köln-Auweiler 21 teils fremdländische Arten gepflanzt - darunter Exoten wie der aus Japan stammende Woll-Apfe und die eigentlich im östlichen Nordamerika beheimatete Sumpfeiche, aber eben auch heimische Arten wie der Feldahorn. Experten verfolgen die weitere Entwicklung der Bäume nun aufmerksam und achten zum Beispiel auf Blattaustrieb, Stamm- und Kronenentwicklung, Hitze-, Trockenheits- oder Frostschäden, Krankheiten und Parasiten.
Zu erfassen, welche Bäume sich als Straßenbäume eignen und welche weniger, ist auch Anliegen der GALK. Den darin organisierten Grünflächenverwaltungen der Kommunen ist klar, dass Stadtbäume, besonders Straßenbäume, schlechte Lebensbedingungen vorfinden. Neben Hitze und Trockenheit seien das auch versiegelte Böden, zudem Abgrabungen, bei denen Teile von Wurzeln zerstört werden, sowie Salz, das im Winter gestreut wird oder schlicht die Hinterlassenschaften von Hunden, die den Boden nährstoffreicher machen, zählt Dr. Joachim Bauer vom Arbeitskreis Stadtbäume auf..
Bundesweite Langzeitstudien
„Eins ist klar: Wir wollen die Bäume in der Stadt halten“, betont er. Deshalb führt die GALK bereits seit 1975 die sogenannte „Straßenbaumliste“ mit ausführlichen Baumempfehlungen. Seit den 1980er-Jahre werden bundesweit außerdem Straßenbaumtests als Langzeitstudien durchgeführt. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse fließen in die Liste ein. Sie wird jährlich aktualisiert.
Veränderungen lassen sich an ihr sehr deutlich ablesen. So hatte es etwa die Korallenrote Sommerlinde einst auf die Empfehlungsliste geschafft, mittlerweile aber gilt sie als „nicht geeignet“. Gleiches gilt für die Silberweide, den Zucker- oder Bergahorn. Selbst die Platane, während der 1970er-Jahre ein sehr beliebter Stadtbaum – weil stadtklimafest, nicht frostempfindlich und anspruchslos – gilt mittlerweile nur noch als „mit Einschränkungen“ geeignet. Grund ist der bereits erwähnte Massaria-Pilz, der dafür sorgt, dass Äste absterben, brechen und herunter fallen. Für einen Straßenbaum schlecht.
Devise: Je vielfältiger desto besser
So verwundert es nicht, dass Bäume aus Nordamerika, Asien oder dem Mittelmeerraum vermehrt den Weg in deutsche Städte finden – und auf die Empfehlungsliste. Denn dort ist es trocken und heiß, „die Bäume, die dort vorkommen, sind angepasst“, erklärt Dr. Bauer. Ein Beispiel dafür ist die – schon längst eingebürgerte – Robinie, ein anderes der Schnurbaum. „Mit den heimischen Arten allein, kommen sie nicht weit“, sagt der Fachmann, wenngleich sich auch etwa der Feldahorn als guter Stadt- und Straßenbaum erwiesen hat. Insgesamt, so Dr. Bauer, müsse der Straßenbaumbestand vielfältig sein: „je vielfältiger, desto besser“.