An Rhein und Ruhr. Die Polizei in NRW hatte es 2018 mit mehr Fällen von Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung zu tun. 24 der Opfer waren noch minderjährig.

Die Polizei in Nordrhein-Westfalen hat zunehmend mit Fällen von Menschenhandel und sexueller Ausbeutung zu tun. Laut einem aktuellen Lagebild des Landeskriminalamtes (LKA) waren es im Jahr 2018 insgesamt 114 Fälle, im Jahr zuvor waren es 89 gewesen. Erschreckend: Das jüngste Opfer im vergangenen Jahr war erst 14 Jahre alt.

Die Zahl der minderjährigen Opfer ist auch insgesamt gestiegen – von 14 im Jahr 2017 auf 24 im vergangenen Jahr. Die Minderjährigen aus fünf Nationen mussten in Wohnungen und Bordellen sowie bei Haus- und Hotelbesuchen anschaffen gehen. Den Ermittlern zufolge wurden Opfern eingesperrt und die Pässe abgenommen. Es gab Drohungen und körperliche Gewalt. Gut möglich ist, dass sich die Entwicklung im laufenden Jahr fortsetzt: Anfang August war auf dem Straßenstrich am Kaiserberg in Duisburg eine 16-Jährige aufgegriffen worden.

In zwei Fällen war das Geschlecht nicht zu bestimmen

Die minderjährigen Opfer wurden dem Lagebild zufolge zum Teil unter Beteiligung einer Zuhälterin („Madame“) angeworben, zum Teil unter Vorspiegelung einer Liebesbeziehung („Loverboy-Methode“). Letzteres ist aber nach Einschätzung der Polizei nicht so weit verbreitet, wie durch Medienberichte teilweise suggeriert wird: Im Jahr 2018 hatten es Ermittler mit drei Fällen zu tun, in denen Minderjährige Opfer von Loverboys wurden. Aktuell läuft ein großes Loverboy-Verfahren vor dem Landgericht Wuppertal.

Auch am Niederrhein gab es Fälle

Die meisten bekannt gewordenen Fälle von „Menschenhandel und Ausbeutung“ konzentrierten sich im Jahr 2018 laut Lagebild auf den Zuständigkeitsbereich der Polizei Köln (20 Fälle). es folgen die Polizeibehörden in Essen (16 Verfahren), Euskirchen (zehn), Dortmund (neun), Duisburg (acht) und Krefeld (sieben). Dass gerade die Großstädte so stark vertreten sind, ist wenig überraschend. Das Beispiel Euskirchen zeigt aber, dass Menschenhandel und Ausbeutung auch im ländlichen Raum eine Rolle spielen. Am Niederrhein wurden im vergangenen Jahr zwei Fälle im Bereich der Polizei Kleve und einer im Bereich Viersen bekannt.

Quer durch alle Altersklassen zählte die Polizei 127 weibliche sowie drei männliche Opfer und 154 Tatverdächtige. In zwei Fällen sei das Geschlecht der Opfer nicht eindeutig zu bestimmen gewesen. Ein großer Teil der Opfer war nigerianischer Nationalität (31,3%), andere stammten etwa aus Deutschland, Rumänien oder Bulgarien. Stets handelte es sich um Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung. Anders als in den Vorjahren wurde der Polizei in NRW in 2018 kein Fall von Menschenhandel zur Arbeitsausbeutung bekannt.

Polizei initiierte weniger Kontrollen

Klar ist: Das Lagebild dürfte auch dieses Mal wieder nur einen kleinen der Teil der grausamen Wirklichkeit widerspiegeln. Die Verfasser vom LKA weisen daraufhin, dass man ausschließlich die den Strafverfolgungsbehörden bekanntgewordenen Fälle darstelle. Die Dunkelziffer liegt nach Einschätzung von Beobachtern erheblich höher. Betont wird, dass Anzeigen und Hinweise wichtig seien, um Verfahren einzuleiten. 46 solcher Anzeiger gab es im vergangenen Jahr.

Ganz wichtig sind aber auch behördliche Kontrollen. Dass deren Zahl in NRW im vergangenen Jahr zurückgegangen ist, dürfte für Kritik sorgen – sie sank von 754 im Jahr 2017 auf 725. Besonders deutlich ist dabei die Zahl der von der Polizei selbst initiierten Kontrollen gesunken (von 659 auf auf 549). Gestiegen ist dafür die Zahl der Kontrollen gemeinsam mit anderen Partner wie den kommunalen Ämtern oder dem Zoll (von 95 auf 176).

Ob Kontrollen stattfinden oder nicht, hat sehr viel mit der Situation vor Ort zu tun - ob es zum Beispiel konkrete Hinweise gibt oder ob etwa auch Kräfte für Kontrollen außer der Reihe bereitstehen.